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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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des Yondarbaums und umwickelt mit dem weichen Stoff, den die Elben aus der Rinde des Resatbaums zu weben verstanden. Er hob die Waffe an und wirbelte damit herum. Das Schwert sang leise, als es die Luft durchschnitt. Es lag ausgezeichnet in der Hand und war so perfekt ausbalanciert, als sei es von Meister Vakaran persönlich geschmiedet worden – damals, als das Volk des Dunklen und das des Goldenen Mondes noch friedlich miteinander lebten, bevor Syth Zwietracht zwischen ihnen gesät hatte.
    Eine wahrhaft königliche Klinge.
    Doch sie war fast ein bisschen zu leicht, so als habe der Waffenmeister zu wenig Stahl verwendet. Es ist alt , dachte Sinan. Vielleicht stammt es wirklich aus der Zeit Vakarans. Wenn der Fürst noch damit kämpft, wurde es schon zu oft geschliffen und zu oft nachgeschärft.
    Sinan genoss das Schimmern des hellen Stahls und hob schließlich die Klinge dicht vor die Augen. Mit der Spitze eines Fingers fuhr er vorsichtig die scharfe Schneide vom Heftansatz bis hin zur Spitze entlang.
    Da! Eine tiefe, keilförmige Scharte war in die Klinge geschlagen worden, eine Fingerlänge unterhalb der Spitze. Vorsichtig versuchte Sinan, das Schwertblatt zu biegen, um zu sehen, ob die Scharte einen Riss verursacht hatte – und tatsächlich, dünner als ein Haar zog sich quer zur Länge des Klingenrückens ein Spalt durch den mehrlagigen Stahl.
    Er nickte langsam und ließ das Schwert sinken. »Wenn Ihr damit weiterkämpft, wird es brechen. Es ist ein altes und kostbares Schwert. Haltet es in Ehren. Doch benutzt es nicht mehr im Kampf.«
    Damit reichte er das daikon an den Heerführer zurück.
    »Du kannst es nicht neu schmieden?«
    Die Enttäuschung, die in den Worten Telarion Norandars mitschwang, überraschte Sinan.
    »Nein, das könnte niemand. Man kann es erneuern, doch es wäre nicht mehr dasselbe.«
    Der Fürst schwieg und schien Zwiesprache mit dem Schwert zu halten. Seine langen Finger strichen nachdenklich über den Stahl der Klinge, als danke er der Waffe still für ihre Dienste. Sinan konnte sehen, dass der Heerführer dieses Schwert in hohen Ehren hielt und trauerte, weil er es hergeben musste.
    Er fragte sich, ob Tarinds Bruder es auch dann noch so in Ehren gehalten hätte, wenn er gewusst hätte, dass es von einem der angesehensten Dunkelmagier der Alten Zeit stammte.
    »Ich vermute, eine Klinge Meister Vakarans gibt man nicht gerne auf«, sagte er schließlich.
    Der Heerführer warf ihm einen Blick zu. »Es ist ein Erbstück des Hauses Norad«, erwiderte er nach kurzem Zögern. »Meister Vakaran verletzte sich einst bei seiner Arbeit die Sehnen der rechten Hand und wurde von einem meiner Vorfahren, einem Herrn des Lebens, geheilt. Das Schwert war der Lohn. Seither wird es in meinem Haus immer an den männlichen Nachkommen, in dem die Gabe des Lebens am stärksten ist, weitergegeben.«
    Sinan wusste nicht, was er antworten sollte. Ihm wäre lieber gewesen, nicht zu erfahren, dass ausgerechnet in der Familie jenes Elben, den er mehr hasste als alles andere auf der Welt, ein zutiefst menschliches Werkstück so in Ehren gehalten wurde.
    Auch Telarion Norandar senkte den Blick, als schäme er sich, so viel preisgegeben zu haben.
    »Nun, wie es scheint, habt Ihr mich vergeblich gerufen«, sagteSinan schließlich. »Deshalb werdet Ihr wohl nichts dagegen haben, wenn ich gehe.«
    Er wollte sich umdrehen, doch Telarion Norandars scharfe Stimme hielt ihn auf.
    »Ich habe dir nicht erlaubt, zu gehen, Schmied«, sagte er und schob Vakarans Schwert vorsichtig in die Brokatscheide zurück. »Ich bin der Heerführer meines Bruders. Ich brauche eine Waffe, die meiner würdig ist. Du sagst, dieses Schwert sei nicht mehr kampfgeeignet. Du wirst mir ein neues fertigen.« Er sah auf. »Und behaupte nicht, dass du es nicht kannst. Für einen Schmied, der eine Waffe Vakarans erkennt und der den Segen des Dunklen Mondes erhielt, sollte das eine Ehre sein. Zudem bist du mir, so wie die anderen Gefangenen, zu Gehorsam verpflichtet.«
    Der hochmütige Ton ließ Sinan den kurzen Moment des Verständnisses zwischen ihnen vergessen. »Ich bin weder Euch noch Eurem Bruder etwas schuldig!«, stieß er hervor. »Ihr brüstet Euch des Mordes an den Kindern des Akusu in einem Atemzug mit der Behauptung, Ihr hieltet das Leben in Ehren! Und Euch soll ich, ein vom Dunklen Mond gesegneter Schmied, ein Schwert schulden?« Sinan spuckte aus. »Ich werde die mir geschenkte Magie nicht anwenden, um Euch, Telarion Norandar, ein Werkzeug

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