Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
die Paul umgaben.
Erschöpfte und verängstigte Menschen vergaßen so schnell die Wahrheit. Pauls Apologeten schrieben die Geschichte um und löschten die schlimmsten Ereignisse aus den offiziellen Dokumenten: die schrecklichen Schlachten, die Sterilisierung ganzer Planeten, den Massenmord an den Mönchen im Kloster von Lankiveil. Wer konnte noch die »offiziell« verbreitete Historie leugnen, nachdem es zu so vielen Entbehrungen und Vertreibungen gekommen war? Wer würde eine so unanfechtbare Quelle wie Prinzessin Irulan höchstpersönlich, die Gattin des Muad'dib, in Frage stellen? Ihre Berichte konnten doch nur die wahre Version der historischen Ereignisse sein!
Aber so war es nicht, und Bronso musste sich weiter bemühen, die Geschichtsschreibung zu korrigieren. Es war eine Frage der Ehre, und er hatte sein Wort gegeben.
Sein Wayku-Gefährte hatte ihm etwas zu essen gebracht, aber Bronso war nicht hungrig. In seiner engen Kabine setzte er sich auf die unbequeme Metallbank, hob die Schreibunterlage auf und tauchte in seine Erinnerungen ein. Im Schein eines gedimmten Leuchtglobus legte er Muad'dib ein Verbrechen nach dem anderen zur Last. Jede Zeile, die den Mann verdammte, war wie ein lauter Peitschenknall.
Nur wenn er die besänftigende Unwahrheit entfernte, nur wenn er die herzlosen Taten bloßlegte, die im Namen Muad'dibs begangen wurden, nur wenn er dem Volk die entsetzlichen Verbrechen bewusst machte, die Paul entfesselt hatte, konnte Bronso die Zukunft der Menschheit retten.
Möge Gott uns vor einem Messias bewahren, den wir selber erschaffen haben!
Die Bilder dieser Ereignisse schrien hinter seinen Augen, während er schrieb. »Ach, Paul, mein Freund ...« Als er weiterschrieb, flossen ihm Tränen über das Gesicht.
17
Als Muad'dib einmal durch die Wüste ging, stieß er auf ein Muad'dib, eine Känguruhmaus, die im Schatten unter einem Felsen hockte. »Erzähl mir deine Geschichte, Kleines«, sagte er. »Erzähl mir von deinem Leben.«
Die Maus war scheu. »Niemand will etwas über mich wissen, denn ich bin klein und unbedeutend. Erzähl du mir von deinem Leben.«
Darauf antwortete Muad'dib: »Dann will auch niemand etwas über mich wissen, denn ich bin genauso klein und unbedeutend.«
Prinzessin Irulan:
Die Kindheitsgeschichte des Muad'dib
Als Alia ihr befahl, sie zum Lagerhausviertel von Arrakeen zu begleiten, blieb Irulan keine andere Wahl, als zu gehorchen. Obwohl sie aus der Todeszelle befreit war und man eine offizielle Begnadigung unterzeichnet und abgestempelt hatte, wusste die Prinzessin, dass die Regentin sie jederzeit nach Salusa verbannen konnte – oder Schlimmeres.
Sie waren mit einem Kontingent von Wachmännern unterwegs und betraten ein kleines Lagerhaus. Drinnen schwirrten Arbeiter wie Insekten in einem Nest umher und verpackten eifrig kleine Bücher, stapelten die Pakete in Container und bereiteten alles für den Vertrieb über das gesamte Imperium vor. Irulan nahm den Geruch von Kunststoff auf Gewürzbasis und Papierstaub wahr, gemischt mit dem allgegenwärtigen Moschusduft von Schweiß und der metallischen Note der Maschinen.
Dann erkannte Irulan die Bücher. Das Leben des Muad'dib. »Das ist mein Buch.«
Alia lächelte und überbrachte ihre gute Neuigkeit. »Eine verbesserte Ausgabe.«
Irulan nahm ein Exemplar in die Hand und blätterte die dünnen, unzerstörbaren Seiten mit dem dicht gedruckten Text durch. »Was meinst du mit verbessert?« Sie las einzelne Passagen und suchte nach Stellen, die verändert, hinzugefügt oder gestrichen worden waren.
»Eine bessere Version der Wahrheit, zum Wohle der Leser überarbeitet, unter Berücksichtigung aller Veränderungen der politischen Situation.«
Duncan Idaho stand schweigend und leicht bedrohlich wirkend neben der selbstbewussten Regentin. Seinem gelassenen Gesichtsausdruck war nicht zu entnehmen, ob er ihren Worten zustimmte, sie ablehnte oder ihnen gegenüber gleichgültig war.
Alia warf ihr kupferfarbenes Haar zurück und gab eine Erklärung ab. »Mein Bruder war ein toleranter, vertrauensvoller Mann. Deine Schriften waren zum größten Teil positiv, doch er hat dir erlaubt, einige kritische Passagen zu verfassen, die seine Entscheidungen in Frage stellen und ihn in einem weniger günstigen Licht erscheinen lassen. Ich weiß nicht, warum er dir das gestattet hat, aber ich bin nicht mein Bruder. Ich verfüge nicht über Muad'dibs Willenskraft. Ich bin nur die Regentin.«
Irulan bemühte sich, nicht
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