Dunkelerde: Gesamtausgabe
Hunger- oder Dursttod starb.
Mehrere Male betraten Männer in langen Roben den Kerker. Sie wurden stets von einer Übermacht Bewaffneter begleitet. Ständig waren mehr als ein Dutzend Speerspitzen auf Koschna und Barasch-Dorm gerichtet, wenn diese Männer den Raum betraten. Sie unterhielten sich mit Barasch-Dorm, führten offenbar eine Art Befragung durch, die sich um die Rolle der Geheimen Worte drehte, wie Barasch-Dorm Koschna später berichtete.
„Sie wollen mehr über diese Rolle erfahren, weil sie diese natürlich nicht lesen können. Sie ist schließlich in einer Sprache abgefasst, die in einigen Jahrtausenden erst entstehen wird”, erklärte der Magier, an seinen unfreiwilligen Gefährten gewandt.
„Und du sagst ihnen, was sie wissen wollen?”
„Ich gebe ihnen Häppchenweise, wonach sie lechzen. Ja! Denn diese Rolle und die Tatsache, dass die Hiesigen so wenig über sie wissen, ist der einzige Grund dafür, dass man nicht längst damit begonnen hat, uns in Natron einzulegen und unsere Körper mit Leinentüchern zu umwickeln. Ein paar Tage noch, Koschna! Dann ist meine Kraft vielleicht wieder groß genug... Nur ein paar Tage!”
*
Ein furchtbarer Knall weckte Koschna aus dem Schlaf. Er schreckte hoch.
Barasch-Dorm stand vor der schweren Holztür, die gerade aus ihren Halterungen herausbrach. Das Holz wurde morsch, zerbröselte. Ein eigenartiger, knarrender Laut entstand dabei.
Innerhalb eines Augenblicks war Koschna auf den Beinen. Er trat an Barasch-Dorm heran, sah in dessen Augen. Sie lagen im Schatten. Nur ein wenig Mondlicht drang durch das vergitterte Fenster herein.
Barasch-Dorm wandte den Kopf.
Ein fauliger Geruch stieg unterdessen von der Tür auf. Die Metallbeschläge rosteten im Zeitraffertempo, zerfielen ebenso zu Staub wie das massive Tropenholz, das aus den Dschungeln des Südwestens stammen musste.
Sinnlos erscheinende, fremdartige Worte murmelte Barasch-Dorm.
Koschna spürte plötzlich einen Druck auf sein Bewusstsein, ein Druck, der so schmerzhaft war, dass er hätte schreien können. Ihm wurde schwindelig.
Seine Hände gehorchten ihm nicht mehr, stattdessen wurden sie zu Werkzeugen eines fremden Willens.
Koschnas mächtige Rechte legte sich um seine eigene Kehle und drückte zu.
Barasch-Dorm lachte.
„Die Kraft der Magie ist zurück gekehrt!”, rief er triumphierend.
Dann entließ er Koschna aus seinem Einfluss.
Der Darscha-Dosch rang nach Luft, sank auf die Knie. Etwas Ähnliches hatte er nie zuvor erlebt.
„Dafür könnte ich dich umbringen”, knurrte er.
„Es ist nicht das erste Mal, dass du das androhst”, erwiderte der Magier kalt. „Aber wie dir dieses Beispiel meiner wieder erstarkten Kräfte gezeigt haben sollte, sind die Kräfteverhältnisse nun einmal so, dass ich der Herr und du der Sklave bist. Auf Jule und Pet kannst du dich nicht mehr verlassen. Sie sind nicht hier. Schon vergessen? Ich hätte dich gerade töten können und ich kann es jetzt auch, in jedem Augenblick.”
„Wenn du zuviel Kraft verschwendest, wird es keine Rückkehr für dich geben”, stellte Koschna fest.
„Mach dir um mich keine Sorgen. Für mich gibt es immer eine Rückkehr, einen Ausweg, eine zweite Möglichkeit. Irgendein Schlupfloch findet sich immer für mich, aber du bist wie ein gewöhnlicher Sterblicher, weniger noch: nur ein belebter Schatten, ohne irgendwelche besonderen Gaben und das macht dich so verwundbar für meine Magie, Darscha-Dosch, so sterblich, so hinfällig. Bedenke, durch Magie allein wurdest du belebt und wenn ich diese anzapfe, vergehst du zu einem Nichts - zu dem Nichts, aus dem du entstanden bist.” Er lachte abermals und Koschna schauderte es dabei. „Keine Sorge, ich werde dir nichts tun”, sagte Barasch-Dorm, „denn ich brauche dich, aber du wirst meine Macht anerkennen müssen. Und außerdem sei dir der Tatsache bewusst, dass es für dich keine Rückkehr in dein Zeitalter und auf deine Welt geben wird ohne mich.”
„Das ist mir sehr wohl bewusst”, erwiderte Koschna. Gern hätte er in Gedanken hinzu gefügt: Und dann wirst du sterben. Jule und Pet werden auf mich warten und mich unterstützen, um dich töten zu können, bevor du meine Welt vernichtest und auf dieser Welt hier zum Gott der Finsternis werden kannst.
Koschna brauchte viel Kraft, um diese Gedanken zu unterdrücken, denn er wollte nicht, dass der Magier sie las, obwohl dieser momentan anderes zu tun hatte.
Sie traten hinaus in den Gang. Er war notdürftig von Fackeln
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