Dune 07 - Die Jäger des Wüstenplaneten
konnte man dem gewaltigen Gottkaiser eine Probe entnehmen? Wenn die Zellen wirklich von ihm stammen, warum wurde er dann nicht als Wesen halb Mensch, halb Sandwurm geboren? Es ist wahrscheinlicher, dass die Zellen aus der Zeit stammen, bevor der junge Leto seine Metamorphose durchmachte. Das bedeutet, dass dieses Kind unschuldig ist, weil seine Zellen einem unschuldigen Körper entnommen wurden. Selbst wenn er seine Erinnerungen zurückbekommt, wird er nicht der verhasste Gottkaiser sein.«
Garimi sah sie mit finsterem Blick an. »Wollen wir es wagen, dieses Risiko einzugehen? Schon als Kinder besaßen Leto II. und seine Zwillingsschwester Ghanima die ungewöhnliche Fähigkeit, in die Zukunft sehen zu können. Ungeachtet aller Einwände ist er dennoch ein Atreides. Er besitzt trotzdem das genetische Material, das zwei gefährliche Kwisatz Haderachs hervorbrachte. Das lässt sich nicht leugnen!« Ihre Stimme wurde zu laut. Als Garimi auf das Kind blickte, das sich nun rührte, sah sie, wie seine klaren, verblüffend intelligenten Augen zu ihr aufschauten. Sein Mund war leicht geöffnet. Leto schien zu wissen, warum sie hier war. Er erkannte sie ... und dennoch zeigte er nicht die leiseste Furcht.
»Wenn er hellseherische Fähigkeiten hat«, sagte Stuka verunsichert, »weiß er vielleicht, was wir mit ihm vorhaben.«
»Genau das Gleiche habe ich auch gerade gedacht.«
Wie auf dieses Stichwort hin piepte ein Überwachungsalarm, und Garimi eilte zu den Kontrollen, um ihn abzuschalten. Sie durfte nicht zulassen, dass die Suk-Ärzte aufmerksam wurden. »Schnell! Uns bleibt keine Zeit mehr. Tu es jetzt – oder ich werde es tun!«
Die andere Frau hob ein dickes Kissen auf. Garimi arbeitete hektisch an der Alarmkonsole, während Stuka das Kissen auf Letos Gesicht drückte, um das Baby zu ersticken.
In dem Moment schrie Stuka auf, und Garimi fuhr herum. Sie sah ein kurzes Aufblitzen von braunen Segmenten, eine sich windende Form, die sich aus der Wiege erhob. Stuka zog sich in panischem Entsetzen zurück. Das Kissen in ihren Händen war zerfetzt, und die Federn wirbelten durch die Luft.
Garimi konnte nicht fassen, was sie sah. Sie schien ein Doppelbild wahrzunehmen, als würden sich zwei unterschiedliche Szenen gleichzeitig an derselben Stelle abspielen. Ein aufgerissenes segmentiertes Maul mit winzigen kristallinen Zähnen bewegte sich in der Wiege und schlug nach der breitschultrigen Frau. Blut spritzte. Stuka schnappte entsetzt nach Luft und hielt sich die linke Seite. Ihr Gewand war aufgerissen, und darunter klaffte eine Wunde bis auf die Rippen.
Garimi taumelte zu ihr, doch als sie das kleine Bett erreichte, sah sie nur noch den Säugling völlig ruhig daliegen. Leto blickte sie reglos mit seinen hellen Augen an.
Stuka unterdrückte ihre Schreie und setzte ihre Fähigkeiten als Bene Gesserit ein, um die Blutung zu unterbinden. Sie kämpfte um ihr Gleichgewicht, während sie sich von der Wiege zurückzog, die Augen weit aufgerissen. Garimis Blick wechselte von ihr zum Kind in der Wiege. Hatte sie wirklich gesehen, wie sich Leto in einen Sandwurm verwandelt hatte?
Es gab keine Bilder von den Überwachungssystemen. Garimi würde niemals beweisen können, was sie gesehen zu haben glaubte. Aber wie sonst ließ sich Stukas Verletzung erklären?
»Was bist du, kleiner Tyrann?« Garimi konnte weder an den Fingern noch am Mund des Säuglings Blut erkennen. Leto sah sie an und blinzelte.
Die Tür zum Kinderhort flog auf, und Duncan Idaho stürmte herein, gefolgt von Sheeana und zwei Proctoren. Duncan blieb stehen und blickte mit wütender Miene auf das Blut, das zerfetzte Kissen, das Baby in der Wiege. »Was bei den sieben Höllen tun Sie hier?«
Garimi ging auf größeren Abstand zur Wiege, besorgt, dass sich der kleine Leto erneut in einen Wurm verwandelte und angriff. Als sie in Duncans funkelnde Augen blickte, hätte sie sich beinahe zu einer Lüge hinreißen lassen und erzählt, dass Stuka das Baby töten wollte und sie, Garimi, rechtzeitig eingetroffen war, um das Kind zu retten. Aber diese Lüge würde bei genauerer Nachforschung rasch in sich zusammenfallen.
Stattdessen reckte sie die Schultern. Eine Suk-Ärztin, die durch Duncans Alarm aufmerksam geworden war, traf ein. Nachdem sie das Baby untersucht hatte, ging sie zu Stuka, die erschöpft zusammengebrochen war. Sie zog das zerrissene Gewand zurück und legte die tiefe Wunde frei, die stark geblutet hatte, bevor es Stuka unter großem Kraftaufwand gelungen
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