Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
die Achseln zucken. Wie nahe ist der Wurm? fragte er sich. Ihm war aufgefallen, daß die Rückkehr aus Onn in die Zitadelle den Wurm manchmal zum Vorschein brachte. Obwohl noch kein Anzeichen im Gehabe des Gott-Kaisers feststellbar war, hatte Moneo ein untrügliches Gefühl. War es möglich, daß der Wurm ohne Warnung kam?
»Beschleunige die Arrangements für die Hochzeit«, sagte Leto. »Sie soll so bald wie möglich stattfinden.«
»Bevor du Siona prüfst?«
Leto schwieg für einen Augenblick. Dann sagte er: »Nein. Was gedenkst du in Hinsicht auf den Duncan zu tun?«
»Was wünschst du, soll ich tun, Herr?«
»Ich habe ihm gesagt, er soll Hwi Noree nicht treffen; er soll ihr aus dem Weg gehen. Und ich habe ihn darauf hingewiesen, daß das ein Befehl sei.«
»Sie findet ihn sympathisch, Herr. Das ist alles.«
»Warum sollte sie ihn sympathisch finden?«
»Er ist ein Ghola. Er hat keine Beziehungen zu unserer Zeit. Er hat keine Wurzeln in ihr.«
»Seine Wurzeln sind ebenso tief wie meine!«
»Aber das weiß er nicht, Herr.«
»Willst du mir widersprechen, Moneo?«
Moneo zog sich einen halben Schritt zurück, aber ihm war klar, daß ihn dies nicht aus der Gefahrenzone brachte. »Oh, nein, Herr. Aber ich versuche, dir wahrheitsgemäß zu erklären, wie ich die Situation sehe.«
»Dann werde ich dir sagen, wie die Situation aussieht: Er macht ihr den Hof.«
»Aber sie ist diejenige, die ihre Treffen initiiert, Herr.«
»Dann wußtest du also davon!«
»Ich wußte nicht, daß du sie gänzlich verboten hast, Herr.«
In grüblerischem Tonfall sagte Leto: »Er kennt sich mit Frauen aus, Moneo; er weiß sehr gut, wie man mit ihnen umgeht. Er schaut in ihre Seele hinein und bringt sie so weit, bis sie das tun, was er will. So ist es mit den Duncans immer gewesen.«
»Ich wußte nicht, daß du sämtliche Treffen zwischen ihnen verboten hattest, Herr!« Moneos Stimme wurde fast schrill.
»Er ist gefährlicher als die anderen«, sagte Leto. »Es ist ein Verschulden unserer Zeit.«
»Herr, die Tleilaxu haben niemanden vorrätig, der ihn ersetzen könnte.«
»Und diesen hier brauchen wir?«
»Du hast es selbst gesagt, Herr. Es ist ein Paradoxon, das ich nicht verstehe, aber du hast es gesagt.«
»Wie lange würde es dauern, bis wir einen Ersatz für ihn bekämen?«
»Mindestens ein Jahr, Herr. Soll ich mich nach dem genauen Datum erkundigen?«
»Noch heute.«
»Er könnte etwas davon erfahren, Herr. Sein Vorgänger hat es auch getan.«
»Das muß unter allen Umständen verhindert werden, Moneo!«
»Ich weiß, Herr.«
»Ich wage nicht einmal, Hwi davon zu erzählen«, sagte Leto. »Der Duncan ist nicht für sie bestimmt. Trotzdem kann ich ihr nicht weh tun!« Seine letzten Worte klangen beinahe weinerlich.
Moneo stand in ehrfürchtigem Schweigen da.
»Verstehst du es denn nicht?« fragte Leto mit Nachdruck. »Moneo, hilf mir!«
»Ich sehe, daß es anders ist, Herr«, sagte Moneo. »Aber ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Was ist anders?« Letos Stimme war von einer dermaßen durchdringenden Kraft, daß sie Moneo fast durchbohrte.
»Ich meine dein Verhalten ihr gegenüber, Herr. Es ist anders als sonst. So habe ich dich noch nie erlebt.«
Und dann bemerkte Moneo die ersten Anzeichen – das Zucken in den Händen des Gott-Kaisers und die beginnende Starrheit seines Blicks. Ihr Götter! Der Wurm kommt! Moneo befand sich ganz in seinem Bann. Eine einfache Bewegung dieses großen Leibes konnte ihn gegen die Wand werfen und zermalmen. Ich muß an den Menschen in ihm appellieren.
»Herr«, sagte Moneo, »ich habe die Berichte gelesen und deine eigenen Worte über deine Heirat mit deiner Schwester Ghanima vernommen.«
»Wäre sie jetzt nur bei mir«, sagte Leto.
»Sie war niemals deine Gattin, Herr.«
»Worauf willst du hinaus?« fragte Leto. Aus dem Zucken seiner Hände wurde ein spasmisches Vibrieren.
»Sie war ... Ich meine, Herr, daß Ghanima die Gattin Harq al-Adas war.«
»Natürlich war sie das! Sämtliche Atreides stammen von ihnen ab!«
»Gibt es noch etwas, von dem du mir nicht erzählt hast, Herr? Ist es möglich ... ich meine, gibt es eine Möglichkeit für dich ... dich mit Hwi Noree zu paaren?«
Letos Hände zitterten jetzt so stark, daß Moneo sich fragte, ob der Gott-Kaiser überhaupt davon wußte. Der Blick der großen, blauen Augen wurde noch starrer.
Moneo machte einen weiteren Schritt zurück und näherte sich weiter der Tür, hinter der die Treppe lag, die ihn von diesem
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