Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
tödlichen Ort fortbringen konnte.
»Frag mich nicht nach Möglichkeiten«, sagte Leto mit einer Stimme, die aus einer geisterhaft weiten Ferne zu kommen schien, als habe sie sich im Dunkel seiner Vergangenheit verloren.
»Nie wieder, Herr«, sagte Moneo. Er verbeugte sich und machte einen weiteren Schritt zurück. Nun trennte ihn nur noch ein kleines Stück vom Ausgang. »Ich werde mit Hwi Noree reden, Herr – und auch mit dem Duncan.«
»Tu, was du kannst.« Letos Stimme befand sich nun in den Tiefen seines Innern, das nur er allein betreten konnte.
Leise huschte Moneo hinaus. Er schloß die Tür hinter sich und lehnte sich zitternd mit dem Rücken gegen die Füllung. Ahhh, das hätte wirklich ins Auge gehen können.
Und das Paradoxon blieb. Was unterstrich es? Welche Bedeutung hatten die seltsamen und schmerzlichen Entscheidungen des Gott-Kaisers? Was hatte den Wurm, der Gott ist, hervorgebracht?
Ein dumpfes Geräusch erklang in Letos Zimmer, als würde jemand mit voller Wucht auf Stein einschlagen. Moneo wagte es nicht, die Tür zu öffnen, um Genaueres herauszufinden. Langsam stieß er sich von der Tür, die unter den Schlägen erzitterte, ab und ging die Treppe hinunter. Er bewegte sich mit Vorsicht und atmete erst dann tief durch, als er die unterste Ebene und die dort postierte Wache erreicht hatte.
»Ist er erregt?« fragte die Wache und schaute die Treppe hinauf.
Moneo nickte. Noch hier unten konnte man die dumpfen Schläge deutlich hören.
»Was erregt ihn denn so?« fragte die Wache.
»Er ist Gott, und wir sind sterblich«, sagte Moneo. In der Regel zeigten sich die Fischredner von einer solchen Antwort befriedigt, aber im Augenblick waren neue Kräfte am Werk.
Die Wache sah Moneo unbefangen an, und ihm wurde plötzlich die Killerausbildung bewußt, die hinter den sanften Zügen dieser Frau lauerte. Sie war noch relativ jung und hatte kastanienbraunes Haar und ein Gesicht, das in der Regel von einer Stupsnase und einem vollen Mund beherrscht wurde. Jetzt allerdings blickten ihre Augen hart und fordernd. Nur ein Narr würde einem solchen Blick den Rücken zukehren.
»Ich habe ihn nicht in Rage gebracht«, sagte Moneo.
»Natürlich nicht«, stimmte die Wache ihm zu. Ihr Blick wurde etwas weicher. »Aber ich würde gerne wissen, wer oder was dafür verantwortlich war.«
»Ich glaube«, sagte Moneo, »er ist ungeduldig wegen seiner Heirat. Ich glaube, daß das alles ist.«
»Dann sollten Sie den Tag nutzen!« sagte die Wache.
»Genau das werde ich auch tun«, sagte Moneo. Er wandte sich um und eilte durch den großen Saal in jenen Zitadellenbereich, der ihm unterstand. Ihr Götter! Die Fischredner wurden ebenso gefährlich wie der Gott-Kaiser.
Dieser idiotische Duncan! Er bringt uns alle in Gefahr! Und Hwi Noree! Was soll ich bloß wegen ihr tun?
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Die Strukturen monarchistischer und vergleichbarer Systeme enthalten eine wertvolle Botschaft für alle politischen Ordnungsprinzipien. Meine Erinnerungen versichern mir, daß Regierungen aller Couleur von dieser Botschaft profitieren können. Regierungen haben für die Regierten nur so lange einen Nutzen, wie die ihnen anhaftende Neigung zur Tyrannei in Grenzen bleibt. Abgesehen davon, daß sie im Rampenlicht stehen, haben Monarchien ein paar gute Züge, die beachtenswert sind. Sie können die Wasserköpfe und parasitären Charakteristika der Manager-Bürokratien beschneiden. Wenn es notwendig ist, können sie schnelle Entscheidungen treffen. Sie befriedigen ein uraltes menschliches Verlangen nach einer familiären (Stammes-/Feudal-) Hierarchie, in der jeder seinen Platz kennt. Und man schätzt es, seinen Platz zu kennen, selbst wenn man ihn nur zeitweilig innehat. Es schafft Unmut, wenn man irgendwo gegen seinen Willen festgehalten wird. Deswegen belehre ich euch über die Tyrannei auf die bestmögliche Weise: indem ich sie euch vorführe. Obwohl ihr diese Worte erst lesen werdet, nachdem Äonen vergangen sind, wird man meine Tyrannei nicht vergessen haben. Mein Goldener Pfad stellt dies sicher. Und jetzt, wo ihr meine Botschaft kennt, erwarte ich von euch, daß ihr äußerst vorsichtig zu Werke geht, wenn ihr Regierungen zur Macht verhelft.
Die gestohlenen Journale
Leto bereitete sich in aller Ruhe und Sorgfalt auf die erste private Begegnung mit Siona vor. Das letztemal hatten sie miteinander gesprochen, bevor sie in die Fischredner-Schule der Feststadt gesteckt worden war. Er sagte Moneo, daß er sie in der Kleinen Zitadelle
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