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Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten

Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten

Titel: Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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weh!
    Durch den Schmerz fühlte sie Lücken in den ihr enthüllten Leben. Dinge, die man zurückhielt.
    »Nur das, was du jetzt ertragen kannst«, sagte die körperlose Stimme. »Weiteres kommt später, wenn du stärker bist ... falls du überlebst.«
    Ein selektiver Filter, hatte Odrade gesagt. Notwendigkeiten öffnen Türen.
    Die anderen Präsenzen erzeugten ein stetiges Jammern. Lamentierten: »Na? Siehst du, was passiert, wenn man den gesunden Menschenverstand außer acht läßt?«
    Der Schmerz nahm zu. Sie konnte sich ihm nicht entziehen. Jeder ihrer Nerven stand in Flammen. Sie wollte schreien, Drohungen hinausbrüllen, um Hilfe flehen. Sich überschlagende Gefühle begleiteten die Agonie, doch sie ignorierte sie. Alles geschah auf einem dünnen Existenzfaden. Er konnte reißen!
    Ich sterbe.
    Der Faden dehnte sich. Er würde reißen! Widerstand war zwecklos. Die Muskeln würden nicht gehorchen. Allem Anschein nach hatte sie gar keine Muskeln mehr. Sie wollte auch keine. Muskeln bedeuteten Schmerz. Es war die Hölle, und sie würde niemals enden ... nicht einmal dann, wenn der Faden riß. Flammen leckten jetzt an dem Faden entlang, leckten an ihrem Bewußtsein.
    Hände rüttelten ihre Schultern. Duncan – laß es sein! Jede Bewegung war Schmerz – größer, als sie sich je hatte vorstellen können. Es war richtig, daß man ihn als Agonie bezeichnete.
    Der Faden dehnte sich nun nicht mehr. Er zog sich zusammen. Er wurde zu einem kleinen Ding, dem Brennpunkt einer dermaßen scharfen Pein, daß außer ihm nichts anderes mehr existierte. Das Gefühl, zu sein, wurde verschwommen, lichtdurchlässig, transparent.
    »Siehst du?« Die Stimme ihrer Mohalata-Führerin kam aus weiter Ferne.
    Ich sehe Dinge.
    ›Sehen‹ stimmte nicht ganz. Das Bewußtsein, daß da Andere waren. Andere, die schwebten. Die Erinnerungen anderer, in den Häuten verlorener Leben. Sie breiteten sich hinter ihr in einem Zug aus, dessen Länge sie nicht abschätzen konnte. Lichtdurchlässiger Nebel. Da und dort riß er auf, und sie erhaschte einen Blick auf die Ereignisse. Nein ... sie sah die Ereignisse genau. Erinnerungen.
    »Sei Zeugin!« sagte ihre Führerin. »Du siehst, was unsere Vorfahren Unsägliches getan haben. Sie sind den schlimmsten Fluch nicht wert, den man sich ausdenken kann. Entschuldige nichts mit zeitlicher Notwendigkeit! Vergiß nicht: Es gibt keine Unschuldigen!«
    Widerlich! Widerlich!
    Sie konnte nichts davon ertragen. Alles wurde zu Reflexen und aufreißendem Nebel. Irgendwo dort war eine Größe, die sie, wie sie wußte, vielleicht erringen würde.
    Das Enden der Agonie!
    Das war es. Wie großartig würde dies sein!
    Wo ist dieser großartige Zustand?
    Lippen berührten ihre Stirn, ihren Mund. Duncan! Sie griff nach oben. Meine Hände sind frei. Ihre Finger fuhren durch Haar, das ihr vertraut war. Es ist real!
    Die Agonie zog sich zurück. Erst jetzt wurde ihr bewußt, daß sie einen Schmerz hinter sich hatte, den man mit Worten nicht beschreiben konnte. Agonie? Sie verbrannte die Seele und gab einem neue Gestalt. Jemand unterzog sich ihr und kehrte als anderer zurück.
    Duncan! Sie öffnete die Augen; sein Gesicht war direkt über ihr. Liebe ich ihn immer noch? Er ist da. Er ist der Anker, an den ich mich in den schlimmsten Augenblicken geklammert habe. Aber liebe ich ihn immer noch? Bin ich immer noch im Gleichgewicht?
    Keine Antwort.
    Odrade, die sie im Moment nicht sehen konnte, sagte: »Zieht ihr die Kleider aus. Handtücher. Sie ist klatschnaß. Und bringt ihr eine passende Robe!«
    Hastige Geräusche waren zu hören. Dann sagte Odrade: »Murbella, ich freue mich, sagen zu können, daß du den schwierigen Weg gegangen bist.«
    Welche Erleichterung in ihrer Stimme. Warum freute sie sich?
    Wo liegt der Sinn meiner Verantwortung? Wo ist der Gral, den ich angeblich in meinem Kopf spüren soll? Antwortet mir keiner?
    Aber die Frau an den Shuttle-Kontrollen war nicht mehr da.
    Nur ich bin übrig. Und ich erinnere mich an Abscheulichkeiten, die eine Geehrte Mater in Angst versetzt hätten. Dann sah sie den Gral, aber er war kein Gegenstand, sondern eine Frage: Wie hält man alles im Gleichgewicht?

36
     
Den Gott unseres Haushalts tragen wir von Generation zu Generation weiter: Unsere Botschaft an die Menschheit, für den Fall, daß sie erwachsen wird. Das, was der Göttin eines Haushalts am nächsten kommt, ist eine Ehrwürdige Mutter, die versagt hat: Chenoeh, dort in ihrer Nische.
Darwi Odrade
     
     
    Jetzt waren

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