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Dunkel ist die Zukunft

Dunkel ist die Zukunft

Titel: Dunkel ist die Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gurk am Tisch, aber auf ihre Frage antwortete Dad nur, daß er schon sehr früh weggegangen wäre. Nach dem Frühstück verabschiedete Charity sich. Sie hatte das sichere Gefühl, daß Dad und die anderen sie nicht ungern gehen ließen. Trotzdem hatte sie das heftige Bedürfnis, sich bei den Wastelandern erkenntlich zu zeigen. Und obwohl sie wußte, daß sie es bald schon bereuen würde, zog sie zum Abschied ihr Feuerzeug aus der Tasche und schenkte es Mom. Die Wastelanderin starrte sie ungläubig an, während sie das kleine weiße Plastikding in ihre Hand fallen ließ. »Sei sparsam damit«, sagte Charity. »Es hält nicht ewig.« Dann drehte sie sich herum und lief aus dem Haus. Bob hatte die Harley bereits aus dem Schuppen geholt und ihr Gepäck auf dem Rücksitz verstaut; inklusive des Lasergewehrs, das er mit Stricken so fest an den Gepäckträger gebunden hatte, daß sie eine Stunde brauchen würde, um es wieder loszubekommen. Sie lächelte ihm dankbar zu, ehe sie sich in den Sattel schwang und davonfuhr. Sie entfernte sich in südlicher Richtung von der Farm, aber sie fuhr nur so weit, daß sie sicher sein konnte, von dort aus nicht mehr gesehen zu werden, dann bog sie vom Weg ab und hielt wieder auf die Berge zu. Sie war sich der Tatsache völlig bewußt, wie verrückt ihr Vorhaben war. Sie war keineswegs davon überzeugt, die Tiefen wirklich zu finden. Vielleicht waren sie wirklich nur eine Legende. Gurk hatte vollkommen recht: Menschen in Not, Menschen, die unterdrückt oder gejagt wurden, erfanden sich immer einen Retter, der die Erlösung versprach und es etwas leichter machte, ihr Leiden durchzustehen. Aber wenn es sie gab, dann ließ Nets Beschreibung nur den Schluß zu, daß es sich um Überlebende handelte, Menschen wie sie, die es irgendwie geschafft hatten, sich einen Teil der alten Zivilisation zu bewahren. Auch die Vermutung, daß sie aus irgendwelchen sagenumwobenen Tiefen stammten, paßte. Schließlich befand sich unter den Bergen das ehemals größte und sicherste Bunkersystem der Welt. In das die Fremden eingedrungen waren und das sie systematisch in Trümmer gelegt hatten, kurz bevor du in den Tank gestiegen bist, wisperte eine Stimme hinter ihrer Stirn. Sie verscheuchte den Gedanken. Verdammt, sie wußte selbst, wie klein die Chance war, irgendwo auf Hilfe zu stoßen; sie brauchte ihr boshaftes Unterbewußtsein nicht, um sich daran zu erinnern.
    Eine Felsgruppe tauchte vor ihr aus der Ebene auf; ein idealer Aussichtspunkt. Charity hatte ihre unheimliche Beinahe-Begegnung vom vergangenen Morgen nicht vergessen. Vorsichtig umkreiste sie den Felsen einmal und hielt schließlich auf der Schattenseite an. Den Felsen zu erklimmen war schwerer, als sie geglaubt hatte, denn seine Oberfläche war spiegelglatt und fühlte sich unter ihren Händen wie poliertes Glas an. Sie war völlig außer Atem, als sie es endlich geschafft hatte, und brauchte zwei oder drei Minuten, um wieder zu Kräften zu kommen. Obwohl sie seit nicht einmal einer halben Stunde unterwegs war, war ihre Kehle schon wie ausgetrocknet; die Hitze war schon jetzt drückend. Für die heißesten Stunden des Tages würde sie sich sein Versteck suchen müssen. Sie setzte den Feldstecher an. Das monotone Braun der verbrannten Ebene glitt hundertfach vergrößert an ihr vorbei, nur dann und wann unterbrochen durch eine Spalte, einen Felsen oder - sie hielt den Atem an. Der Spur, die ihr Motorrad im Sand hinterlassen hatte, folgte eine sonderbare, abscheuliche Kreatur. Der Anblick jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken. So ein Ungeheuer hatte sie noch nie zuvor zu Gesicht bekommen. Es kroch ihr nach, und es war ziemlich groß. Ganz entfernt erinnerte es Charity an ein Gila-Monster, es war aber keine Echse, sondern eher ein Insekt, denn seine Haut war glänzend und hart und in mehrere ungleich große Segmente unterteilt. Seine Beine - sechs insgesamt - schritten träge und abrupt voran. Der Kopf des Wesens war eine glotzäugige Scheußlichkeit, über der sich zwei dürre Antennenfühler unablässig hin und her bewegten. Kein Zweifel war möglich, das Wesen verfolgte sie. Aber mit ihrer schnellen Harley würde sie es vermutlich abschütteln können. Langsam schwenkte sie das Glas weiter, betrachtete einen Moment lang einen anderen, bizarren Umriß - der sich allerdings bei genauerem Hinsehen nur als Felsbrocken herausstellte - und ließ den Blick weiter über die Ebene wandern. Dann entdeckte sie Rauch. Schwere,

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