Dunkel ist die Sonne
ganz um die Ankerwinde gewickelt. Ungefähr drei Meter hingen bis über die Kante herunter. Deyv erklärte, was er zu tun hatte. Der Archkerri erwiderte nichts, aber er dachte mit Sicherheit daran, was geschehen würde, wenn Deyv scheiterte. Möglicherweise hätte er ihn auch gern gebeten, nicht zu schreien, falls er wirklich abstürzte. Vielleicht rechnete er aber auch aus, wie lange es dauern würde, bis Deyv unten aufschlug. Wer konnte wissen, was in dem Gehirn unter den Kohlblättern vor sich ging?
Deyv dachte flüchtig daran, was Vana wohl denken würde, wenn sein Körper durch die Dunkelheit geflogen käme und vor ihrer Nase hinknallte. Eine seltsame Vorstellung, dachte er noch flüchtiger. Was kümmerte sie das überhaupt?
Vielleicht würde er ja auch auf den Yawtl stürzen. Obwohl er Hoozisst nicht getötet hatte, was eigentlich seine Absicht gewesen war, und obwohl er ihn wie einen Kameraden behandelt hatte, was er in gewissem Sinne ja auch war, ärgerte er sich immer noch darüber, daß der Yawtl ihm sein Ei gestohlen hatte. Wenn er, Deyv, auf Hoozisst hinabstürzte, würde der Dieb wenigstens auch sterben. In dieser Vorstellung lag etwas wie Befriedigung, wenn sie auch nicht groß war.
Deyv hätte Sloosh gern gefragt, ob er immer noch richtigen Halt hatte, denn er brauchte etwas zur Beruhigung. Es war jedoch nicht weiter wichtig. Er mußte jetzt handeln, ganz gleich wie die Lage war.
Deyv umklammerte den unteren Leib des Archkerri mit den Beinen und löste das an seiner Taille befestigte Seil. Dann glitt er langsam an dem Seil hinunter, bis er nur noch wenige Zentimeter von dem Dreifachkabel entfernt war, und als er sich etwa einen Meter unterhalb von Slooshens Beinen befand, begann er solange hin und her zu schwingen, bis er mit den Fingerspitzen seines ausgestreckten Arms beinahe die herabhängende Leiter anfassen konnte.
Dann, beim nächsten Schwung nach innen, ließ er die linke Hand los und ließ sich nach vorn fallen. Seine rechte Hand verfehlte zwar die ersten drei Sprossen, aber an der vorletzten hielt sie sich endlich fest. Und die linke Hand packte die unterste Sprosse, und die Zehen schlugen gegen die Schachtwand.
Die Leiter hielt.
Er atmete erleichtert auf. Bis zu diesem Moment hatte er nicht sicher sein können, ob die Ankerwinde, auf der die Leiter aufgewickelt war, feststand. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte sich die Trommel gedreht, und er, der an der Leiter Hängende, wäre abgestürzt und mit ihr auf dem Boden zerschmettert.
Er zog sich mit Hilfe von Armen und Schultern so weit hoch, bis er Fuß fassen konnte. Dann kletterte er rasch die Leiter hinauf, und schon war er über der Kante.
Slooshens Blätterkopf war zu ihm nach oben gewandt. Deyv gab ihm ein Zeichen, daß er an dem Kabel bis nach unten zurückklettern sollte. Die einzige Möglichkeit, den Pflanzenmenschen auf das Tharakorm zu bekommen, war der Weg über die Strickleiter.
Während Sloosh sich wesentlich schneller, als er aufgestiegen war, hinunterließ, sah sich Deyv die Ankerwinde aus nächster Nähe an. Obgleich er einen solchen Apparat noch nie zuvor gesehen hatte, fand er innerhalb einer Minute heraus, wie man ihn aufsperrte. Nachdem er das getan hatte, wickelte er die Leiter langsam ab. Die über hundertachtzig Meter lange Strickleiter war ungeheuer schwer. Die Ankerwinde besaß jedoch eine mit dem Fuß zu bedienende Bremse. Und sie mußte erst kürzlich geölt worden sein, denn sie quietschte nicht.
Als er durch das Loch nach unten blickte, konnte er weder Boden noch Leute sehen. Der Archkerri war in der Dunkelheit verschwunden. Deyv würde also nicht erkennen können, ob die Leiter die Erde erreichte, aber wenn sie nicht weiter abzuwickeln ging, würde er einfach annehmen, daß sie unten angekommen sei. Und wenn er sie zu weit abgewickelt hätte, würde das auch nichts ausmachen.
Als die Trommel fast leer war, stellte Deyv die Ankerwinde wieder fest. Es würde noch eine Weile dauern, bis der erste oben war, so daß er sich genausogut ein wenig umschauen konnte. Die Winde wollte er allerdings nicht aus den Augen lassen. Er wollte verhindern, daß jemand von Feershs Mannschaft bemerkte, daß die Leiter heruntergelassen war, und daraufhin Alarm auslöste.
Nachdem er das Blasrohr aus der Hülle genommen und einen Pfeil eingelegt hatte, begab er sich zum mittleren Eingang des Schiffswesens. Auf dem Schiff war eine Kajüte errichtet worden. Die Tür war verschlossen. Er ging um die Kajüte herum und
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