Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
sie.
»Guten Morgen, Liebling.« Sie sprach leise. »Was hast du angestellt? Der arme Moneo ist völlig aus dem Häuschen.«
Von ihrer Gegenwart und ihrer Stimme besänftigt, lächelte er. »Ich habe das getan, was ich hoffentlich immer tun werde. Ich habe einen Effekt hervorgerufen.«
»Das hast du sicher getan. Er hat den Fischrednern gesagt, du seist in einer schrecklichen, wütenden Stimmung. Bist du das wirklich, Liebling?«
»Nur denen gegenüber, die sich weigern, aus eigener Kraft zu leben.«
»Ahhh, ja.« Hwi drehte sich einmal im Kreis, um ihm ihr neues Gewand zu zeigen. »Gefällt es dir? Deine Fischredner haben es mir geschenkt. Sie haben es selbst geschmückt.«
»Meine Liebe«, sagte Leto mit einem warnenden Unterton. »Schmuck! Damit präpariert man ein Opfer.«
Hwi näherte sich dem Wagenrand, beugte sich seinem Gesicht entgegen und sagte mit einem spöttischen Lächeln, das ihre Lippen umspielte: »Soll das etwa heißen, sie werden mich opfern?«
»Einige von ihnen würden es sicher gern tun.«
»Aber das wirst du nicht erlauben«, sagte sie.
»Unser Schicksal wird das gleiche sein«, sagte Leto.
»Dann will ich mich nicht fürchten.« Hwi streckte den Arm aus und berührte Letos silberhäutige Hand. Als seine Finger zu zittern anfingen, zuckte sie zurück.
»Verzeih, Liebster. Ich vergesse, daß nur unsere Seelen vereint sind, nicht aber unsere Körper«, sagte sie.
Die Sandforellenhaut bebte unter ihrer Berührung. »Die Luftfeuchtigkeit macht mich überempfindlich«, sagte Leto. Das Beben flaute langsam ab.
»Ich versage mir, das, was nicht sein kann, zu bedauern«, flüsterte Hwi.
»Sei stark, Hwi, denn deine Seele ist mein.«
Aufgrund eines vom Gästehaus kommenden Geräuschs drehte sie sich um. »Moneo kommt zurück«, sagte sie. »Bitte, Liebster, jag ihm keine Angst ein.«
»Ist Moneo auch dein Freund?«
»Unsere Freundschaft geht durch den Magen. Wir mögen beide Joghurt.«
Als Moneo neben Hwi stehenblieb, lachte Leto immer noch. Moneo wagte ein Lächeln und bedachte Hwi mit einem verwunderten Blick. Das Verhalten des Majordomus' strahlte Dankbarkeit aus, und ein Teil der ansonsten nur für Leto reservierten Unterwürfigkeit galt nun ihr. »Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Lady Hwi?«
»Ich fühle mich bestens.«
Leto sagte: »Wenn der Magen an der Reihe ist, soll man Magenfreundschaften gedeihen lassen und vertiefen. Laß uns unseren Weg gehen, Moneo. Tuono wartet.«
Moneo dreht sich um und rief den Fischrednern und dem Hofstaat seine Befehle zu.
Leto grinste Hwi an. »Spiele ich den ungeduldigen Bräutigam nicht mit gebührendem Stil?«
Hwi raffte ihr Gewand mit einer Hand zusammen und sprang leichtfüßig auf den Wagen. Leto klappte ihren Sitz herunter. Erst als sie Platz genommen hatte und ihre Augenhöhe der seinen entsprach, antwortete sie – diesmal aber in einer Stimmlage, die nur sein Gehör erfassen konnte.
»Du Liebe meiner Seele, ich habe schon wieder eines deiner Geheimnisse entdeckt.«
»Dann laß es flugs heraus«, erwiderte er scherzhaft und aufgrund der neuen, zwischen ihnen herrschenden Intimität.
»Du brauchst nur selten Worte«, sagte Hwi. »Mit deinem Leben sprichst du die Sinne direkt an.«
Ein Schaudern durchlief seinen Körper von einem Ende zum anderen. Es dauerte eine Weile, bis er sprechen konnte, und als es dann soweit war, tat er es mit einer Stimme, die ihre gesamte Konzentration erforderte, da sie sonst im Gemurmel des Begleitpersonals untergegangen wäre.
»Zwischen Übermensch und Unmensch«, sagte er, »hatte ich nur einen geringen Zeitraum, in dem ich Mensch sein konnte. Für diesen geringen Zeitraum, meine liebe und herrliche Hwi, möchte ich dir danken.«
50
In meinem ganzen Universum habe ich noch kein unveränderliches und unerbittliches Naturgesetz gesehen. Dieses Universum präsentiert nur Wechselbeziehungen, die manchmal von einem kurzlebigen Geist für Gesetze gehalten werden. Das fleischliche Empfindungsvermögen, das wir für das Selbst halten, ist eine Eintagsfliege, die in der Lohe der Unendlichkeit vergeht und sich während des Dahinschwindens der zeitweiligen Umstände bewußt ist, die unsere Handlungen beschränken und ebenso einem Wechsel unterwerfen wie unsere Vorgehensweise. Wenn ihr dem Absoluten einen Namen geben müßt, nehmt den richtigen: Vorläufigkeit.
Die gestohlenen Journale
Nayla war die erste, die den sich nähernden Troß erspähte. Unbändig in der Mittagshitze schwitzend, stand sie
Weitere Kostenlose Bücher