Dunkelmond
schwieg. In ihrem Blick lag Misstrauen.
Du siehst auch violette Funken , wie bei dem anderen Geist, sagte er nach einer Pause. Und nun weißt du nicht, ob du mir trauen sollst.
Sie streckte das Kinn vor und wich seinem Blick nicht aus, doch sie antwortete nicht. Es war die Mimik eines trotzigen Kindes. Zweifellos ein Mienenspiel, das sie gewohnt war aufzusetzen und das somit ihrem Wesen zu entsprechen schien.
Ronan unterdrückte ein erneutes Lachen. In ihrer Lage würde sie Gelächter wahrscheinlich verletzen, aber er wollte vermeiden, ihr weiteres Leid zuzufügen.
Ich habe dich lange gesucht, Tochter des ….
»Mein Name ist Sanara«, unterbrach sie ihn.
Sanara , sagte er anerkennend . Die Stolze.
Sie zog die Decke enger um sich und schlug die Augen nieder. »Mein Stolz auf diesen Namen ist fort.«
Warum?
Sie warf ihm einen schiefen Blick zu. »Geh einfach weg«, sagte sie dann. Es klang erschöpft. »Ich bin es müde, mich mit den Geistern herumzuschlagen, die mir die Söhne des Dajaram schicken.« Sie schloss die Augen und presste ihre Stirn gegen die feinen Marmorstreben, die das Fenster verzierten.
Überrascht starrte Ronan sie an. Er hatte von einer Seelenherrin nicht erwartet, für einen Diener von Goldmagiern gehalten zu werden. Wie kommst du darauf, dass ich von Tarind oder seinem Bruder geschickt wurde?
Sie reagierte nicht auf die Frage.
Du glaubst, sie schickten das Nebelwesen, das ich vorhin vertrieb , sagte er nach einer Weile.
»Willst du vielleicht leugnen, dass es einen Elb verkörperte? Der Bruder des Königs, der Heerführer, ist ein Meister des Lebens. Er kann der Magie eine Gestalt verleihen. Ich bin sicher, dass er sich hinter diesem Geschöpf der Dunkelheit verbirgt.«
Nein , widersprach Ronan. Das glaube ich nicht. Als Heiler kann Telarion Norandar das Leben, die Magie also, die Elben und Menschen innewohnt, stärken oder schwächen. Aber er hat nicht die Macht, seiner oder der Magie anderer eine Gestalt zu geben.
»Woher willst du das wissen? Wer bist du überhaupt?«, fragte sie ungeduldig.
Ronan lächelte. Dort, wo ich meine Magie zu beherrschen lernte, gab man mir den Namen Abhar, was ‚der Schimmernde’ bedeutet. Doch meine Eltern nannten mich Ronan, und so bin ich außerhalb der Nebel Ronan der Flötenspieler. Ich war auf der Suche nach dir.
Sie sah ihn nachdenklich an. Ihr Misstrauen war immer noch nicht verschwunden.
»Wo du deine Magie zu beherrschen lerntest? Du scheinst nicht viel älter als ich zu sein, und doch kann ich mich nicht erinnern, dass im Kloster des Westens ein Musikant mit mir lernte, die Jenseitigen Nebel zu besuchen.«
Ich habe diese Kunst nicht bei den Shisans des Abends gelernt.
»Wo dann?«, wollte sie wissen.
Ronan setzte sich auf und wandte sich ihr zu. Ich bin nicht hier, um dir von mir zu erzählen. Ich kam, um dir zu sagen, dass du die Hoffnung nicht aufgeben darfst, Sanara Amadian. Ich weiß, du bist zornig, weil der Heermeister dich ins Leben zurückzwang, doch sicher weißt du, dass er das auf Befehl der Ys tat.
»Wie kannst du so etwas sagen!«, fuhr sie auf. »Im Namen der Ys? Er tat es, weil er mich mehr hasst als alles auf der Welt!« Sie unterbrach sich.
Zu Ronans Erstaunen bildeten sich Tränen in ihren Augen, als löse der Gedanke eher Trauer denn Wut aus. Dann vergrub sie ihr Gesicht in den Armen. Als sie wieder aufsah, glaubte Ronan,sich getäuscht zu haben. In den bernsteingelben Augen war jetzt wieder das zu sehen, was sie ausmachte: Stolz.
Er empfand Bewunderung. Sie war wahrlich eine starke Frau.
»Telarion Norandar rettete mich nicht, weil er der Ys gehorchte, sondern weil er und sein Bruder mich und meine Magie benutzen wollen, um das Volk des Akusu vollkommen zu unterwerfen«, sagte sie mit unterdrücktem Zorn. »Und mein Versuch, diese Welt zu verlassen, bevor er mich dazu zwingen konnte, passte ihm in den Kram, weil es ihm nun, nachdem er meiner Seele zu leben befahl, leichter fallen wird, meine Magie mit seiner zu vergiften und mich unter seine kalte Luftmagie zu zwingen.«
Ronan nickte langsam. Ich verstehe. Und doch ist es nicht so, wie du denkst. Der Heermeister besitzt große Macht, doch er kann den Nebeln nicht befehlen. Das kann niemand, nicht einmal der Vanar wäre dazu in der Lage. Vielleicht weiß er es noch nicht, aber er tat es, weil Ys wollte, dass du lebst.
Ihre Miene bewies, dass sie ihm nicht ein Wort glaubte.
Zeig mir deinen linken Arm.
Sie zauderte, dann streckte sie ihm mit einer abrupten
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