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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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besaß.
    Sanara fand nur eine Erklärung dafür, dass er so ungerührt blieb: Sie selbst hatte diese wunderbaren Bilder in sich geformt, als er sie geheilt und dann versucht hatte, sie mit eben dieser Magie zu töten. Ihr Geist wusste nicht, was er mit diesem Überfluss an fremder Magie hatte anfangen sollen, und hatte ihr deshalb diese Bilder vorgegaukelt.
    Dennoch war es eine Qual, dass er sich bei jedem seiner Besuche dicht neben sie setzte, sodass sie seine Kälte spüren konnte, und dass der Geruch nach Rauchwerk ihre Nase reizte. Nur mit äußerster Mühe konnte sie der Versuchung widerstehen, wie auf dem Berggipfel seine Finger zu ergreifen, in der Hoffnung, er würde sie wieder in die Arme ziehen.
    Und doch widerstand sie ihm. Sie durfte nicht nachgeben. Sie musste standhaft bleiben, um ihrer selbst und des Rufs ihrer Familie willen.
    Sie würde dieser Zauberei nicht nachgeben.
    Kaum war er fort und überzeugt, ihre Magie wieder ein Stück mehr an sich gebunden zu haben, musste sie alle Kraft aufbieten, um das Netz wieder zu versengen und aufzulösen. Es gelang ihr auch diesmal, doch es wurde immer schwerer. Sie hätte es nicht geschafft, wenn –
    Du darfst dich nicht stärken, bis du deine Magie Tarind unterworfen hast! Erst dann wird er gestatten, dass du besser behandelt wirst .
    Amüsiertes Lachen war die Antwort. Es kam nicht von ihr.
    Überrascht sah Sanara auf. Das rote Licht im Gemach schien wieder stärker geworden zu sein. Ein Blick nach draußen versicherte ihr, dass es nicht daran lag, dass die Rote Sonne gegen alle Gesetze der Natur wieder aufgegangen war.
    Ein wütender Schrei erklang, halb in ihrem Ohr, halb in den Nebeln. Geh fort! Dir ist nicht gestattet, hier zu sein! Nur ich darf sie sehen.
    I ch weiß mittlerweile, dass das dein Wunsch ist , sagte eine freundliche Stimme. Ich weiß aber auch, dass ich stärker bin als du und dich vertreiben kann, wenn ich hier bin.
    Während diese Worte erklangen, manifestierte sich vor dem Bett aus dem Nichts heraus eine leuchtend rote Gestalt. Silberne und violette Spiralen kreisten langsam in ihrem Inneren, zogen den Blick auf sich und beruhigten die Gedanken.
    Sanara musste lächeln. Es war Ronan der Musikant. Sie erinnerte sich, dass er beim ersten Mal versprochen hatte, wiederzukehren und sie es nicht geglaubt hatte. Aber er hatte sein Versprechen gehalten, heute war das vierte Mal, dass er zu ihr kam. Und mit jedem Mal freute sie sich mehr darüber, ihn zu sehen.
    Die Freude vertrieb diese elende Sehnsucht, die der Heermeister ihr eingeflößt hatte.
    Geh fort! Ich werde Wege finden, dich zu vernichten!
    Das bezweifle ich, antwortete der Musikant.
    Ronan formte sich immer klarer aus rotem Licht und nahm Gestalt an. Selbst seine einfache Kleidung war nun zu sehen, eine Tunika, eine Hose aus Leder, ein breiter Gürtel, an dem eine Tasche hing, die geflochtenen Lederbänder, die er um die Handgelenke und den Nacken trug. Die dicken Filzlocken, die er wie meist hochgebunden hatte.
    Du weißt nicht, über welche Macht ich gebiete!
    Jetzt war Ronan so deutlich für Sanara zu sehen, dass sie das Mitleid auf seinen Zügen erkennen konnte.
    Nein, das weiß ich nicht. Aber es kann nicht viel sein, denn du kannst dir nicht einmal eine Gestalt geben. Ich bin sicher, dass du mich auch nicht klar siehst. Wahrscheinlich würdest du mich nicht erkennen, würde ich außerhalb der Nebel leibhaftig vor dir stehen. Deshalb werde ich diese dort besuchen, wann immer es mir gefällt. Und nun lass mich mit meinem Schützling allein.
    Das werde ich nicht!
    Wenn du es nicht freiwillig tust, werde ich dich wie immer fortschicken , sagte Ronan.
    Er ignorierte das Geschrei und die Flüche des Geistes, hob die Flöte aus Süßholz an die Lippen und spielte ein paar Takte der Melodie, die das schattenhafte Wesen vertrieb. Die grauen Nebel, die aussahen, als hauche violettes Licht sie an, wirbelten erregt auf und schwanden wie Morgendunst. Die wütenden Schreie des Gespensts verklangen in der Ferne.
    Unwillkürlich drehte sich Sanara, um einen Blick auf die massive Eichentür zu werfen, vor der die elbischen Soldaten Wache hielten. Schließlich stand sie auf, um sich neben Ronan aufs Bett zu setzen.
    »Ich frage mich jedes Mal, warum sie nicht kommen und nachsehen, ob sie mich wieder retten müssen.«
    Ihr Blick glitt wieder zu ihm. Seine Erscheinung war so klar, als säße er leibhaftig vor ihr. Sie wusste, dass die Gestalt eines Seelenherrn in diesem Zustand in der Regel der

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