Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
gefallen war, hatte Stilgar sich entschieden, endlich nach Sietch Tabr aufzubrechen, um ins unverfälschte Fremen-Leben einzutauchen. Er hoffte, sich dadurch zu reinigen, so dass er sich wieder real fühlte, als Naib und nicht als Zierrat an Alias Hof. Er unternahm die Reise allein und ließ seine Frau Harah in der Zitadelle zurück, damit sie sich um die Atreides-Zwillinge kümmern konnte.
Im Sietch Tabr bemerkte er jedoch viele Veränderungen, die ihn enttäuschten. Sie waren wie Sandkörner, die langsam an einer Düne hinunterrieselten. Jedes einzelne Korn war viel zu klein, um überhaupt bemerkt zu werden, doch insgesamt bewirkten sie enorme Verschiebungen. Nach so vielen Jahren des Djihads hatten Einflüsse von Fremdwelten die Fremen buchstäblich verwässert. Sie führten ein leichteres Leben und mussten nicht mehr um die bloße Existenz in der Wüste kämpfen. Und mit dem Luxus kam die Schwäche. Stilgar erkannte die Anzeichen. Er hatte die Veränderungen beobachtet und wusste, dass der Sietch ihm nicht mehr die Reinheit bieten konnte, nach der er strebte. Schließlich blieb er nur für eine Nacht.
Am nächsten Morgen ging er in aller Frühe in die offene Wüste hinaus und ritt einen mächtigen Wurm. Als der Gigant ihn zum Schildwall und nach Arrakeen zurückbrachte, fragte er sich, ob die Mutter Muad'dibs zur Bestattungszeremonie ihres Sohnes kommen würde. Jessica war eine vollwertige Sayyadina, und Stilgar hatte das Gefühl, dass der Wüstenplanet einen Teil seiner Seele verloren hatte, als sie beschlossen hatte, zu ihrer Wasserwelt zurückzukehren. Es wäre gut, sie wiederzusehen, obwohl sie sich zweifellos verändert hatte.
Vorsichtshalber würde er seine besten Fedaykin in Arrakeen versammeln, wo sie die Mutter des Messias gemeinsam mit Alias Wachen empfangen konnten – falls sie tatsächlich nach Arrakis kam. Jessica hatte keinen Pomp und Prunk nötig, aber eine Leibwache konnte sie gut gebrauchen.
Stilgar empfand seinen einsamen Ritt durch die Wüste als belebend und reinigend. Als er hoch oben auf den graubraunen Segmenten des Sandwurms saß, lauschte er dem Zischen der Sandkörner, auf denen der riesige Körper schlängelnd dahinglitt. Der heiße Wüstenwind streichelte Stilgars Gesicht – ein Wind, der mühelos die Spur auslöschte, die der Wurm hinterließ, ein Wind, der die Wüste wieder wie unberührt machte. Diese Erfahrung gab ihm das Gefühl, wieder er selbst zu sein, nachdem er den Klopfer gesetzt, den Wurm mit Haken und Klammern bestiegen und das Ungeheuer seinem Willen unterworfen hatte.
Seitdem Muad'dib fortgegangen war, um sich seinem Schicksal zu stellen, behaupteten die abergläubischen Fremen und die Menschen der Ebenen und Senken, dass er sich mit Shai-Hulud vereinigt hatte – buchstäblich und spirituell. In manchen Dörfern stellten die Bewohner seit kurzem leere Töpfe auf Regale oder in die Fenster, als Symbol dafür, dass Muad'dibs Wasser nie gefunden worden war, dass er sich mit dem Sand vermischt hatte, mit der Gottheit Shai-Hulud ...
Muad'dib war erst seit wenigen Stunden fort gewesen, als Stilgar von der süßen und trauernden Alia Befehle erhalten hatte, von denen er wusste, dass sie im Widerspruch zu Pauls Wünschen standen. Sie hatte sich die elementaren Glaubensvorstellungen des Naibs und sein Bedürfnis nach Rache zu Nutze gemacht, bis er sich selbst überzeugt hatte, dass der Gegensatz zu Muad'dibs Absichten lediglich ein Test war. Nach so viel Schmerz und Tod hatte Stilgar Blut an den Händen spüren wollen. Als Naib hatte er viele Männer getötet, und als Kämpfer in Muad'dibs Djihad hatte er ungezählte andere abgeschlachtet.
Daran hatte sich eine Nacht des Tötens angeschlossen, als die Einzelheiten der verwickelten Verschwörungen klarer wurden. Korba, ein tapferer Fedaykin, der zugelassen hatte, dass er innerhalb der Priesterschaft zu viel Bedeutung erlangte, war der Erste, der angeklagt wurde. Ein Rat aus Naibs der Fremen hatte ihn einstimmig schuldig gesprochen. Seine Hinrichtung durch Stilgars Hand war einfach, notwendig und blutig gewesen.
Aber Stilgar hatte noch nie zuvor einen Steuermann der Gilde getötet, genauso wenig wie eine Ehrwürdige Mutter der Bene Gesserit. Dennoch hatte er beides auf Alias Befehl hin ohne Zögern getan.
Der inhaftierte Navigator Edric hatte sich auf die Macht der Raumgilde berufen und sein Gewicht als offizieller Botschafter in die Waagschale geworfen, doch seine Unantastbarkeit gründete sich auf zivilisierte
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