Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
Harkonnen, hatte ein Pogrom stattgefunden. In den verschneiten Bergfestungen lebten buddhislamische Mönche in uralten Klöstern, die zwischen Gletschern in Felswände gehauen waren. Die Mönche waren jahrelang von Graf Glossu Rabban verfolgt worden, wenn auch nicht aus irgendeinem religiösen Hass heraus. Rabban hatte einfach nur gerne seine Macht demonstriert.
Doch diesmal lagen die Dinge völlig anders.
Die buddhislamischen Gläubigen waren stets eine ruhige, friedliche Sekte gewesen, die ihre Tage damit zubrachte, Sutras zu schreiben, Gebete zu skandieren und über unergründliche Fragen zu meditieren. Angehörige von Pauls Fremen-Qizarat waren über die religiösen Rückzugsorte von Lankiveil hergefallen und hatten verlangt, dass die schweigsamen Mönche eine riesige Statue von Paul Atreides errichteten und ihre Lehren und ihren Glauben abwandelten, um zu berücksichtigen, dass Muad'dib der größte aller Heiligen Propheten und allein Gott unterworfen war.
Obwohl sie sich nie gegen Muad'dib oder den Djihad ausgesprochen und keinerlei politische Ausrichtung hatten, vertraten die Mönche doch feste Überzeugungen. Ohne respektlos sein zu wollen und dennoch unnachgiebig lehnten sie es ab, die Befehle der Priester zu befolgen. Sie weigerten sich anzuerkennen, dass Muad'dib über die heiligen Aspekte verfügte, die das Qizarat ihm zuschrieb.
Zur Strafe schlachtete man die Mönche bis auf den letzten Mann ab. Die uralten Klöster wurden von den Berghängen gesprengt, und man löste Lawinen aus, um die Trümmer zu begraben. Anschließend sandte das Qizarat Jäger aus, die jede weitere Enklave der »ketzerischen buddhislamischen Sekte« finden und auslöschen sollten.
Jessica ließ sich mit wackligen Beinen auf einem harten, abgenutzten Wartesitz nieder, unfähig abzustreiten, wie abscheulich diese Taten waren. Die Religion des Muad'dib war wie ein Krebsgeschwür, das im ganzen Universum Metastasen ausbildete. Aber die Berichte widersprachen sich, und sie konnte sich nicht sicher sein, ob diese ruchlose Tat von außer Kontrolle geratenen Priestern und Kriegern begangen worden war oder ob Paul den direkten Befehl dazu gegeben hatte.
Dann erfuhr sie mehr.
Nach dem ersten empörten Aufschrei hatte Muad'dib eine Videobotschaft verbreiten lassen, die immer wieder an Bord des Heighliners abgespielt wurde. Hierbei handelte es sich nicht um die Worte einer bürokratischen Proklamation, die irgendein scheinheiliger Beamter herausgegeben hatte. Diesmal sprach Paul persönlich.
»Was die jüngste Tragödie auf Lankiveil betrifft, stimmt mich dieser leichtfertige Verlust von Menschenleben traurig. Diese armen buddhislamischen Mönche hätten nicht sterben müssen. Ich spüre ihren Schmerz und ihr Leid.
Aber obwohl wir trauern, weil sie menschliche Wesen waren, dürfen wir nicht vergessen, dass es in ihrer Macht gelegen hätte, sich zu retten. Die Verantwortung für ihren Tod liegt allein bei ihnen selbst. Mein Qizarat hat ihnen erklärt, wie sie sich hätten retten können, und sie haben die Warnung ignoriert.« Er hielt inne, und seine gewürzgesättigten Augen blitzten seinem Publikum leidenschaftlich entgegen. Er war wie ein meisterhafter Schauspieler in seinem Element. »Und sie haben den unvermeidlichen Preis gezahlt.«
Seine Harkonnen-Seite schimmert durch, dachte sie. Das hätten ebenso gut die Worte seines Großvaters, des Barons, sein können.
In dem projizierten Bild schrien die Massen von Arrakeen ihre Zustimmung heraus, während Paul gelassen auf sie herabblickte. Die Rufe wurden lauter wie eine schneller werdende Welle, die niemals zu brechen schien. »Muad'dib! Muad'dib!«
Jessica spürte, wie ihr Zorn wuchs. Statt die unnötige Brutalität seiner eigenen Fanatiker zu verdammen, statt Zurückhaltung zu befehlen, hatte Paul die Schuld an dem Massaker allein den armen, unschuldigen Mönchen gegeben. Das Geschehene schien ihm nicht die geringste Sorge zu machen.
Wann war die Ehre der Atreides gestorben? Sie erschauderte bei dem Gedanken daran, was Herzog Leto gedacht hätte, wenn er das Verhalten seines Sohnes hätte mitansehen müssen.
Im Gesamtmaßstab war das Massaker auf Lankiveil nach den Jahren des Blutvergießens im Djihad ein relativ kleines Ereignis, aber es sprach Bände über Paul, über seine Anhänger und darüber, wie weit sie gehen würden. Es war eine deutliche Demonstration, wie sehr er sich verändert hatte, wie leidenschaftlich er die künstliche Persönlichkeit annahm, die er sich selbst
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