Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
über dem Landefeld von Cala schwebte. Vier weiße Möwen flatterten hektisch, als sie in den aufgewirbelten Luftstrom des Shuttles gerieten, bis sie kreischend zur Meeresküste davonflogen.
Rund um das Shuttle flimmerte ein Kraftfeld, das schließlich erlosch. An der Umzäunung des Raumhafens wehten Fahnen in der salzigen Morgenbrise. Das Shuttle, ein weißes, geschossförmiges Fahrzeug, schwebte über das Landefeld zur Rampe, auf der Leto und seine Eltern ein Stück von der Ehrengarde entfernt Aufstellung bezogen hatten. Am Rand des Landefeldes hatte sich eine Menge aus winkenden und laut rufenden Schaulustigen versammelt. Das Shuttle koppelte an die Rampe an, und im Rumpf öffnete sich ein Tor.
Seine Mutter trat vor, um sich von ihm zu verabschieden, indem sie ihn wortlos umarmte. Sie hatte trotzig damit gedroht, das Ereignis von einem Turm der Burg Caladan aus zu verfolgen, aber Paulus hatte sie überredet, persönlich zugegen zu sein. Die Menge jubelte und wünschte alles Gute für die Reise. Herzog Paulus und Lady Helena traten Hand in Hand vor und winkten den Menschen zum Dank zu.
»Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe«, erinnerte Paulus seinen Sohn an die ausführlichen Ratschläge, die er ihm in den vergangenen Tagen erteilt hatte. »Lerne von Ix, lerne von allem .«
»Aber benutze dein Herz, um zu erkennen, was wahr ist«, fügte seine Mutter hinzu.
»Das werde ich immer tun«, versprach er. »Ich werde euch beide vermissen. Ich werde mich darum bemühen, dass ihr stolz auf mich seid.«
»Das sind wir jetzt schon, Junge.« Paulus kehrte zur offiziellen Eskorte zurück. Er salutierte seinem Sohn auf Atreides-Art – mit der flachen Hand an der Schläfe – und die Soldaten schlossen sich dem Gruß an. Dann stürmte Paulus noch einmal vor und schloss seinen Sohn ein letztes Mal in die Arme ...
Wenige Augenblicke später erhob sich das von einem Robopiloten gesteuerte Shuttle über die schwarzen Klippen, die Ackerflächen, die aufgewühlte See und die Wolken Caladans. Leto hatte auf dem Beobachtungsdeck in einem eleganten Polstersessel Platz genommen und blickte durch eine Luke auf den Planeten. Als das Schiff die indigoschwarze Finsternis des Alls erreichte, sah er kurz darauf die metallische Insel des Gilde-Heighliners, auf dessen Hülle sich das Sonnenlicht spiegelte.
Während sie immer näher kamen, tat sich an der Unterseite ein klaffendes schwarzes Loch auf. Leto schnappte nach Luft, als das gigantische Schiff das Shuttle verschluckte. Er erinnerte sich an eine Szene aus einem Filmbuch über Arrakis, in der ein Sandwurm eine Erntefabrik verschlang. Dieser Vergleich beunruhigte ihn.
Das Shuttle legte an einem Wayku-Passagierschiff an, das in einer zugewiesenen Bucht im riesigen Stauraum des Heighliners angedockt hatte. Leto ging an Bord, gefolgt von seinen schwebenden Koffern, und nahm sich vor, alle Ratschläge seines Vaters zu beherzigen.
Lerne von allem. Seine Unsicherheit wurde von entschlossener Neugier verdrängt, als Leto über eine Treppe in den Hauptpassagierraum stieg, wo er sich einen Platz neben einem Fenster suchte. In seiner Nähe saßen zwei Soostein-Händler, die sich in schneller, mit Jargon durchsetzter Sprache unterhielten. Der alte Paulus hatte gewollt, dass Leto lernte, aus eigener Kraft zurechtzukommen. Um die Erfahrung zu vertiefen, reiste Leto als gewöhnlicher Passagier, ohne besonderen Komfort, ohne Pomp oder Gefolge, ohne jeden Hinweis, dass er der Sohn eines Herzogs war.
Seine Mutter war entsetzt gewesen.
An Bord des Schiffes gingen Wayku-Verkäufer mit dunklen Brillen und Ohrhörern von Passagier zu Passagier, um Naschwerk und parfümierte Getränke zu exorbitanten Preisen anzubieten. Leto wimmelte einen hartnäckigen Verkäufer ab, obwohl die salzige Gewürzbrühe und die gegrillten Fleischstäbchen köstlich rochen. Er bemerkte, dass die Hörer des Mannes laute Musik spielten, während sich Kopf, Schultern und Füße im Rhythmus der Klänge bewegten, die ihm ins Gehirn gespeist wurden. Die Waykus machten ihre Arbeit und kümmerten sich um die Kunden, während es ihnen gelang, gleichzeitig in einer eigenen Welt der kakophonischen Reizüberflutung zu leben. Ihr inneres Universum war ihnen wichtiger als jedes Spektakel, das die Außenwelt zu bieten hatte.
Das Massentransitschiff, das von den Waykus in Gilde-Lizenz betrieben wurde, beförderte Passagiere von einem System zum nächsten. Nachdem das Haus in Ungnade gefallen war und all seine Planeten während des
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