Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten
unschuldige Naivität der sozialen Träume der Ixianer zur Realität des bürokratischen Zentralismus geworden war – eine neue Aristokratie. Also bewegten sie sich ihrem Abstieg entgegen, der auch von dem wahrscheinlich nicht aufgehalten werden würde, was diese Gruppe gerade mit den Geehrten Matres unter Dach und Fach gebracht hatte.
Egal wie unser Wettkampf auch ausgehen wird, Ix liegt im Sterben. Beweis: Seit Jahrhunderten ist von den Ixianern keine große Innovation mehr ausgegangen.
Suipol kam zurück. »Man bittet uns, auf eine Eskorte zu warten.«
Odrade entschloß sich auf der Stelle dazu, die Verhandlungen mit einem Schwätzchen einzuleiten: damit die Kom-Augen, Suipol und die Zuhörer auf ihrem Nicht-Schiff etwas davon hatten.
»Suipol, hast du die Ixianer vor uns bemerkt?«
»Ja, Mutter Oberin.«
»Sieh sie dir genau an! Es sind die Produkte einer sterbenden Gesellschaft. Es ist naiv, von einer Bürokratie zu glauben, sie könne brillante Innovationen erbringen und auch noch bestens einsetzen. Bürokratien stellen ganz andere Fragen. Weißt du, welche?«
»Nein, Mutter Oberin.«
Sie sagte es erst, nachdem sie sich ihre Umgebung sorgfältig angesehen hatte.
Sie weiß Bescheid! Sie versteht, was ich vorhabe. Wie das? Ich habe sie falsch eingeschätzt.
»Dies sind die wichtigsten Fragen, die in einer Bürokratie interessieren, Suipol: Wer kriegt das Lob? Wer wird befördert? Wer wird geschaßt, wenn es Schwierigkeiten gibt? Kann es zu einer Veränderung der Machtstruktur kommen, die uns den Arbeitsplatz kostet? Oder könnte sie eine untergeordnete Dienststelle wichtiger machen als uns?«
Suipol nickte, aber ihr Blick auf die Kom-Augen war vielleicht ein bißchen zu offensichtlich.
Aber sei's drum!
»Dies sind politische Fragen«, sagte Odrade. »Sie zeigen, daß die Motive der Bürokratie im direkten Widerspruch zur notwendigen Anpassung an Veränderungen stehen. Und Anpassungsfähigkeit ist für das Leben vonnöten, wenn es überleben will.«
Und jetzt direkt etwas für unsere Gastgeber.
Odrade richtete ihre Aufmerksamkeit nach oben und wählte sich ein gut sichtbares Kom-Auge in einem Leuchter aus. »Schau dir diese Ixianer an! Ihre ›Vernunft in einem deterministischen Universum‹ hat einer ›Vernunft in einem grenzenlosen Universum‹ Platz gemacht, in dem alles passieren kann. Kreative Anarchie ist der Pfad zum Überleben in diesem Universum.«
»Vielen Dank für diese Lektion, Mutter Oberin.«
Gesegnet seist du, Suipol.
»Nach all ihren Erfahrungen mit uns«, sagte Suipol, »stellen sie die Treue, die wir einander entgegenbringen, gewiß nicht mehr in Frage.«
Schicksal, behüte sie! Sie ist für die Agonie bereit, und wird sie vielleicht nie erleben!
Odrade konnte der Zusammenfassung der Akoluthe nur zustimmen. Die Übereinstimmung mit den Methoden der Bene Gesserit kam von innen, aus jenen konstant überwachten Einzelheiten, die ihr eigenes Haus in Ordnung hielten. Es war kein philosophischer, sondern ein pragmatischer Überblick des freien Willens. Jede Aussage, laut der die Schwesternschaft sich in einem feindlichen Universum einen eigenen Weg bahnen mußte, überwand das verzagte Festhalten an gegenseitiger Loyalität, eine Übereinkunft, die in der Agonie geschmiedet wurde. Die Ordensburg und ihre wenigen verbliebenen Außenstellen waren der Kinderhort eines Ordens, der auf Teilen und Teilung basierte. Nicht auf Naivität. Dies war ihnen vor langer Zeit verlorengegangen. Sie war in einem ernsthaften politischen Bewußtsein und einem Geschichtsbild aufgegangen, das von Gesetzen und anderen Gebräuchen unabhängig war.
»Wir sind keine Maschinen«, sagte Odrade und sah die sie umgebenden Automaten an. »Wir verlassen uns stets auf politische Zusammenhänge, auch wenn wir nicht wissen, wohin sie uns bringen.«
Tamalane tauchte an ihrer Seite auf. »Glaubst du nicht, sie sollten uns zumindest eine Nachricht zukommen lassen?«
»Sie haben uns schon eine Nachricht zukommen lassen, Tam. Indem sie uns in ein Wohnheim zweiter Klasse gebracht haben. Und ich habe darauf geantwortet.«
40
Am Ende weiß man alles, weil man glauben möchte, daß man alles weiß.
Zensunni-Koran
Teg holte tief Luft. Gammu lag direkt vor ihnen; genau dort, wo es seine Navigatoren vorausgesagt hatten, als sie aus dem Warpraum gekommen waren. Er stand neben der wachsamen Streggi und sah es auf den Bildschirmen der Kommandokapsel seines Flaggschiffes.
Streggi schätzte es nicht, daß er sich
Weitere Kostenlose Bücher