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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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gehören dem König, und keinem sonst.
    Ein Lächeln zuckte um Ronans Mundwinkel. Er fürchtete das Gespenst nicht. Es war zu schwach, um ihm etwas anhaben zu können. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der farangelb leuchtenden Gestalt am Fenster zu.
    Sie war erwacht und starrte nun furchtsam zu ihm.
    Nein. Nicht zu ihm.
    Die Gestalt, die die Nebel nur unzureichend befehligen konnte, kam einen Schritt auf ihn zu und streckte eine Hand nach ihm aus, die wieder und wieder zerfaserte.
    Geh endlich! Ich befehle es dir!
    Ronan wollte das Wesen ignorieren, er wollte ihm keinen Schaden zufügen. Es war zu schwach, um mehr als Drohungen auszustoßen. Wieder ging er ein paar Schritte aus dem Schatten hinter dem Bett auf die lohgelbe Gestalt zu, doch ein lauter Wutschrei, der zwischen den Welten hin und her hallte, hielt ihn zurück.
    Ich sagte: Geh fort! Diese dort gehört mir!
    Ronan hörte, wie die junge Frau am Fenster aufschluchzte und die Hände vors Gesicht schlug, als sie das hörte. Er bekam Mitleidmit ihr, und ihm wurde klar, dass dieser Geist zur Bewachung der Gefangenen hier war. Er musste dafür sorgen, dass er ging.
    Du bist zu schwach , sagte er. Ich habe nach dieser hier gesucht, und in mir ist die Macht des Akusu stärker als in dir. Gestatte mir, sie zu sehen, oder weiche!
    Ich werde mir von einem wie dir nichts sagen lassen! , schrie der Geist in hellem Zorn.
    Ronan schüttelte den Kopf.
    Du hast keine Macht über mich, ich aber über dich. Ich sage dir, geh und gib dieser Angehörigen meines Volkes den Frieden. Tust du es nicht, werde ich dafür sorgen, dass du sie in meiner Gegenwart nicht plagen kannst.
    Das Wesen aus Nebel und Rauch geiferte mit aller Macht, doch Ronan kümmerte sich nicht darum. Er hob die haqum an die Lippen und spielte eine kleine Melodie.
    Das Gespenst stöhnte auf, doch der Laut erreichte das Diesseits nicht mehr und verklang in einem Heulen auf den Jenseitigen Ebenen. Der dichte, grauviolette Nebel, aus dem es gebildet war, wurde blasser, wirbelte noch einmal durcheinander und löste sich auf.
    Bis auf den schweren Atem der jungen Frau am Fenster war es nun still im Zimmer.
    Einen Augenblick lang sah Ronan besorgt zu der schweren Holztür. Doch davor rührte sich nichts. Dann erinnerte er sich daran, was Defrim, der Wachsoldat, früher am Abend gesagt hatte: dass die Gefangene mit den Geistern sprach. Elben hatten große Furcht, wenn es um die Jenseitigen Nebel und den Tod ging, sie verstanden diese Magie nicht. Natürlich würden sie ohne Not nicht das Gemach betreten.
    Ronan ließ die Flöte sinken.
    Das nebelhafte Wesen würde sich nicht lange vertreiben lassen. Es würde sich wieder neu bilden, doch er war sicher, solange er hier war, würde es nicht wiederkehren. Für eine Zeitlang war es fort und würde weder diese junge Frau vor ihm noch ihn selbst belästigen. Er würde unbehelligt mit ihr sprechen können.
    Langsam, um die Dunkelmagierin vor ihm nicht zu erschrecken, trat er vor, bis er den Rand des Schattens erreicht hatte. Dort ließ er sich nieder und betrachtete sie. Ihre Gestalt leuchtete so hell, dass er unwillkürlich Bewunderung verspürte, denn es sprach für die Stärke ihrer Magie. Selten hatte er Feuermagie gesehen, die so stark war, wie die ihre. Er mochte wohl glauben, dass dem König viel daran lag, diese Kraft für sich zu verwenden, wenn er dies erreichen konnte. Der Zaranth wäre besiegt, ließe sich die Feuermagie dieser Frau gegen ihn wenden.
    Ronan fragte sich, ob Telarion Norandar stark genug sein würde, sie zu bändigen.
    Wahrscheinlich würde es dem Zwilling des Königs, von dem selbst die Weisen wussten, dass der Goldmond ihn besonders reich mit der Gabe des Lebens beschenkt hatte, gelingen, wenn dieser Frau keine Kraftquelle zuwuchs.
    Immer noch hatte sie das Gesicht mit den Händen bedeckt, doch jetzt konnte er auch in ihr Inneres sehen. Wie er erwartet hatte, zogen sich samtig schwarzbraune Schlieren durch das leuchtende Gelb ihrer Gestalt, wirbelten durcheinander, lösten sich auf wie Rauch über einem nächtlichen Feuer und wurden doch immer wieder von einer unsichtbaren Quelle im Inneren gespeist. Die Formen, die sich bildeten, kräuselten und ringelten, waren von einer Schönheit, die Ronan faszinierte.
    Erst nach einer Weile fiel ihm auf, dass die Schlieren sich meist zu einer ganz besonderen Form verbanden. Er hätte eine Flamme erwartet, doch nur etwa die Hälfte der Fäden blieben bis zu ihrem Verblassen schwarzbraun und zuckten und

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