Dunkelmond
entsprach, die er auch im Diesseits besaß. Und doch war sie neugierig, ob sie Ronan bei einer leibhaftigen Begegnung erkennen würde.
Ronan lachte. Du warst schon vorher unter ihnen gefürchtet, als du einen der Ihren mit deinem Feuer anstecktest. Weißt du denn wirklich nicht, was sie sich von dir erzählen? Wenn die Tür nicht so massiv und zudem noch verschlossen wäre – ich glaube, du könntest einfach in die Freiheit spazieren. Keiner von ihnen hätte den Mut, dich aufzuhalten. Und seit der Heermeister dich dem Tode entriss, fürchten sie sich noch mehr .
Sanara lächelte schwach. »Das mag sein. Dabei bin ich sicher, ich könnte ihnen gar nichts mehr tun, so kalt ist mir.«
Leise begann er, eine Melodie zu singen, bei der Sanara wärmer wurde. Sie hatte sogar das Gefühl, das giftige Grün, das seit dem Besuch des Heermeisters am Morgen ihre Seelenflamme wieder umschloss, werde blasser, das Lohgelb kräftiger, die Rauchschlieren dunkler. Sie schloss die Augen und genoss es, dass der Musikant ihr Kraft gab.
»Danke«, sagte sie, als er die Melodie beendet hatte.
Bevor ich gehe, werde ich es noch einmal auf der Flöte spielen. D ie Flöte verstärkt die Magie, dann wird das Netz des Heermeisters fast zerstört sein.
»Ich weiß immer noch nicht, wer du bist und warum du mich gesucht hast«, sagte sie nach einer Pause. »Aber ich glaube, wenn du nicht wärst, hätte ich dem König und seinem Bruder bereits nachgegeben.«
Sie werden morgen nach Solife aufbrechen. Und sie werden dich mitnehmen. Sie brauchen dich, um den Zaranthen zu besiegen. Und du musst sie in Sicherheit wiegen. Deshalb bin ich hier.
Sanara hatte gewusst, dass der König und sein Bruder das vorhatten; sie hatte auch nicht geglaubt, hierbleiben zu können. Doch nun, da es feststand, fand sie den Gedanken, nicht hier in Bandothi bleiben zu können, erschreckend.
»Dann müssen wir uns also trennen«, sagte sie und senkte den Blick. Der Gedanke, sich nicht mehr auf Ronans Gesellschaft freuen zu können, machte sie traurig.
Wieso denkst du das? , fragte er belustigt.
Sie verzog das Gesicht. Sie mochte es nicht, wenn man sie wie ein kleines Kind behandelte.
»Wie sollten wir uns denn sehen? Du sagtest, dass du in den Tavernen rund um Bathkor aufspielst. Es ist nicht weit zu mir in den Turm. Aber wenn die Entfernung größer wird, wirst du sie nicht mehr überbrücken können.«
Er lächelte. Es würde anstrengender werden, dich zu besuchen, wenn du weiter fortgingst, das ist wahr. Aber wer sagt, dass wir uns trennen müssen?
»Ich habe diese Stadt seit Jahren nicht verlassen«, murmelte sie. »Aber nach Solife ist es eine lange Reise.«
Das ist wahr. Doch du vergisst, ich bin Musikant, und ich beherrsche nicht nur die Musik, sondern kenne auch die meisten Wortepen der Elben auswendig. Ich werde den Heerzug begleiten, und sowohl der Heermeister als auch der König werden sich darüber freuen. Er sah Sanara aufmerksam an. Ich werde dir näher sein als je zuvor.
Der Blick, der auf ihr lag, ließ Wärme in Sanaras Wangen steigen. Sie war dankbar für das abnehmende Licht, das sie umgab.
Und nicht nur das, sprach er weiter. Ich bin nach wie vor sicher, dass du eine Hälfte des Ganzen bist, das nötig ist, das Siegel zu finden. Und es muss gefunden und zerstört werden.
Sanara sah ihn nachdenklich an. »In dir ist nicht nur das Silber der Ys, wie in mir. Auch das Violett des Syth. Wie kann ich wissen, dass du nicht in seinem Namen sprichst? Ich werde nicht dazu beitragen, dass die Welt in Chaos und Zerstörung versinkt.«
Das wird sie, wenn wir nichts tun , erwiderte Ronan.
»Das sagst du.«
Er zuckte mit den Achseln. Man kann eines sagen, Sanara Amadian, meinte er dann. Du bist eine Feuermagierin und Seelenherrin von großer Kraft. Deine Herkunft und diese Kraft verraten den Weisen, dass du diejenige bist, die sie bereits seit Generationen suchen. Doch du hast nicht gelernt, wie man diese Kräfte einsetzt oder sich auf der Jenseitigen Ebene zurechtfindet – das sagst du selbst.
Obwohl seine Stimme in dieser Welt nicht zu hören war, klang sie ernst und sachlich, so als stelle er fest. Er legte den Kopf schief, als warte er auf eine Bestätigung.
»Das ist wahr«, gab sie schließlich zu. »Ich war dabei, es zu lernen, und bat darum, gemeinsam mit meinem Bruder von Akusu geweiht zu werden. Doch ich sollte mindestens noch ein weiteres Jahr lernen, wurde mir erwidert.«
Nun, ich kenne einen Ort, an dem du es lernen kannst. Ich werde
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