Dune - Frühe Chroniken 02 - Das Haus Harkonnen
musst überglücklich sein. Du hast dieses Mädchen seit langer Zeit begehrt, nicht wahr?«
Er lächelte, aber in Liets Augen flammte Zorn auf, als hätte sein Vater ihm soeben einen unfairen Schlag versetzt. »Warum quälst du mich, Vater? Meinst du, ich habe noch nicht genug gelitten?«
Verdutzt wich Pardot zurück und ließ seinen Sohn los. »Wie meinst du das? Ich möchte dir nur zu deiner Hochzeit gratulieren. Ist sie nicht die Frau, mit der du schon immer Zusammensein wolltest? Ich dachte ...«
» Nicht auf diese Weise! Wie kann ich glücklich sein, wenn ein solcher Schatten über uns liegt? Vielleicht schwindet er in den nächsten Jahren, aber jetzt empfinde ich nur tiefen Schmerz.«
»Aber ...«
Pardots Gesicht verriet Liet alles, was er wissen musste. »Du verstehst überhaupt nichts, nicht wahr, Vater? Der große Umma Kynes!« Er lachte verbittert. »Du mit deinen Pflanzungen, deinen Dünen, deinen Wetterstationen und deinen Klimatabellen. Du bist so blind, dass du mir Leid tust.«
Die Gedanken des Planetologen rasten. Er versuchte den wütenden Worten eine Bedeutung zuzuordnen. »Warrick ... dein Freund.« Dann hielt er inne. »Es war doch nicht deine Schuld, dass er im Sturm gestorben ist, oder?«
»Vater, du hast überhaupt nichts mitbekommen.« Liet ließ den Kopf hängen. »Ich bin stolz auf deine Visionen. Aber du betrachtest unsere Welt lediglich als Experimentierfeld, auf dem du mit Theorien spielen kannst, auf dem du Daten sammelst. Siehst du nicht, dass du es nicht mit Experimenten, sondern mit wirklichen Ereignissen zu tun hast? Dass wir keine Versuchspersonen, sondern wirkliche Menschen sind? Es sind Fremen. Sie haben dich aufgenommen, dir ein neues Leben gegeben, dir einen Sohn geschenkt. Ich bin ein Fremen .«
»Das bin ich auch«, erwiderte Pardot entrüstet.
Mit heiserer Stimme, die so leise war, dass niemand sonst sie hören konnte, sagte Liet: »Du benutzt sie nur.«
Pardot war so verblüfft, dass er nicht antworten konnte.
Liet sprach wieder lauter. Er wusste, dass die Fremen Teile dieses Streits mithören und sich über die Reibungen zwischen ihrem Propheten und seinem Erben Sorgen machen würden. »Du hast mein ganzes Leben lang zu mir gesprochen, Vater. Doch wenn ich mir unsere Gespräche ins Gedächtnis rufe, dann erinnere ich mich nur daran, wie du wissenschaftliche Berichte zitiert und über neue Stadien der botanischen Anpassung referiert hast. Wann hast du dich mit mir über meine Mutter unterhalten? Wann hast du einmal als Vater zu mir gesprochen und nicht als ... Fachkollege?«
Liet schlug sich mit der Faust auf die Brust. »Dein Traum lebt auch in mir. Auch ich sehe die Wunder, die du in einigen versteckten Winkeln der Wüste vollbracht hast. Auch ich erkenne das Potenzial, dass unter dem Sand von Dune verborgen liegt. Doch selbst wenn du jemals alles erreichen solltest, was du dir wünschst ... würdest du es überhaupt bemerken? Versuche deinen Plänen ein menschliches Antlitz zu geben und denke an jene, die einst die Früchte deiner Bemühungen ernten werden. Schau in das Gesicht eines Kindes. Schau in die Augen einer alten Frau. Lebe dein Leben, Vater!«
Hilflos ließ sich Pardot auf eine Bank an der Felswand sinken. »Ich ... ich habe es doch nur gut gemeint«, sagte er mit belegter Stimme und sah seinen Sohn mit Scham und Verwirrung in den Augen an. »Du bist wahrlich mein Nachfolger. Gelegentlich habe ich gezweifelt, ob du jemals genug von der Planetologie verstehen wirst ... doch nun erkenne ich, dass ich mich getäuscht habe. Du verstehst viel mehr, als ich jemals hoffen kann zu lernen.«
Liet setzte sich zu seinem Vater auf die Bank. Zögernd legte der Planetologe eine Hand auf die Schulter seines Sohnes. Diesmal fiel die Geste wesentlich überzeugender aus. Liet griff nach der Hand und starrte mit der Verblüffung eines Fremen auf die Tränen, die seinem Vater über die Wangen liefen.
»Du bist wahrlich mein Nachfolger als Imperialer Planetologe«, sagte Pardot. »Du verstehst meinen Traum, aber in deinen Händen wird er etwas viel Größeres werden, weil du nicht nur eine Vision, sondern auch ein Herz dafür hast.«
89
Ein guter Herrscher bleibt größtenteils unsichtbar. Wenn alles reibungslos funktioniert, nimmt niemand die Arbeit eines Herzogs wahr. Deshalb müssen wir den Menschen etwas bieten, das sie bejubeln können, worüber sie reden können, an das sie sich erinnern.
Herzog Paulus Atreides
Kailea erkannte ihre Chance während
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