Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
imstande sind, mit Menschen über Religionsangelegenheiten zu streiten – hältst du es für denkbar, dass dieser angeblich heilige Streit, dieser Djihad, nur ein Vorwand für sie ist?«
Die Sklavin beendete die Säuberung ihres Herrn und trat in Erwartung weiterer Anweisungen zur Seite. Erasmus scheuchte sie weg, und die Frau entfernte sich eilig.
»Ein interessanter Gedanke. Doch du musst dir klar machen, dass unser Mangel an Religion bereits ein Gräuel für die religiösen Eiferer ist. Sie bezeichnen uns als Atheisten, als gottlose Dämonen. Menschen lieben Beschimpfungen, da ihnen auf diese Weise ermöglicht wird, einen Widersacher zu kategorisieren ... wobei es unweigerlich um die Entmenschlichung eines Gegners geht. In unserem Fall, lieber Omnius, war die Entmenschlichung von Anfang an gegeben.«
»Die Hrethgir haben uns jahrhundertelang Widerstand geleistet, doch die Art ihres Kampfes änderte sich auf dramatische Weise, als sie ihn in das Gewand der Religion hüllten. Sie sind sogar noch irrationaler als zuvor geworden – und heuchlerischer. Sie schmähen uns, weil wir Menschen versklaven, obwohl sie selbst Menschen in Ketten halten.«
Erasmus nickte dem Wächterauge zu, eine menschliche Geste, die er sich angewöhnt hatte. »Obwohl wir nicht aus Fleisch und Blut bestehen, Omnius, müssen wir lernen, genauso wie sie zu kämpfen. Wir müssen selbst unvorhersehbar werden – oder zumindest die Fähigkeit erlangen, ihre Kampfmethoden vorherzusehen.«
»Faszinierende Ideen.«
»Muster ohne Muster«, sagte Erasmus. »Mir scheint, dass unsere Feinde in höchstem Maße geisteskrank sind. Der religiöse Eifer, der ihren Djihad antreibt, ist wie eine Krankheit, die unter ihnen grassiert und das gemeinsame Bewusstsein infiziert.«
»Sie haben so viele unerwartete Siege errungen«, beklagte sich Omnius. »Die Zerstörung der Erde, die Verteidigung der Peridot-Kolonie, von Tyndall und IV Anbus machen mir große Sorgen. Und die Schiffswerften auf Poritrin.«
»Die endlose Rebellion auf Ix erweist sich als ebenso problematisch«, sagte Erasmus. »Obwohl dort Millionen von Menschen umgekommen sind, wird die Unterwanderung durch den Djihad fortgesetzt, als würden sie keine Abwägung der Kosten und Vorteile vornehmen. Wann werden sie erkennen, dass ein Planet den Tod so vieler Kämpfer nicht wert ist?«
»Menschen sind Tiere«, sagte Omnius. »Schau dir nur die Exemplare in deinen Pferchen an!«
Erasmus schlenderte zum Rand der Terrasse, von wo er einen Blick auf die verwahrlosten Sklavenquartiere werfen konnte. Ein paar abgemagerte, verdreckte Menschen irrten hinter hohen Zäunen umher. Sie sammelten sich um einen langen Holztisch, der auf dem schlammigen Boden stand. Es war Fütterungszeit, und sie standen mit dem dummen Gesichtsausdruck von Vieh herum. Automatische Mechanismen öffneten Tore im Innern der Pferche, und Nahrungskügelchen prasselten wie brauner Kies heraus.
Eine jämmerliche Existenz, dachte Erasmus, ohne Erziehung oder Bewusstsein. Doch selbst die Zurückgebliebensten unter ihnen konnten das Potenzial besitzen, zu einem großen menschlichen Genie zu werden. Der Mangel an Möglichkeiten machte ein Individuum nicht zwangsläufig zum Idioten, sondern verlagerte seine Intelligenz eher vom Bereich der Kreativität auf den des Überlebens.
»Du schätzt die Situation nicht ganz richtig ein, Omnius. Beginne mit einem gesunden Menschen. In den prägenden Jahren, wenn seine mentalen Systeme noch leicht zu beeinflussen sind, kann jeder von diesen armseligen Menschen ausgebildet werden. Wenn man ihm die Möglichkeit gibt, kann selbst ein verwahrlostes Kind brillant werden, fast so wie wir.«
Das Wächterauge, das neben Erasmus schwebte, schaltete auf Vergrößerung, um einen genaueren Blick in die Pferche zu werfen. »Jeder von ihnen? Das bezweifle ich.«
»Dennoch habe ich festgestellt, dass es wahr ist.«
Weitere Wächteraugen versammelten sich vor den überfüllten Pferchen, in denen sich die fressenden Menschen gegenseitig anrempelten. Ein Bild erschien auf der Linse des Wächterauges neben Erasmus. »Beobachte diesen Jungen«, sagte Omnius, »der dem Zaun am nächsten steht – der mit dem struppigen Haar und den zerrissenen Hosen. Er scheint der Wildeste und der am meisten Verwahrloste zu sein. Sieh zu, was du aus dieser Kreatur machen kannst. Ich wette, dass er trotz deiner größten Anstrengungen ein Tier bleiben wird.«
Erasmus sagte nichts. Er erinnerte sich an seine Wette mit dem
Weitere Kostenlose Bücher