Dune 01: Der Wüstenplanet
desto energieloser werden wir.
»Die jungen Männer sagen, daß Usul Stilgar herausfordern muß, wenn er nicht als Feigling gelten will«, sagte Tharthar.
Sie ließ ihren Schleier sinken.
»Also so ist es«, murmelte Jessica und dachte: Nun, ich habe es kommen sehen. Und Stilgar auch.
Wieder räusperte Tharthar sich. »Selbst mein Bruder Shoab vertritt diese Ansicht«, fügte sie hinzu. »Sie werden Usul gar keine andere Wahl lassen.«
Dann muß es also so sein, dachte Jessica. Und Paul wird damit allein fertigwerden müssen. Die Ehrwürdige Mutter darf nicht in eine solche Angelegenheit verwickelt werden.
Alia löste ihre Hand aus der ihrer Mutter und sagte: »Ich werde mit Tharthar gehen und mir anhören, was die jungen Männer sagen. Vielleicht gibt es einen Ausweg.«
Jessicas Blick richtete sich auf Tharthar, als sie ihrer Tochter erwiderte: »Dann geh. Und berichte mir so schnell du kannst.«
»Wir wollen nicht, daß es dazu kommt, Ehrwürdige Mutter«, sagt Tharthar.
»Wir wollen es nicht«, stimmte Jessica ihr zu. »Der Stamm braucht all seine Kraft.« Sie sah Harah an. »Willst du mit ihnen gehen?«
Harah beantwortete den unhörbaren Teil ihrer Frage. »Tharthar wird dafür sorgen, daß Alia nichts zustößt. Sie weiß, daß wir bald Frauen sein werden, die zusammengehören, die sich den selben Mann teilen. Wir haben darüber gesprochen, Tharthar und ich.« Sie schaute erst Tharthar an, dann Jessica. »Wir sind uns in jeder Beziehung einig.«
Tharthar streckte eine Hand nach Alia aus und sagte: »Wir müssen uns beeilen. Die jungen Männer werden sehr bald aufbrechen.«
Sie zwängten sich durch die Vorhänge und die dort wartenden Frauen. Obwohl die erwachsene Frau das Kind an der Hand hielt, sah es so aus, als würde Alia sie führen.
»Wenn Paul Muad'dib Stilgar tötet, wird dies dem Stamm keinen Dienst erweisen«, sagte Harah. »Früher hat man auf diese Art die Nachfolge geregelt, aber die Zeiten haben sich geändert.«
»Sie haben sich genauso geändert für dich«, sagte Jessica.
»Glaube nicht, daß ich am Ausgang eines solchen Kampfes zweifle«, erwiderte Harah. »Usul würde den Kampf in jedem Falle gewinnen.«
»Das ist auch meine Meinung«, sagte Jessica.
»Und dennoch glaubst du, daß meine persönlichen Gefühle meine Urteilskraft beeinflussen«, meinte Harah. Sie schüttelte den Kopf, und die Wasserringe klingelten. »Das ist falsch. Und du bist der Meinung, ich könnte es nicht überwinden, daß Usul mich nicht vorgezogen hat, daß ich eifersüchtig auf Chani bin.«
»Du wirst deine eigene Wahl treffen, sobald du dazu reif bist«, sagte Jessica.
»Chani tut mir leid«, stellte Harah fest.
Jessica zuckte zusammen. »Wie meinst du das?«
»Ich weiß, was du von Chani hältst«, sagte Harah. »Du bist der Ansicht, sie sei nicht die richtige Frau für deinen Sohn.«
Jessica sank zurück und entspannte sich auf ihrem Sitzkissen. Achselzuckend gab sie zu: »Vielleicht.«
»Du könntest recht haben«, sagte Harah. »Und wenn du das wirklich hast, wirst du über einen ungewöhnlichen Verbündeten verfügen: Chani selbst. Sie will nur das, was für ihn gut ist.«
Jessica schluckte. Ihre Kehle schien sich auf einmal zu verengen, »Chani ist sehr lieb zu mir«, sagte sie. »Sie könnte keinen solchen ...«
»Deine Teppiche«, wechselte Harah das Gesprächsthema, »sind ziemlich schmutzig.« Sie warf einen Blick auf den Fußboden, um so Jessicas Augen zu entgehen. »Es laufen zu viele Leute hier herum, die zu viel Schmutz mit hereintragen. Du solltest sie öfter ausklopfen lassen.«
5
Selbst als Mitglied einer orthodoxen Religion kann man dem Ränkespiel der Politik nicht entgehen. Ein Machtkampf dieser Art erfordert die Ausbildung, Bildung und Diszipliniertheit der orthodoxen Gemeinschaft. Und gerade wegen dieses Drucks müssen die Führer solcher orthodoxen Gemeinschaften sich den ultimaten inneren Fragen stellen: entweder dem völligen Opportunismus als dem Preis der Selbstbehauptung zu unterliegen – oder das eigene Leben für die Sache der orthodoxen Ethik einzusetzen.
Aus ›Muad'dib: Die religiöse Konsequenz‹,
von Prinzessin Irulan
Paul stand im Sand und wartete auf den gigantischen Wurm, der sich schnell näherte. Ich darf nicht hier stehen wie ein Schmuggler, dachte er, ungeduldig und nervös. Ich muß ein Teil der Wüste werden.
Das Ding war jetzt nur noch Minuten entfernt und erfüllte den Morgen mit dem Zischen seiner Bewegung. Die großen Zähne
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