Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Vorfreude.
Ohne übertriebene Brutalität warf Yresk ihn in einen leeren Käfig und schaltete das Kraftfeld ein, um ihn darin einzusperren. Duncan fiel auf zertrampeltes Stroh, an dem Reste von grün-braunem Dung klebten.
»Dort kannst du dich beruhigen, bis das Fest vorbei ist«, sagte Yresk mit strengem Blick. »Ich hätte wissen müssen, das wir von dir nur Ärger zu erwarten haben. Einem Harkonnen-Sympathisanten.«
»Aber ich hasse die Harkonnens!« Duncan sprang auf und zitterte vor Wut. Sein seidenes Kostüm war ruiniert. Er warf sich genauso wie der Stier gegen das Kraftfeld, aber dieser Versuch war gleichermaßen sinnlos.
Yresk brachte seine Kleidung in Ordnung und ging zu den Toren, wo der paseo Aufstellung bezogen hatte. Dann warf ihm der Stallmeister noch einen Blick über die Schulter zu. »Du bist nur hier, weil der Herzog einen Narren an dir gefressen hat, Stallratte. Aber ich leite diese Ställe seit nunmehr fast zwanzig Jahren, und ich weiß, was ich tue. Gib endlich Ruhe – ich habe zu arbeiten!«
Im Käfig neben Duncan kochte der salusanische Stier wie ein Kessel, der unmittelbar vor der Explosion stand.
* * *
Herzog Paulus Atreides stand im Zentrum der Arena und spürte, wie ringsum die im Boden gespeicherte Wärme aufstieg. Er drehte sich langsam im Kreis und ließ sich von der Begeisterung der Menge anstecken. Er zeigte dem Volk ein breites, zuversichtliches Lächeln. Die Menschen antworteten mit lautem Jubel. Sie liebten es so sehr, von ihm unterhalten zu werden!
Paulus schaltete seinen Körperschild ein. Bei der gewählten Einstellung war er nur teilweise geschützt und musste sich konzentriert bewegen, um nicht verletzt zu werden. Das Risiko trieb ihn an, sich alle Mühe zu geben, und es sorgte für größere Spannung bei den Zuschauern. In der Hand hielt er die muleta, ein farbiges Tuch an einer Stange, mit dem er das angreifende Tier ablenken und von einer direkten Attacke gegen seinen Körper abhalten würde.
Die langen, mit giftigen Widerhaken versehenen banderillas waren an der Stange befestigt, wo Paulus sie ohne Schwierigkeiten erreichen konnte. Wenn er in die Nähe des salusanischen Stiers gelangte, würde er sie ihm in die Nackenmuskeln stoßen, worauf das Tier allmählich durch ein Nervengift geschwächt wurde, bis er schließlich den Gnadenstoß ausführen konnte.
Paulus war durch zahlreiche Auftritte, die häufig zu großen caladanischen Feiertagen stattfanden, bestens mit all diesen Dingen vertraut. Vor einer Menschenmenge lief er zur Höchstform auf, und es machte ihm Spaß, seinen Mut und sein Geschick zu demonstrieren. Das war seine Methode, seinen Untertanen für ihre Ergebenheit zu danken. Und es war eine Metapher für seine Herrschaft, die ebenfalls mit ständigen Risiken verbunden war. Er hoffte, dass Rhombur und Kailea Spaß an der Vorstellung hatten und sich etwas heimischer fühlten.
Nur ein einziges Mal hatte sich Paulus in jungen Jahren wirklich bedroht gefühlt: Ein recht träger Stier hatte ihn dazu verleitet, während eines Übungskampfes den Schild auszuschalten, worauf sich das Tier plötzlich in einen Wirbelsturm aus Hörnern und Hufen verwandelt hatte. Diese mutierten Geschöpfe waren nicht nur aggressiv, sondern mit ihren zwei Gehirnen gar nicht so dumm, und Paulus hatte den Fehler begangen, diesen Punkt zu vergessen – aber nur ein einziges Mal. Der Stier hatte ihn mit den Hörnern attackiert und ihm die Seite aufgerissen. Paulus war in den Sand gestürzt und wäre zu Tode getrampelt worden, wenn er nicht gemeinsam mit einem viel jüngeren Thufir Hawat trainiert hätte.
Als der Mentat die Gefahr erkannte, hatte er sofort jede Rücksicht auf die Stierkampfetikette vergessen und sich mit bloßen Händen auf das Tier gestürzt. Im Verlauf des folgenden Kampfes hatte der Stier dem Assassinen eine tiefe Wunde ins Bein gerissen. Die gezackte Narbe besaß Hawat bis heute, und sie war zu einer dauerhaften Erinnerung an das Pflichtbewusstsein des Mentaten gegenüber seinem Herzog geworden.
Unter dem bewölkten Himmel und inmitten seiner Untertanen gab Paulus nun ein Zeichen und nahm einen langen, tiefen Atemzug. Eine Fanfare kündigte den Beginn des Kampfes an.
Das Haus Atreides war weder die mächtigste noch die wohlhabendste Familie im Landsraad. Dennoch verfügte Caladan über zahlreiche Ressourcen: Pundi-Reisfelder, reiche Fischgründe und Seetang in den Meeren, Obst und Gemüse von den Ackerflächen und handgefertigte Musikinstrumente und
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