Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten
eskaliert, Mutter Oberin? Fali wird sich nun wieder um ihr Obst und ihr Gemüse kümmern. Dort, wo sie hingehört. Botschaft abgeliefert.
Streggi räusperte sich.
Diese verdammte Geste muß unterdrückt werden! Aber die Bedeutung war klar. Streggi war für ihren Tagesablauf verantwortlich. Wir müssen gehen.
»Wir sind erst spät abgefahren«, sagte Odrade, »und haben nur angehalten, um uns ein bißchen die Beine zu vertreten und uns zu erkundigen, ob ihr Probleme habt, die ihr allein nicht lösen könnt.«
»Wir kommen mit den Gärtnern zurecht, Mutter Oberin.«
Tsimpays flotter Ton drückte viel mehr aus. Odrade lächelte fast.
Inspiziere, Mutter Oberin! Sieh dich überall um! Du wirst Pondrille in bester Bene Gesserit-Ordnung vorfinden.
Odrade warf einen Blick auf Tamalanes Bus. Einige der Begleiterinnen kehrten in das von einer Klimaanlage regulierte Innere zurück. Tamalane stand an der Tür, in Rufweite.
»Ich habe positive Berichte über dich vernommen, Tsimpay«, sagte Odrade. »Du kommst auch ohne unsere Einmischung klar. Ich möchte bestimmt nicht mit einem Gefolge über dich herfallen, das viel zu groß ist.« Der letzte Satz etwas lauter, damit ihn alle problemlos mitbekamen.
»Wo wirst du die Nacht verbringen, Mutter Oberin?«
»In Eldio.«
»Ich bin seit einiger Zeit nicht mehr dort gewesen, aber ich habe gehört, daß das Meer viel kleiner geworden ist.«
»Überflüge bestätigen das, was du gehört hast. Kein Grund, sie davor zu warnen, daß wir kommen, Tsimpay. Sie wissen es bereits. Wir mußten sie auf unsere Invasion vorbereiten.«
Die Gartenmeisterin Fali machte einen kleinen Schritt nach vorn. »Mutter Oberin, wenn wir nur ...«
»Sag deinen Gärtnern, Fali, daß sie eine Wahl haben! Sie können brummen und so lange warten, bis die Geehrten Matres auftauchen, um sie zu versklaven – oder sie können die Diaspora wählen.«
Odrade kehrte zu ihrem Wagen zurück und nahm mit geschlossenen Augen Platz. Sie öffnete sie erst wieder, als sie hörte, wie sich die Türen schlossen und sie unterwegs waren. Als sie hinaussah, hatten sie Pondrille bereits verlassen und befanden sich auf der glasharten Straße, die durch die südlichen Ringgärten verlief. Hinter ihr herrschte eine bedrückte Stille. Die Schwestern dachten sorgfältig über das Verhalten nach, das die Mutter Oberin an den Tag gelegt hatte. Eine unbefriedigende Begegnung. Natürlich griffen auch die Akoluthen die Stimmung auf. Streggi sah verdrießlich aus.
Dieses Wetter verlangte Aufmerksamkeit. Worte konnten die Beschwerden nicht mehr besänftigen. Gute Tage wurden nach niedrigeren Standards bemessen. Jeder kannte den Grund, aber die Veränderungen blieben im Brennpunkt. Sichtbar. Man konnte sich zwar nicht über die Mutter Oberin beschweren (jedenfalls nicht ohne guten Grund!), aber immer noch über das Wetter maulen.
»Warum mußten sie es heute so kalt machen? Gerade heute, wo ich draußen arbeiten muß? Als wir rausgingen, war es noch einigermaßen warm, aber sieh es dir jetzt mal an! Und ich sitze hier ohne die dazu passende Kleidung!«
Streggi wollte sich unterhalten. Nun, deswegen habe ich sie ja mitgenommen. Aber sie war beinahe schwatzhaft geworden, seit die erzwungene Vertrautheit ihre Ehrfurcht vor der Mutter Oberin hatte erodieren lassen.
»Mutter Oberin, ich habe in meinen Lehrbüchern nach einer Erklärung für ...«
»Sieh dich vor, was Lehrbücher betrifft!« Wie oft hatte sie diesen Satz in ihrem Leben schon gesprochen? »Lehrbücher erzeugen Angewohnheiten.«
Streggi war sehr oft über Angewohnheiten belehrt worden. Die Bene Gesserit hatten zwar welche – jene Dinge, die das Volk als ›typisch für die Hexen!‹ in Umlauf hielt –, aber Verhaltensweisen, die es anderen erlaubten, das Verhalten vorherzusagen, mußten sorgfältig vermieden werden.
»Warum haben wir dann welche, Mutter Oberin?«
»Wir haben sie hauptsächlich, um sie zu widerlegen. Der Codex ist für Novizen und andere in der Primärausbildung.«
»Und die Historien?«
»Geh nie über die Banalität aufgezeichneter Historien hinweg! Als Ehrwürdige Mutter wirst du die Historie in jedem neuen Moment wiedererlernen.«
»Die Wahrheit ist ein leerer Becher.« Sie war sehr stolz auf den Aphorismus, der ihr wieder einfiel.
Odrade lächelte fast.
Streggi ist ein Juwel.
Es war ein warnender Gedanke. Manche Edelsteine konnte man anhand ihrer Unreinheit identifizieren. Spezialisten teilten sie nach ihrer Unreinheit ein. Ein
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