Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Oberin es sehen konnte. Selbst die Stimmen der Weitergehenden Erinnerungen jubelten über diesen Erfolg. Alle Anwesenden strahlten begeistert über diese lange erwartete Geburt. Das Kind strampelte aufgeregt.
Schwestern rieben Mutter und Neugeborenes mit Handtüchern trocken und gaben Mohiam Saft zu trinken, um ihren Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Anirul reichte ihr das Baby. Mohiam, die immer noch von der anstrengenden Niederkunft schwer atmete, nahm das Mädchen an und betrachtete es. Auf ihrem Gesicht erschien ein stolzes Lächeln, das völlig untypisch für sie war.
»Dieses Kind soll den Namen Jessica tragen. Das bedeutet ›Reichtum‹«, verkündete Mohiam. Als sich die übrigen Schwestern zurückzogen, starrte sie Anirul und Harishka an, die zu ihr getreten waren. In gerichtetem Flüstern, das nur sie hören konnten, sagte sie: »Ich weiß, dass dieses Kind ein Teil des Kwisatz-Haderach-Programms ist. Die Stimmen der Weitergehenden Erinnerungen haben es mir verraten. Ich hatte eine Vision, und ich weiß, welche schreckliche Zukunft uns bevorsteht, wenn dieses Kind unsere Erwartungen nicht erfüllt.«
Anirul und die Mutter Oberin tauschten einen beunruhigten Blick. Harishka schien zu hoffen, dass diese Offenbarung die Rolle der Kwisatz-Mutter innerhalb des Programms schwächen könnte, und antwortete ebenfalls flüsternd: »Du stehst unter dem Schweigegebot. Dein Kind soll die Großmutter des Kwisatz Haderach werden.«
»Das habe ich mir bereits gedacht.« Mohiam ließ sich auf das Kissen zurücksinken, um sich des Ausmaßes dieser Bestimmung bewusst zu werden. »Schon bald ...«
Außerhalb des Gebäudes ertönte Applaus und Jubel, als sich die Nachricht von der Geburt durch den Komplex der Schwesternschaft verbreitete. Auf den Galerien über den Bibliotheksenklaven und in den Diskussionsräumen sammelten sich Akoluthen und Lehrerinnen, um das glückliche Ereignis zu feiern, obwohl nur einer Handvoll die wahre Bedeutung dieses Kindes für das Zuchtprogramm bekannt war.
Gaius Helen Mohiam gab das Baby an die Hebammen weiter. Sie wollte keine mütterliche Bindung aufbauen, die von den Bene Gesserit ohnehin untersagt war. Obwohl sie nicht die Selbstbeherrschung verlor, fühlte sie sich erschöpft, zutiefst müde und alt. Diese Jessica war die zehnte Tochter, die sie für die Schwesternschaft zur Welt gebracht hatte, und sie hoffte, dass sie damit nun ihre Gebärpflichten erfüllt hatte. Sie blickte zur jungen Ehrwürdigen Mutter Anirul Sadow Tonkin auf. Wie konnte sie ihre Leistung noch übertreffen? Jessica ... ihre Zukunft.
Es ist ein großes Glück, an diesem Augenblick teilhaben zu dürfen, dachte Anirul, als sie auf die erschöpfte Mutter hinabschaute. Es kam ihr irgendwie seltsam vor, dass von allen Schwestern, die seit Tausenden von Jahren auf das Ziel hingearbeitet hatten, die nun in den Weitergehenden Erinnerungen ebenfalls anwesend waren, ausgerechnet sie diejenige war, die Jessicas Geburt betreute. Anirul würde dieses Kind persönlich durch die Jahre der Ausbildung führen, bis zum entscheidenden Moment der sexuellen Vereinigung, die nötig war, um das Zuchtprogramm in die vorletzte Phase eintreten zu lassen.
Das Baby hatte inzwischen zu schreien aufgehört und lag friedlich in eine Decke gehüllt in der wohligen Wärme seines schützenden Bettes.
Anirul sah durch die Plazscheibe und versuchte sich vorstellen, wie Jessica als erwachsene Frau aussehen mochte. Im Geist verlängerte sie das Gesicht des Babys, bis sie das Bild einer hochgewachsenen Lady von großer Schönheit vor sich sah. Sie hatte die adligen Züge ihres Vaters, des Barons Harkonnen, sowie seine vollen Lippen und glatte Haut. Der Baron würde seiner Tochter niemals begegnen oder jemals ihren Namen erfahren, denn ihre Identität sollte fortan eins der bestgehüteten Geheimnisse der Bene Gesserit sein.
Wenn Jessica erwachsen war, würde ihr eines Tages befohlen werden, eine Tochter zu gebären, und dieses Kind musste dem Sohn von Abulurd Harkonnen vorgestellt werden, dem jüngsten Halbbruder des Barons. Zur Zeit hatten Abulurd und seine Frau nur einen Sohn, Rabban, aber Anirul hatte bereits etwas in die Wege geleitet, das sie veranlassen sollte, weitere Kinder zu haben. Dadurch wurden die Chancen verbessert, dass mindestens ein männliches Kind lange genug überlebte. Außerdem war es günstiger im Hinblick auf die genetische Selektion und die Wahrscheinlichkeit einer sexuellen Verbindung.
Anirul hatte nach wie vor den
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