Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
Familienverhaltens und der alten Kulturen deuteten darauf hin, dass es für einen jungen Mann ein wichtiges Initiationsritual war.
Er bedauerte es, diese Aufgabe nicht delegieren zu können. Doch Erasmus hatte keine Ehefrau, der er sie aufbürden konnte. Also eine Sklavin? Aber er wollte nicht, dass irgendjemand das gefährdete, was er mit seinem jungen Schützling erreicht hatte.
Der Roboter hatte gründlich über das Problem nachgedacht und sich gefragt, wie er Gilbertus Albans an eine so delikate Angelegenheit heranführen sollte. Für eine Denkmaschine war es überhaupt kein besonderes Thema, lediglich eine biologische Eigenart, ein ineffizienter und recht unsauberer natürlicher Vorgang. Aber für viele Menschen schien es etwas ganz Besonderes zu sein, dem sie sogar mystische Bedeutung zumaßen.
Logisch betrachtet ergab das überhaupt keinen Sinn. Es war, als hätte eine Denkmaschine Hemmungen, sich mit dem Verhältnis von Soft- und Hardware auseinander zu setzen, mit dem Herstellungsprozess künstlicher Intelligenzen oder ihrer Vernetzung ... oder mit den Methoden, wie Update-Sphären dupliziert und aktualisiert wurden.
Der Akt der Schöpfung.
Auf seinem eleganten Schreibtisch hatte der Roboter entsprechende Diagramme und Literatur zusammengetragen. Zwei Menschenpuppen saßen auf einer Couch, die Arme umeinander geschlungen. Erasmus hatte überlegt, ob er einfach ein paar männliche und weibliche Sklaven aus dem Lager holen sollte, damit sie die Sache demonstrierten, aber er hatte das Gefühl, dass das zu einfach wäre. Weil er mehr darüber lernen wollte, was es bedeutete, ein Mensch zu sein, weigerte sich Erasmus, vor seinen »elterlichen« Pflichten zurückzuscheuen.
Menschen bezeichneten diese körperliche Funktion als »Sex« – und mit verschiedenen anderen Wörtern, von denen einige als nicht gesellschaftsfähig galten, wie Erasmus den Berichten aus historischen Kulturen entnommen hatte. Auch das fand Erasmus seltsam. Wie konnte ein bloßes Wort als anstößig gelten?
Er sprach mehrere Begriffe aus, die den Kopulationsakt beschrieben, und probierte sie in verschiedenen Intonationen aus. Dann wiederholte er einige der Bezeichnungen, die als besonders inakzeptabel galten. Nichts. Auf ihn hatten sie keine besondere Wirkung. Er verstand einfach nicht, weswegen ein solches Aufhebens darum gemacht wurde.
Denkmaschinen funktionierten nach viel einfacheren und direkteren Prinzipien ... außer bei einem neugierigen Roboter wie ihm. Die quälenden Fragen und Rätsel konnten sehr frustrierend sein.
Er hatte mit den Forschungen über die menschliche Natur begonnen, weil er die komplexen Eigenschaften dieser Spezies so interessant und ausgesprochen fremdartig fand. Erasmus wollte die Teile des menschlichen Bewusstseins assimilieren, die sie bei der Konstruktion der ersten künstlichen Intelligenzen weggelassen hatten. Doch er wollte auf gar keinen Fall selbst zu einem Menschen werden. Erasmus wollte eine Kombination beider Welten.
Der junger Gilbertus hatte die Neugier des Roboters gleich in mehrfacher Hinsicht geweckt. Während Erasmus das Projekt fortsetzte, entdeckte er verblüffende Aspekte seiner Beziehung zum adoptierten Jungen (der ungefähr zwölf Jahre alt war), und zwar zu einer Zeit, in der die Hormone des Menschen zunehmend aktiver wurden. Als er vor zwei Jahren die Wette gegen Omnius angenommen hatte, wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, von einem Vater-Sohn-Verhältnis auszugehen. Zuerst war ihm diese Vorstellung völlig absurd vorgekommen, als physiologische und emotionale Unmöglichkeit. Doch während er den Jungen unterrichtete und seine Fortschritte verfolgte, empfand der autonome Roboter Stolz auf das, was er sah, und plötzlich ergab alles einen Sinn.
Eine seltsame, beinahe natürliche Bindung entstand zwischen ihnen, und sie genossen die Gesellschaft des anderen ... mit ein paar bemerkenswerten Ausnahmen. Auf die Panikexperimente im Sklavenlager hatte der junge Mann eher negativ reagiert, aber das würde sich vielleicht mit der Zeit ändern. Zu seiner Überraschung stellte Erasmus fest, dass er fast genauso viel vom Menschen lernte wie dieser von ihm. In Anbetracht der Forschungen, die er bislang unternommen hatte, glaubte Erasmus, dass er es schaffen müsste, die aktuelle Aufgabe ohne Schwierigkeiten zu bewältigen. Obwohl er weiterhin ein unerklärliches Gefühl des Unbehagens empfand ...
Hatte der menschliche Puritanismus in Bezug auf sexuelle Angelegenheiten irgendwelche Spuren
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