Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Gelegenheit hatte Kailea Vernius Seidentücher und Schleifen, farbenfrohe Schleier und ein fließendes Gewand angelegt, das die Näherinnen der Atreides speziell für sie angefertigt hatten. Leto fand sie atemberaubend.
Der trübe Himmel drohte zwar nicht mit Regen, aber die Temperatur war merklich gesunken und die Luft feucht. Selbst hier oben konnte er den Geruch nach Staub und altem Blut in der Arena, nach den dichtgedrängten Menschenmassen und dem Stein der Säulen und Bänke wahrnehmen.
In einer großartigen Ankündigung, die vom Netzwerk der Nachrichtenausrufer über ganz Caladan verbreitet worden war, hatte Herzog Paulus Atreides diesen Stierkampf den Kindern des Hauses Vernius gewidmet. Er wollte ihnen zu Ehren in die Arena treten, als Symbol ihres Kampfes gegen die illegale Besetzung von Ix und das Kopfgeld, das auf ihre Eltern Graf Dominic und Lady Shando ausgesetzt worden war.
Neben Leto beugte sich Rhombur neugierig vor, das eckige Kinn auf die Hände gestützt, als er auf den festgetrampelten Sand der Arena hinunterblickte. Sein blondes Haar war geschnitten und gekämmt, aber irgendwie wirkte es immer noch zerzaust. Mit großer Vorfreude und einiger Besorgnis um die Sicherheit des alten Herzogs warteten sie auf den paseo, die einleitende Parade, die vor dem eigentlichen Kampf stattfand.
Bunte Fahnen hingen in der feuchten Luft, neben den Falkenwappen über der Atreides-Loge. In diesem Fall jedoch hatte das Oberhaupt des Hauses nicht auf dem speziellen Sitz Platz genommen, sondern befand sich draußen in der Arena, als Akteur und nicht als Zuschauer.
Ringsum war die Plaza de Toros vom summenden Raunen der zahlreichen Zuschauer erfüllt. Die Menschen winkten und jubelten. Eine Kapelle spielte auf Balisets, Steinflöten und Blechblasinstrumenten anfeuernde Musik, die die erregte Stimmung noch steigerte.
Leto blickte sich zu den Wachen um und lauschte der Musik sowie dem fröhlichen Lärm der Menge. Er fragte sich, warum seine Mutter so lange brauchte. Bald würde das Volk ihre Abwesenheit bemerken.
Endlich traf Lady Helena inmitten einer Schar von Dienerinnen ein. Sie bewegte sich in tadelloser Haltung und mit erhobenem Kopf durch die Zuschauermenge, obwohl ihr Gesicht von Schatten verdunkelt war. Die Dienerinnen blieben am Aufgang zur Fürstenloge zurück und nahmen dann ihre Plätze in den unteren Rängen ein.
Ohne ein Wort an ihren Sohn zu richten oder auch nur ihren Gästen einen Blick zuzuwerfen, ließ sich Helena auf dem hohen geschnitzten Stuhl neben dem leeren Sitz nieder, der dem Herzog für jene Gelegenheiten vorbehalten war, wenn er als Zuschauer in die Arena kam. Sie hatte eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung die Kapelle aufgesucht, um mit ihrem Gott Zwiesprache zu halten. Es war Tradition, dass auch der Matador vor dem Kampf eine religiöse Andacht hielt, aber Herzog Paulus lag mehr daran, seine Ausrüstung zu überprüfen und sich warm zu machen.
»Ich musste für deinen Vater beten, dass er nicht für seine Dummheit bestraft wird«, murmelte sie mit einem Seitenblick auf Leto. »Ich musste für uns alle beten. Irgendwer muss es ja tun.«
Leto lächelte seiner Mutter zaghaft zu. »Ich bin sicher, er weiß es zu schätzen.«
Sie schüttelte den Kopf, seufzte und blickte in die Arena hinunter, wo die Trompeten eine laute Fanfare spielten. Die schallenden Töne überlagerten sich mit den Echos, die aus den Lautsprechern rund um die Plaza de Toros drangen.
Stalljungen in prächtiger Kleidung liefen über den Sand und wedelten mit farbigen Wimpeln. Kurz darauf erfolgte der große Auftritt des Herzogs, als er auf einem frisch gestriegelten weißen Hengst herausgeritten kam. Der Kopf des Tieres war mit grünen Federbüschen geschmückt, und weiße Bänder an der Mähne des Pferdes umflatterten die Arme und Hände des Reiters.
Der Herzog trug ein schneidiges schwarz-rotes Kostüm mit Pailletten, eine smaragdgrüne Schärpe und den traditionellen Hut eines Matadors, der mit winzigen Atreides-Wappen verziert war, die die Anzahl der von ihm erlegten Stiere symbolisierten. Weite Ärmel und Pantalones verbargen die Apparaturen für seinen Körperschutzschild. Ein strahlend purpurroter Mantel hing auf seinen Schultern.
Leto suchte in den Gestalten auf dem Platz nach dem Gesicht des Stalljungen Duncan Idaho, der sich so furchtlos als Arbeiter für den Herzog beworben hatte. Eigentlich musste er sich im paseo befinden, aber Leto konnte ihn nirgendwo sehen.
Der weiße Hengst schnaubte und
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