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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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er.
    »Das Kloster des Westens und die Shisans des Abends wurden vernichtet. Ich habe nicht gehört, dass jemand dorthin zurückkehrte, nachdem Tarind dort das Blutbad angerichtet hatte«, sagte Sanara.
    Es gibt andere Orte als den Westen von Guzar, an denen die Macht des Akusu bis heute gelehrt wird. Aber lass uns den zweiten Schritt nicht vor dem ersten gehen. Ich denke, es kostet dich Kraft genug, als Gefangene standhaft zu bleiben, auch ohne dass du dir Gedanken machst, ob du mir vertrauen kannst oder nicht. Ich glaube, du weißt, dass du es tun kannst.
    Ich würde dich nicht verletzen , fügte er dann hinzu .
    »Ja«, sagte sie nach einer Weile. »Ich glaube, das würdest du nicht.« Sie straffte sich und schob das Kinn ein wenig vor. »Es würde dir auch schlecht bekommen, mich zu betrügen.«
    Er warf den Kopf in den Nacken und brach in schallendes Gelächter aus.
    Darauf möchte ich wetten, Mendari Amadian. Er senkte den Kopf in einer drolligen kleinen Verneigung. Schon allein deshalb würde ich es nie wagen!
    Dann wurde er wieder ernst, streckte die Hand aus und ließ sie über ihr Gesicht gleiten.
    Sanara spürte, dass seine Finger halb in ihre Gedanken glitten, ähnlich wie die Finger des Gespensts aus Nebel, das immer wieder versuchte, in ihren Geist einzudringen und ihre Erinnerungen hervorzuzerren.
    Doch Ronan stahl ihr nichts. Stattdessen floss Hoffnung aus ihm in sie hinein, Trost und der Glaube, dass sich alles zum Guten wenden würde. Die Zuversicht verstärkte sich, als er auf der Flöte die Melodie spielte, die ihrer Magie Kraft verleihen sollte.
    Als er die Flöte wieder absetzte, glaubte Sanara, ihre frühere Stärke beinahe zurückerlangt zu haben. Immer noch waberten Grün und Silber durch ihre gelb-dunkle Flamme, doch das beunruhigte sie nicht mehr. Das Netz, das der Heermeister heute in der Frühe aus Kälte und Sturm gewoben hatte, war zerstört.
    »Ich würde dich umarmen, wenn es ginge«, sagte sie schließlich.
    Ronan nickte. Das wäre schön. Und es wird geschehen, wenn wir uns treffen und gemeinsam fliehen. Ich freue mich darauf.
    Seine Gestalt verblasste, und wie die beiden Male zuvor stieg Bedauern in Sanara auf, dass er gehen würde.
    »Kannst du nicht noch bleiben?«
    Er schüttelte den Kopf, doch seine Miene verriet, dass er es nicht weniger bedauerte als sie.
    Du solltest schlafen. Die Reise wird anstrengend, denn ich glaube nicht, dass die Norandar-Brüder dich schonen werden. Ruh dich aus. Das Gespenst wird erst bei Untergang der Ys wieder Gestalt annehmen und dich plagen können. Vertrau mir. Ich werde dafür sorgen, dass du an einen Ort kommst, an dem du lernst, was deine Magie bewirken kann. Dann wirst du erkennen, dass wir beide dasselbe wollen: die Welt vor der Vernichtung bewahren.
    Seine Stimme verhallte, sowohl in ihrem Ohr als auch in ihren Gedanken.
    Dann war er fort.
    Das Gemach war dunkel und leer, als wäre er nie da gewesen.
    Aber diesmal flößte es Sanara keine Furcht mehr ein.
    Es war eines der wenigen Male, die der Shisan im Tempel des Syth froh darüber war, dass sich so wenige Gläubige hierherverirrten.
    Es war nicht mehr üblich, den Schöpfergeist des Chaos um etwas zu bitten. Der Aspekt der Veränderung, den Syth ebenfallsbeinhaltete, war sowohl bei Menschen als auch bei Elben weitgehend in Vergessenheit geraten. Meist wurde Syth als der Schöpfergeist des Bösen betrachtet, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprach, wie dieser Priester jedem hätte versichern können, der mehr über die beiden ersten Schöpfergeister erfahren wollte.
    Nur ab und zu verirrten Menschen sich hierher, die während der Roten Stunde oder des Mittags – dann, wenn beide Sonnen am höchsten standen – in den Tempel kamen und vor den in sich verknoteten Torus aus violettem Marmor traten, um darum zu bitten, dass die Knechtschaft, in die Tarind und die Elben sie geschickt hatten, beendet würde.
    Doch nun, nach dem Einbruch der Dunkelheit und dem Aufgang der Zwillingsmonde, war niemand da, der hätte sehen können, wie sein beinahe einziger regelmäßiger Gast im Allerheiligsten vor Wut raste.
    »Dieser Verfluchte!« tobte er. »Wie konnte er es wagen?«
    Der Shisan wandte sich um und zündete ein paar Kerzen an, die Licht und Schatten auf den Torus warfen.
    »Was tut ‚er’?«, wollte er wissen. »Und wer ist ‚er’ überhaupt?«
    Sein Gast blieb vor ihm stehen. Sein Gesicht war unter der Kapuze kaum zu erkennen.
    »Ich weiß es nicht. Du hast mich gestärkt, doch an ihm

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