Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
nun, wie ihre Augen feucht wurden, ein Brennen, das ein Hinweis auf die Befreiung war, die sie wollte und brauchte. Aber sie gestattete sich keine einzige Träne. Der Wüstenplanet erlaubte ihr nicht, den Toten ihr Wasser zu geben, nicht einmal ihrem Sohn. Außerdem riet die Schwesternschaft zur Unterdrückung von Emotionen, außer zum Zweck der Manipulation anderer. Also verboten ihr beide Philosophien – die der Fremen sowie die der Bene Gesserit –, ihre Tränen fließen zu lassen.
Jessica trat auf die offene Luke zu und ins helle Sonnenlicht. »Habe ich mich von dieser Welt verabschiedet, Gurney, oder habe ich mich nur zurückgezogen? « Sie hatte gehofft, den Rest ihres Lebens auf Caladan zu verbringen und nie mehr einen Fuß auf Arrakis zu setzen. »Mach dir bewusst, was dieser Planet uns angetan hat. Der Wüstenplanet hat mir meinen Herzog und meinen Sohn geraubt und all unsere Hoffnungen und Träume zerstört, die wir als Familie hatten. Er verschlingt Menschen.«
»›Jeder erschafft sich sein eigenes Paradies oder seine eigene Hölle.‹« Gurney streckte einen Arm aus, den sie widerstrebend annahm. Er aktivierte seinen Körperschild, bevor sie ins Freie traten. »Ich empfehle Ihnen, das Gleiche zu tun, Mylady. Eine Menschenmenge dieser Größe kann nicht auf verborgene Waffen abgesucht werden.« Jessica folgte seinem Vorschlag, aber selbst im schimmernden Kraftfeld fühlte sie sich nicht völlig sicher.
Flankiert von sechs großen Fedaykin-Wachen erschien Stilgar an der Landerampe, um sie zu eskortieren. Er sah verwittert, verstaubt und verbittert aus – wie immer. Ganz der alte Stilgar. Es beruhigte sie, den Naib wiederzusehen. »Sayyadina, ich bin gekommen, um Ihnen Schutz zu gewähren.« Es war gleichzeitig eine Begrüßung und ein Versprechen. Es war einfach nicht seine Art, übermäßige Freude darüber zu zeigen, dass er sie nach so vielen Jahren wiedersah. »Ich werde Sie direkt zur Regentin Alia bringen.«
»Ich gebe mich in deine Hände, Stilgar.« Obwohl er jetzt völlig geschäftsmäßig auftrat, rechnete sie damit, dass sie später Gewürzkaffee miteinander trinken und reden würden, nachdem sie der Menge entronnen waren.
Weitere Fremen-Krieger warteten am Fuß der Rampe und bildeten ein Spalier, um der Mutter Muad'dibs einen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen, als wollten sie sie vor einem Sandsturm schützen. Stilgar führte die Besucher an.
Immer mehr Stimmen in der Menge riefen ihren Namen, brüllend, singend oder jubelnd und flehten um den Segen des Muad'dib. Die Menschen trugen schmutzige Kleidung in Grün, der Trauerfarbe der Fremen. Manche hatten sich die Haut um die Augen aufgekratzt, so dass ihnen Blut über die Wangen lief – eine gespenstische Hommage an Pauls Blindheit.
Mit ihrer erhöhten Aufmerksamkeit nahm Jessica einen Faden der Feindseligkeit wahr, der ins Gewebe der Stimmen eingeflochten war und aus allen Richtungen zu ihr herüberschallte. Sie wollten, sie brauchten, sie forderten und trauerten, aber sie konnten ihre Gefühle nicht kristallisieren lassen. Pauls Verlust hatte eine riesige Leere in der Gesellschaft hinterlassen.
Stilgar trieb sie zur Eile an. »Wir dürfen uns nicht aufhalten lassen. Hier lauert heute Gefahr.«
Hier lauert immer Gefahr, dachte sie.
Als die Fedaykin-Wachen sich gegen die Menge stemmten, hörte sie ein metallisches Klirren und einen Schrei. Hinter ihnen warfen sich zwei Wachmänner zu Boden und bedeckten etwas mit ihren Körpern. Gurney stellte sich zwischen sie und Jessica, um sie zusätzlich mit seinem Schild zu beschützen.
Eine Explosion zerriss die Wachen in blutige Fetzen, die sich über die Menge verteilten. Benommen von der Schockwelle betasteten manche Leute die rote Feuchtigkeit und staunten über das Wasser, das plötzlich auf ihrer Kleidung erschienen war.
Stilgar riss Jessica am Arm auf das Terminalgebäude zu und fügte ihr dabei Schmerzen zu. »Schneller«, drängte er. »Es könnte noch weitere Assassinen geben.« Er schaute sich nicht zu den getöteten Wachmännern um.
Während sich die Rufe und Schreie zu einem Gebrüll der Wut und Rachsucht steigerten, begab sich Jessica hastig in das bewachte Gebäude. Gurney und die verbliebenen Fedaykin schlossen hinter sich eine schwere Tür, wodurch der Lärm der Menge erheblich gedämpft wurde.
Das große Raumhafenterminal war für ihre Ankunft geräumt und überprüft worden, und nun hallte es von der Leere wider. »Was ist geschehen, Stilgar? Wer will mich
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