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Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Titel: Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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dieser zerbrochenen Gewißheit wurden alle die der Vergangenheit angehörenden inneren Leben zu seinem eigenen. Er beherrschte sie alle. Sie gehörten ihm.
    Er dachte: Wenn man ein Objekt aus der Ferne betrachtet, vermag man nur sein Prinzip zu erkennen. Er hatte die Entfernung bezwungen und konnte nun sein eigenes Leben erkennen: Die Multi-Vergangenheit und ihre Erinnerungen waren seine Bürde, aber auch seine Freude und Notwendigkeit. Aber der Wurmritt hatte dem noch eine zusätzliche Dimension hinzugefügt: Sein Vater brauchte nicht mehr länger in ihm zu sein, um ihn zu bewachen, weil es dafür keinen Grund mehr gab. Leto durchschaute mit Klarheit die Distanzen: Vergangenheit/Gegenwart. Und die Vergangenheit konfrontierte ihn mit seinem ultimativen Vorfahren einem Mann, den man Harum nannte, und ohne den die ferne Zukunft nicht sein würde. Diese klaren Zwischenräume sorgten für neue Prinzipien, neue Dimensionen, die es zu teilen galt. Welches Leben er von nun an auch wählte, er würde es in einer autonomen Sphäre eines Kollektivbewußtseins leben, einer Kette von Geistern, die so zahlreich waren, daß kein Leben lang genug war, um ihre Generationen zu zählen. Einmal erweckt, verfügte das Kollektivbewußtsein über genügend Kraft, jeglichen in ihm schlummernden Egoismus zu dämpfen. Er konnte dafür sorgen, daß es von einem Individuum ebenso gefühlt werden konnte wie von einer Nation, Gesellschaft oder einer ganzen Zivilisation. Und deswegen, natürlich, hatte Gurney versucht, ihm Angst einzujagen, und deshalb wartete Namris Messer auf ihn. Sie durften keinesfalls erfahren, über welche Kraft er verfügte. Niemand durfte sie in ihrer Gänze erkennen – nicht einmal Ghanima.
    Leto erhob sich, setzte sich auf und blickte um sich. Er stellte fest, daß nur noch Namri anwesend war. Sie beobachtete ihn.
    Mit einer greisenhaften Stimme sagte Leto: »Es gibt keine festgesetzten Grenzen für alle Menschen. Universale Voraussagen sind nichts als ein Mythos. Man kann lediglich die weltbewegendsten lokalen Strömungen vorhersagen. Aber in einem unendlichen Universum kann es lokal so gigantische Gebiete umfassen, daß das Gehirn vor ihnen zusammenschrumpft.«
    Namri schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Wo ist Gurney?« fragte Leto.
    »Er ging, bevor er mitansehen mußte, wie ich dich erschlage.«
    »Willst du das tun, Namri?« Es klang beinahe wie eine Bitte.
    Namri nahm die Hand von seinem Messer. »Weil du mich darum bittest, tue ich es nicht. Wenn du dich indifferent gezeigt hättest ...«
    »Es ist die Krankheit der Indifferenz, die viele Dinge zerstört«, sagte Leto. Er nickte bedächtig. »Ja ... selbst Zivilisationen sterben daran. Es ist beinahe so, als sei das der Preis, den man für das Erlangen neuer Bewußtseinsstufen zu zahlen hat.« Er schaute zu Namri auf. »Man hat dir also aufgetragen, mich auf Indifferenzen hin zu beobachten?« Und er sah, daß Namri mehr war als nur ein Killer – er war falsch.
    »Als Anzeichen ungezähmter Kraft«, erwiderte Namri, aber das war eine Lüge.
    »Gleichgültige Kräfte, sicher.« Leto setzte sich auf und seufzte tief. »Es hat keine moralische Größe im Leben meines Vaters gegeben, Namri; nur eine örtliche Falle, die er für sich selbst erbaute.«

40
     
Oh, Paul Muad'dib,
Mahdi aller Menschen,
Dein Atem entweicht,
Erzeugt den Sturm.
Lieder des Muad'dib
     
     
    »Niemals!« sagte Ghanima. »Ich bringe ihn schon in unserer Hochzeitsnacht um!« Sie sprach mit einer solch wütenden Sturheit, daß bisher alle Überredungsversuche fehlgeschlagen waren. Alia und ihre Berater hatten es die halbe Nacht versucht, hielten die Regentschaftsquartiere in einem ruhelosen Zustand besetzt und schickten nach Verstärkung, Nahrung und Getränken. Der gesamte Tempel litt unter den Frustrationen ungetroffener Entscheidungen.
    Ghanima saß wie gemalt in einem grünen Schmiegesessel ihrer eigenen Räume, einem großen Zimmer, dessen Wände aus imitierten Felsen bestanden, um die Umgebung eines Sietchs künstlich hervorzurufen. Die Decke allerdings war aus Imbarkristall, und den Boden bedeckten schwarze Kacheln. Die Einrichtung war spartanisch: Ein kleiner Schreibtisch, fünf Schmiegesessel und ein kleiner Diwan aus Fremenproduktion, der in einem Alkoven stand. Bekleidet war Ghanima mit einer gelben Robe.
    »So frei, daß du über jeden Aspekt deines Lebens entscheiden kannst, bist du auch nicht«, sagte Alia möglicherweise zum einhundertstenmal. Diese kleine Närrin muß es

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