Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Dritten Kohlensack-Krieges zerstört worden waren, lebten die Waykus nun als Nomaden an Bord von Gilde-Heighlinern. Obwohl es den Mitgliedern gemäß der uralten Kapitulationsbedingungen untersagt war, jemals ihren Fuß auf einen Planeten des Imperiums zu setzen, hatte die Gilde ihnen aus unerfindlichen Gründen Asyl gewährt. Seit vielen Generationen hatten die Waykus kein Interesse gezeigt, ein Gnadengesuch an den Imperator einzureichen, um die schweren Restriktionen zu lindern, die ihnen auferlegt worden waren.
Als er durch das Fenster des Passagierraums nach draußen blickte, sah Leto die schwach erleuchtete Ladebucht des Heighliners, ein so gewaltiger luftleerer Raum, dass dieses Passagierschiff im Vergleich noch kleiner wirkte als ein Pundi-Reiskorn im Bauch eines Fisches. Hoch oben konnte er die Decke erkennen, aber nicht die viele Kilometer entfernten Wände. Weitere Schiffe in allen Größen waren in den Andockbuchten aufgereiht: Fregatten, Frachtschlepper, Shuttles, Leichter und gepanzerte Monitoren. Pakete aus »Prallboxen« – unbemannte Frachteinheiten, die aus dem niedrigen Orbit direkt auf die Oberfläche eines Planeten abgeworfen wurden – ballten sich neben den großen Hauptschleusen.
In jedem Raum hingen die in ridulianischen Kristall gravierten Gilde-Vorschriften an der Wand, die es den Passagieren verboten, ihr jeweiliges Schiff zu verlassen. Durch angrenzende Fenster erhaschte Leto einen gelegentlichen Blick auf die Passagiere anderer Schiffe – ein Potpourri verschiedenster Rassen, die zu allen Teilen des Imperiums befördert wurden.
Nachdem das Wayku-Personal den ersten Rundgang durch die Sitzreihen abgeschlossen hatte, warteten die Passagiere, dass es weiterging. Die eigentliche Reise durch den Warpraum dauerte nicht länger als eine Stunde, aber die Vorbereitungen nahmen manchmal Tage in Anspruch.
Leto bemerkte ein schwaches Summen, das aus weiter Ferne zu kommen schien. Er spürte es in jedem Muskel seines Körpers. »Anscheinend geht es los«, sagte er zu den Soostein-Händlern, die nicht im Geringsten beeindruckt schienen. Aus der Art, wie sie rasch den Blick abwandten und ihn geflissentlich zu ignorieren versuchten, schloss Leto, dass sie ihn für einen unkultivierten Bauerntölpel hielten.
In einer isolierten Kammer ganz oben im Raumschiff machte sich in diesem Augenblick ein Gilde-Navigator, der in einem mit Melange gesättigten Gastank schwamm, daran, den Raum mit seinem Geist zu erfassen. Er projizierte einen sicheren Weg durch das Gewebe des Warpraums, um den Heighliner mitsamt allem Inhalt über eine unvorstellbare Distanz zu befördern.
Während ihres letzten gemeinsamen Abendessens in der Burg hatte sich Letos Mutter laut gefragt, ob die Navigatoren möglicherweise gegen das Butlersche Verbot der Interaktion zwischen Mensch und Maschine verstießen. Mit dieser scheinbar unschuldigen Bemerkung während des Gangs aus gegrilltem Fisch mit Zitrone hatte sie ganz klar auf Letos Reise nach Ix und seine moralische Gefährdung angespielt. Sie sprach häufig in einem besonders vernünftigen Tonfall, wenn sie sehr provokante Dinge von sich gab. Die Wirkung war die eines großen Steins, der in einen stillen Teich fiel.
»Das ist Unsinn, Helena!«, hatte Paulus gesagt, während er sich mit einer Serviette den Bart abwischte. »Wo wären wir ohne die Navigatoren?«
»Eine Sache wird nicht dadurch richtig, dass du dich daran gewöhnt hast, Paulus. In der Orange-Katholischen Bibel heißt es nicht, dass die Moral durch persönliche Vorteile definiert ist.«
Bevor sein Vater einen Streit über diesen Punkt beginnen konnte, meldete sich Leto zu Wort. »Ich dachte, die Navigatoren würden lediglich einen Weg suchen, einen sicheren Weg erkennen, während das Raumschiff selbst von Holtzman-Generatoren angetrieben wird.« Er beschloss, ein Zitat aus der Bibel hinzuzufügen, an das er sich erinnerte. »Der höchste Herrscher der materiellen Welt ist der menschliche Geist, und die Tiere des Feldes und die Maschinen der Stadt müssen sich ihm für immer unterwerfen.«
»Natürlich, mein Schatz«, sagte seine Mutter und ließ das Thema fallen.
Nun bemerkte er keine Veränderung in seinen Empfindungen, als sie in den Warpraum eintraten. Bevor Leto sich versah, hatte der Heighliner ein anderes Sonnensystem erreicht – laut Routenplan handelte es sich um Harmonthep.
Dort musste Leto wieder fünf Stunden warten, während Frachtschiffe und Shuttles die Ladebucht des Heighliners verließen und
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