Dunkelmond
Werkzeug mit.«Damit wollte er sich abwenden. Das Gespräch war für ihn offenbar beendet.
»Hier?«, stieß Sinan hervor. »Ich soll das Schwert hier schmieden?«
Telarion wandte sich um und musterte Sinan kalt. »Ich habe keine Macht über die Erde oder über das Feuer, und ich vertraue dir nicht. Deshalb solltest du nicht vergessen, dass jeder Versuch, mich zu betrügen, nicht nur mit deinem Tod enden wird… Obwohl ich nicht genau weiß, ob das eine Drohung für dich und deinesgleichen darstellt«, fügte er noch hinzu. Die Verachtung in seiner Stimme ließ Sinan zusammenzucken.
Er wusste nicht, was er antworten sollte, doch Telarion Norandar verließ das Zelt ohne ein weiteres Wort und ließ den Schmied mit seinem Hauptmann allein. Sinan war erleichtert, als der Teppich hinter dem Fürsten zuschlug. Die Kälte und der prickelnde Geruch nach verbranntem Harz ließen sofort nach, und zugleich wich auch ein Teil der Angst aus ihm.
Doch als Sinan in sich horchte, war da kaum Erleichterung. Die Angst war fort, doch in sich fand er nur Leere. Und Scham. Darüber, ein Gefangener zu sein. Ein Sklave, der die Freiheit für ein Feuer aufgegeben hatte und nun dem Gegner ein Schwert fertigen musste, mit dem dieser seine Macht zu festigen vermochte.
Der fast wohltuende, warme Zorn, der ihn seit dem Aufbruch aus Kharisar erfüllt hatte, war fort.
Er hatte das Recht verwirkt, zornig zu sein.
Der Weg zurück in den Pferch, wie Sinan ihn für sich nannte, schien länger zu dauern als der Weg zum Steilufer des Lithon und wieder zurück. Sinan empfand keine Wärme, obwohl die Wolkenbank sich nach Osten verzogen hatte und der untergehenden roten Sonne gestattete, ihre Strahlen über die Welt zu breiten. Nicht einmal der Gedanke, dass er den Seinen ein Feuer beschafft hatte, vertrieb die zehrende Enttäuschung hinreichend.
Es war anstrengend, aufrecht zu gehen und sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr die Begegnung mit dem Heerführer an seinen Kräften genagt hatte. Er ging langsamer, als er musste, setzte einen Fuß vor den anderen und ermahnte sich wieder und wieder, den Rücken zu straffen, während er an den Elben vorbeiging, die ihm verächtliche und finstere Blicke zuwarfen.
Als er im Lager der Menschen ankam, war die rote Sonne hinter den fernen Hügelketten verschwunden. Es war still, und ein wenig verwirrt blieb Sinan hinter dem Eingang stehen. Er hatte erwartet, ein großes Feuer und aufgeregte Gefährten in der Mitte des Lagers vorzufinden, doch da war nichts. Nur ein paar Frauen saßen zwischen zwei Hütten, wo sie sich einen behelfsmäßigen Unterstand gebaut hatten, und bereiteten, wie jeden Abend, den kalten Gemüsebrei zu, der ihnen allen als Nahrung diente.
Enttäuschung und Zorn stiegen in Sinan auf. Er hätte wissen müssen, dass es dem Heerführer nicht ernst war mit seinem Versprechen. Nun, dann würde er seines auch nicht halten! Beinahe war er erleichtert, dass er nun kein Schwert würde schmieden müssen, mit dem der Heerführer weiter gegen das Volk des Akusu kämpfen konnte.
Er überlegte schon, wie er erreichen könnte, dass nur er für seine Weigerung bestraft würde. Da sah ihn eine der jüngeren Frauen, die Gemüse für das Abendessen putzte. Sie ließ den geschliffenen Stein fallen, der ihr als Klinge diente – etwas anderes gestatteten die Elben hier nicht – und rannte aufgeregt auf Sinan zu.
Sinan kannte sie, sie war eine der Frauen, die bei ihm auf dem lannon schliefen. Berennis war eine Erdmagierin und verstand sich auf Tiere. Sie schien ihn zu mögen und hielt sich oft in seiner Nähe auf. Er hatte sie bisher immer abgewiesen, doch ihm war nach der Begegnung mit dem Bruder des Königs so kalt, dass der Gedanke, sie könne sich heute Nacht wieder so eng an ihn schmiegen wie in den Nächten davor, an Reiz gewann.
So wich er ihr nicht wie sonst aus. »Stell dir nur vor, Sinan,die Soldaten haben Githalad und vier andere fortgeschickt, um trockenes Holz für ein großes Feuer zu besorgen! Es scheint, als habe der König endlich ein Einsehen! Wir dürfen sogar das Gemüse heute Abend daran rösten!«
Sinan konnte angesichts ihrer Freude nicht anders, als zu lächeln.
Doch es war ein schwaches Lächeln, wie er an ihren folgenden Worten erkannte.
»Was ist los mit dir?«, fragte sie. Ihre Hand, die seine Linke genommen hatte, packte fester zu. »Du bist ganz kalt. Githalad sagte, der Hauptmann hat dich bestrafen wollen, weil du heute zu nah an das Steilufer gegangen
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