Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
Speisesaal machte. Überraschend trat Leto II. aus einem Lift, allein und still wie immer. Der Zwölfjährige streifte häufig allein durch die Räume des Nicht-Schiffes. Nun sah er die beiden Frauen und blinzelte, aber er sprach sie nicht an. Ein sehr seltsames, nachdenkliches Kind.
Bevor Sheeana eingreifen konnte, marschierte die Proctor Superior auf Leto zu, in steifer und einschüchternder Haltung. Garimi hatte ein neues Ziel für ihre Wut und Verzweiflung gefunden. »Nun, Tyrann, wo ist dein Goldener Pfad? Wohin hat er uns geführt? Wenn du wirklich die Gabe der Prophezeiung besitzt, warum hast du uns nicht vor den Geehrten Matres oder dem Feind gewarnt?«
»Ich weiß es nicht.« Der Junge wirkte aufrichtig verblüfft. »Ich erinnere mich nicht.«
Garimi musterte ihn angewidert. »Und was wird sein, wenn du dich erinnerst? Möchtest du wieder der Gottkaiser sein, der größte Schlächter der gesamten Menschheitsgeschichte? Sheeana glaubt, dass du uns retten kannst, aber ich sage, dass der Tyrann uns genauso mühelos vernichten könnte. Darin bist du am besten. Ich will dich oder dein monströses Ego nicht wiederhaben, Leto II. Dein Goldener Pfad ist eine Sackgasse, die im Sumpf endet.«
»Es ist nicht der Goldene Pfad dieses Jungen«, sagte Sheeana und nahm den Arm der Frau in festen Griff. »Lass ihn in Ruhe.«
Leto machte einen schnellen Ausweichschritt, flitzte um sie herum und flüchtete durch den Korridor. Garimi sah Sheeana triumphierend an, für die sie nicht mehr als eine Närrin war, die sich durch ihre irrationale Reaktion selbst unglaubwürdig gemacht hatte.
* * *
Ihm brannten die Augen und Ohren von den Anschuldigungen der Proctor Superior, aber Leto war nicht gewillt, deswegen auch nur eine einzige Träne zu vergießen. Ein weiser Mensch verschwendete kein Wasser, um darin seine Emotionen zu ertränken. Das wusste er noch vom alten Wüstenplaneten. Während er sich von Sheeana und der unerträglichen Proctor Superior entfernte – und von allen, die zu wissen glaubten, was sie von ihm zu erwarten hatten –, verwehrte sich der Junge stumm gegen das, was Garimi gesagt hatte, und versuchte zu verdrängen, was er selbst wusste.
Ich war der Gottkaiser, der Tyrann. Ich habe den Goldenen Pfad begründet ... aber solange mein Gedächtnis blockiert ist, verstehe ich gar nicht richtig, was das alles zu bedeuten hat! Obwohl er sehr viel über sein erstes Leben gelernt hatte, fühlte sich Leto einfach nur wie ein zwölfjähriges Kind, das nie darum gebeten hatte, wiedergeboren zu werden.
Er fuhr mit der Transportbahn zu den untersten Decks und suchte nach einem Ort, wo er sich geborgener und sicherer fühlte. Zuerst überlegte er, ob er sich in den tosenden Wind der Luftzirkulationsanlage schleichen sollte, aber seit den strengen Sicherheitsmaßnahmen, die Bashar Teg und Letos Freund Thufir in Kraft gesetzt hatten, war überall der Zugang versperrt.
Vor seiner unangenehmen Begegnung mit Garimi hatte Leto beabsichtigt, in die Trainingsräume zu gehen, wo Thufir seine regelmäßigen Übungen abhielt. Obwohl der andere Ghola-Junge bereits siebzehn war und seinen Pflichten nachkommen musste, maß er sich häufig im Kampf mit Leto. Er war zwar deutlich jünger und kleiner, konnte sich aber gut gegen einen größeren und stärkeren Gegner behaupten. In den vergangenen Jahren hatten sie sich anspruchsvolle Kämpfe geliefert.
Doch in diesem Moment hatte Leto das Bedürfnis, allein zu sein. Er erreichte den untersten Bereich des Schiffes und stand vor dem Haupteingang zum riesigen Frachtraum. Die Überwachungskameras mussten ihn längst bemerkt haben. Er schluckte. Er hatte sich noch nie allein hineingewagt, obwohl er die gefangenen Sandwürmer schon stundenlang durch die Plazscheiben beobachtet hatte.
Zwei junge Wachen standen im Korridor vor dem Zugang zum Frachtdeck. Als sie den Jungen sahen, spannten sie sich an. »Hier ist der Zutritt verboten.«
»Auch für mich? Wisst ihr nicht, wer ich bin?«
»Du bist Leto, der Tyrann, der Gottkaiser«, sagte die junge Frau, als würde sie die Frage einer Proctor Superior beantworten. Sie war Debray, eine der Töchter der Bene Gesserit, die nach der Flucht des Nicht-Schiffes im Weltraum geboren worden waren.
»Und diese Würmer sind ein Teil von mir. Erinnert ihr euch nicht an die Geschichtsstunden?«
»Sie sind gefährlich«, sagte der Mann. »Du solltest nicht hineingehen.«
Leto betrachtete das Paar gelassen. »Doch, ich sollte. Vor allem jetzt. Ich
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