Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten
Küchentür. Das Knirschen von Sand. Reinigungskommandos, die sich über den Sand und ›den verdammten Staub‹ beschwerten.
Odrade musterte die Ursache dieser Irritation durch das Fenster: Südwind. Trüber Dunst, irgendwo zwischen Sonnenlicht und Erdbräune angesiedelt, zog einen Vorhang über den Horizont. Wenn der Wind vorbei war, würde man das, was er mit sich getragen hatte, in Hausecken und auf den Leeseiten der Hügel finden. Er brachte einen feuersteinähnlichen Geruch mit, irgend etwas Alkalisches, das die Nasenschleimhäute reizte.
Odrade schaute auf den Tisch, als eine der Akoluthen vor ihr eine Mahlzeit absetzte.
Sie stellte fest, daß der Tausch mit den Schnellgerichten in ihrem Arbeitszimmer und privaten Speiseraum ihr behagte. Wenn sie allein dort oben aß, brachten die Akoluthen das Essen so still und räumten mit einer solchen lautlosen Effizienz ab, daß sie manchmal überraschend feststellte, daß nichts mehr da war. Hier jedoch bestand die Einnahme der Mahlzeit aus Geschäftigkeit und Konversation. In ihrer Unterkunft tauchte höchstens einmal die Köchin Duana auf und meckerte: »Du ißt nicht genug.« Im allgemeinen beachtete sie derartige Ermahnungen. Wachhunde waren nützlich.
An diesem Abend bestand die Mahlzeit aus Sligfleisch in Soja- und Melassensauce, mit einer Prise Basilikum und Zitrone. Frische grüne Bohnen mit Pfeffer. Gekühlter dunkelroter Traubensaft als Getränk. Sie nahm erwartungsvoll einen Bissen Sligfleisch und fand es passabel. Vielleicht war es für ihren Geschmack etwas zu gar. Die Akoluthenküche hatte sich aber Mühe gegeben.
Warum aber habe ich dieses Gefühl so oft?
Sie schluckte den Bissen hinunter, und ihre Überempfindlichkeit registrierte Zusätze. Diese Nahrung diente nicht nur dazu, die verbrauchte Energie der Mutter Oberin zu ersetzen. Irgend jemand in der Küche hatte sich nach ihrer Nährwerttabelle für diesen Tag erkundigt und ihre Portion darauf abgestimmt.
Nahrung ist eine Falle, dachte sie. Eine zusätzliche Abhängigkeit. Sie schätzte die listigen Methoden der Ordensburg-Küche nicht, die insgeheim ›zum Nutzen der Speisenden‹ den Mahlzeiten heimlich etwas beimischte. Natürlich wußte jeder, daß eine Ehrwürdige Mutter die Zutaten identifizieren und ihren Metabolismus in gewissen Grenzen daran anpassen konnte. Man beobachtete sie jetzt und fragte sich, wie die Mutter Oberin auf das Menü des heutigen Abends ansprach.
Während des Essens hörte sie den anderen Tischgästen zu. Niemand drängte sich ihr auf, weder physisch noch verbal. Die Hintergrundgeräusche nahmen fast den gleichen Charakter an, den sie vor ihrem Eintreten gehabt hatten. Diejenigen, die laut redeten, änderten stets ihren Tonfall, wenn sie eintrat. Sie verhielten sich nun etwas leiser.
Sämtliche Geister, die sie umgaben, waren mit einer unausgesprochenen Frage beschäftigt: Warum ist sie heute abend hier?
Odrade bemerkte in einigen der Akoluthen, die in ihrer Nähe speisten, stille Ehrfurcht; eine Reaktion, die man als Mutter Oberin gelegentlich zu seinem Vorteil ausnutzte. Die Ehrfurcht hatte jedoch einen Knick. Laut den Berichten der Prokuratorinnen tuschelten die Akoluthen untereinander: »Taraza ist in ihr.« Was heißen sollte, daß ihre verstorbene Vorgängerin ihr Fundament war. Die beiden hatten ein historisches Paar abgegeben, sie waren jetzt ein Studium-Muß für die Kandidatinnen.
Dar und Tar, schon jetzt eine Legende.
Selbst Bellonda (die gute, alte, bösartige Bell) näherte sich Odrade aus diesem Grund nur auf Umwegen. Sie griff nur selten frontal an, und wenn sie mit ihr stritt, nur mit verhaltener Stimme. Taraza kam das Verdienst zu, die Schwesternschaft gerettet zu haben. Dies brachte einen Großteil der Opposition zum Schweigen. Taraza hatte gesagt, die Geehrten Matres seien in ihrem Kern Barbaren, und ihre Gewalttätigkeit könne – wenn sie auch nicht gänzlich ablenkbar sei – in eine bestimmte Richtung gesteuert werden. Die Ereignisse hatten dies mehr oder weniger nachgewiesen.
Korrekt bis auf den letzten Punkt, Tar. Keiner von uns hat das Ausmaß ihrer Gewalttätigkeit vorausgeahnt.
Tarazas klassisches Verdienst bestand darin, daß sie vorausgeahnt hatte, wie die Geehrten Matres sich in blutige Massaker verstricken würden, bis das Universum voller potentieller Sympathisanten ihrer vergewaltigten Opfer war.
Wie verteidige ich uns?
Die Frage, ob Verteidigungspläne unzureichend waren, stellte sich nicht so sehr. Sie konnten irrelevant
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