Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
ausmacht.«
»Aber da sind einige Angelegenheiten, Herr, die nach unserer Aufmerksamkeit verlangen ...«
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, Moneo, wohin das Nachdenken über Nichtigkeiten führt. Ich habe nie etwas dagegen gehabt, mich einen ganzen Tag lang mit einer Angelegenheit zu beschäftigen, für die andere Menschen nicht einmal eine Minute aufgewendet hätten. Warum nicht? Wenn man eine Lebenserwartung von etwa viertausend Jahren hat, was bedeutet einem dann ein Tag mehr oder weniger? Wie lange währt ein Menschenleben? Eine Million Minuten? Ich habe bereits so viele Tage hinter mich gebracht.«
Moneo stand in eisigem Schweigen da, denn dieser Vergleich schmerzte ihn. Seine Lebensspanne war kaum mehr als die Zeit, die Leto für ein Blinzeln aufbrachte. Die Anspielung war ihm keinesfalls entgangen.
Worte, dachte er, nichts als Worte.
»In Angelegenheiten, die die Wahrnehmung betreffen, sind sie oft fast wirkungslos«, sagte Leto.
Moneo hielt unmerklich die Luft an. Der Herr kann Gedanken lesen!
»Während unserer gesamten Geschichte«, sagte Leto, »hat man Worte dann am wirkungsvollsten eingesetzt, wenn es galt, ein übernatürliches Ereignis abzurunden und diesem Ereignis einen Platz in den offiziellen Geschichtsbüchern zu sichern. Dabei verfuhr man mit dem betreffenden Ereignis in einer solchen Weise, daß wir seine Erklärung noch heute akzeptieren und sagen: Das war seine Bedeutung.«
Moneo fühlte sich von diesen Worten förmlich niedergeknüppelt. Das Unaussprechliche, das sie ihn möglicherweise würden denken lassen, entsetzte ihn.
»Deswegen verlieren bestimmte Ereignisse sich in der Geschichte«, sagte Leto.
Nach einer langen Stille wagte Moneo einen erneuten Vorstoß. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Herr. Es geht um die Hochzeit.«
Wie müde er klingt, dachte Leto. Wie jemand, der völlig geschlagen ist.
Munter sagte er: »Ich habe deine Hilfe noch nie zuvor so nötig gehabt. Die Hochzeit muß mit größtmöglicher Sorgfalt vonstatten gehen. Sie verlangt nach einer Präzision, die nur du zu leisten vermagst.«
»Wo, Herr?«
Seine Stimme wird etwas lebhafter.
»Im Dorf Tabur, in der Sareer.«
»Wann?«
»Den Termin überlasse ich dir. Gib ihn erst bekannt, wenn alles andere arrangiert ist.«
»Und die Zeremonie selbst?«
»Ich werde sie leiten.«
»Brauchst du Assistenten, Herr? Irgendwelche Artefakte?«
»Meinst du rituelle Kleidung?«
»Irgendwelche bestimmten Dinge, die ich vielleicht ...«
»Wir werden für unsere kleine Scharade nicht viel brauchen.«
»Herr! Ich bitte dich! Bitte ...«
»Du wirst neben der Braut stehen und sie in die Ehe geleiten«, sagte Leto. »Wir nehmen das alte Fremenritual.«
»Dann werden wir Wasserringe brauchen«, sagte Moneo.
»Ja! Ich werde die von Ghani nehmen.«
»Und wer wird daran teilnehmen, Herr?«
»Nur eine Wache der Fischredner und die Aristokratie.«
Moneo starrte in Letos Gesicht. »Was ... was meinst du mit dem Begriff ›Aristokratie‹?«
»Dich, deine Familie, die Zitadellenbediensteten und den Hofstaat.«
»Meine Fam...« Moneo schluckte. »Schließt das auch Siona mit ein?«
»Wenn sie die Prüfung überlebt.«
»Aber ...«
»Gehört sie nicht zur Familie?«
»Natürlich, Herr. Sie ist eine Atreides und ...«
»Dann schließe sie unter allen Umständen mit ein!«
Moneo zog einen kleinen Gedankenaufzeichner aus der Tasche. Es handelte sich um ein mattschwarzes ixianisches Gerät, dessen Existenz unter den Bann von Butlers Djihad fiel. Ein leichtes Lächeln huschte über Letos Lippen. Moneo kannte seine Pflichten, er würde sie jetzt tun.
Der Lärm, den Duncan Idaho hinter dem Portal erzeugte, wurde nun immer störender, dennoch ignorierte Leto ihn.
Moneo kennt den Preis seiner Privilegien, dachte er. Es ist auch eine Art Ehe – zwischen dem Privileg und der Pflicht. Die Erklärung und Entschuldigung aller Aristokraten.
Moneo beendete die Aufzeichnung seiner Notizen.
»Noch ein paar Einzelheiten, Herr«, sagte er. »Braucht Hwi eine besondere Tracht?«
»Einen fremenitischen Destillanzug und die Robe einer Braut – aber keine Imitationen.«
»Schmuck oder anderen Glitzerkram?«
Letos Blick fiel auf Moneos Finger, die über den winzigen Recorder strichen, und kam zu einem Schluß.
Führereigenschaften, Courage, Verständnis für Wissen und Ordnung – all das hat Moneo im Überfluß. Es umgibt ihn wie eine heilige Aura, die niemanden – außer mich – sehen läßt, wie es ihn von innen
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