Dune 01: Der Wüstenplanet
genügend Reserven im Tunnel!« Dann fühlte er sich wie auf einer Woge hinweggetragen, war von Fedaykin umdrängt, die ihn abschirmten und beschützten. Sie zwängten sich durch die Tunnelöffnung, erreichten stillere Bezirke und kamen in eine größere Kammer, in der Leuchtgloben schienen und von der aus ein weiterer Gang abzweigte.
Hier saß auch ein weiterer Kommunikant an den Geräten.
»Nicht viel zu machen«, sagte der Mann.
Eine Sandwolke überschüttete sie.
»Versiegelt den Tunneleingang, schnell!« rief Paul. Die darauffolgende Windstille zeigte ihm, daß man seiner Anweisung augenblicklich Folge leistete. »Ist der Weg nach unten noch offen?« fragte er.
Einer der Fedaykin machte sich sofort auf den Weg, um nachzusehen. Zurückgekehrt, sagte er: »Die Explosion hat einige Stellen zum Einsturz gebracht, aber die Techniker meinen, man könne ihn durchaus noch als offen bezeichnen. Sie sind im Moment dabei, den Weg mit Laserstrahlen freizumachen.«
»Sage ihnen, sie sollen gefälligst ihre Hände dazu benutzen«, rief Paul zurück. »Es gibt hier einige aktivierte Schilde!«
»Sie passen schon auf«, sagte der Fedaykin und machte sich erneut auf den Weg.
Jetzt tauchten auch die Kommunikanten von draußen auf, die ihre Ausrüstung zwischen sich trugen.
»Ich habe diesen Männern gesagt, daß sie die Ausrüstung draußen lassen sollen!« sagte Paul aufgebracht.
»Fremen sind nicht dazu zu bewegen, Ausrüstungsgegenstände liegenzulassen, Muad'dib«, erwiderte einer der Männer.
»Menschenleben sind jetzt wichtiger als Ausrüstungsgegenstände«, sagte Paul. »Wir werden bald über mehr Ausrüstung verfügen, als wir überhaupt je einsetzen können.«
Gurney Halleck näherte sich ihm und sagte: »Ich hörte, daß der Weg nach unten offen sein soll. Wir befinden uns hier sehr nahe an der Oberfläche, Mylord, falls es den Harkonnens einfallen sollte, einen Vergeltungsschlag zu führen.«
»Sie sind nicht in der Lage, so etwas zu tun«, erwiderte Paul. »Im Moment werden sie damit beschäftigt sein, festzustellen, daß sie über keine Schilde mehr verfügen und Arrakis nicht mehr verlassen können.«
»Der neue Befehlsstand ist vorbereitet worden«, fuhr Gurney halsstarrig fort.
»Dafür haben wir im Moment noch keine Verwendung«, sagte Paul. »Auch ohne meine Mitwirkung geht jetzt alles seinen programmierten Gang. Wir werden warten, bis ...«
»Ich habe eine Nachricht aufgefangen, Muad'dib«, rief der Kommunikant von seinen Geräten herüber. Der Mann schüttelte den Kopf und drückte den Kopfhörer gegen die Ohren. »Verdammte Störungen!«
Er begann auf ein Stück Papier zu schreiben, schüttelte erneut den Kopf, schrieb, wartete, schrieb ...
Paul stellte sich neben den Mann und sah ihm über die Schulter. Der Fedaykin rückte etwas zur Seite und machte ihm Platz. Paul starrte auf den Zettel und die Worte, die der Mann geschrieben hatte.
»Überfall auf Sietch Tabr ... Gefangene ... Alia (unverständlich) Familie der (unverständlich) ... sind tot (unverständlich) Muad'dibs Sohn ...«
Erneut schüttelte der Kommunikant den Kopf.
Paul blickte auf und bemerkte, daß Gurney ihn anstarrte.
»Die Nachricht ist verstümmelt«, wandte Gurney ein. »Die Störungen. Du weißt nicht, ob ...«
»Mein Sohn ist tot«, sagte Paul und wußte, daß das, was er sagte, der Wahrheit entsprach. »Mein Kind ist tot ... und Alia ist gefangengenommen worden ... als Geisel.« Er fühlte sich leer, wie eine Muschel, ohne Emotionen. Alles, was er anfaßte, zog Tod und Trauer nach sich, wie eine Krankheit, die sich über das Universum ausbreitete.
Er war plötzlich in der Lage, die Gedanken eines Greises zu verstehen, die Ansammlung von Erfahrungen aus zahllosen verschiedenen Leben. Irgend etwas schien in ihm zu sein, das ihn mit knöcherner Hand betastete.
Und er dachte: Wie wenig weiß, das Universum doch über die wahre Natur der Grausamkeit!
10
Und als Muad'dib vor ihnen stand, sagte er: »Auch wenn wir die Gefangene für tot halten, so lebt sie doch, weil sie von meinem Fleische ist und meiner Stimme. Und sie schaut zu den fernsten Grenzen der Möglichkeiten. Ja, selbst das Unmögliche schaut sie durch mich.«
Aus ›Arrakis erwacht‹,
von Prinzessin Irulan
Baron Wladimir Harkonnen stand mit demütig gesenkten Augen im kaiserlichen Audienzzimmer, dem ovalen Selamlik, in den der Padischah-Imperator ihn hatte rufen lassen. Mit verstohlenen Blicken musterte er den von Metallwänden umgebenen
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