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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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näherte sich dem Horizont. Bald würde es düster werden, doch noch waren einzelne Wesen erkennbar. Man konnte sogar – hauptsächlich anhand der Farbe, wenn schon nicht an der Größe – die mannshohen Keosotziegen von den Pferden unterscheiden, die nun ins Dorf jagten. Ziegen und Menschen stoben auseinander, ein paar konnten nicht rechtzeitig ausweichen und wurden niedergeritten.
    Ihm stockte der Atem bei diesem Anblick. Er und Mojisola waren aufgebrochen, um die Bewohner zu schützen. Sie hatten geglaubt, wenn sie, die man wahrscheinlich suchte, nicht da seien, würde man die Nomaden in Frieden lassen und in der Steppe weitersuchen. Die Hirten besaßen nichts außer ihren Ziegenund ein wenig Hausrat, zudem waren es nicht viele, weswegen es selbst für einen Trupp elbischer Soldaten, die ein rachsüchtiger König und sein grausamer Heermeister ausgeschickt hatten, hier nichts zu holen gab, was die Mühen gelohnt hätte.
    Offenbar hatten sie sich geirrt.
    Mojisola trat neben ihn, warf einen Blick ins Tal und zog Sinan dann hastig hinter einen Felsen.
    Wieder wehte eine Bö, kälter noch als die letzte, rote Staubkörner in Sinans Gesicht und ließ ihn trotz der brennenden Sonnen frieren.
    »Es scheint, als hätte der Junge recht gehabt«, sagte Mojisola düster und trat zu Sinan.
    Der Schmied fuhr herum. »Was willst du damit sagen?«
    »Sieh doch hin«, erwiderte der Gefährte. »Das sind nicht irgendwelche Elben. Dieser Wirbelsturm, der sich auf das Dorf beschränkt … sag nicht, das ist dir nicht aufgefallen!«
    Sinan starrte in das weit unter ihm liegende Tal hinab.
    »Ich hatte gehofft, dass der Junge sich irrt. Und ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass der Heermeister selbst uns verfolgt.«
    »Nun, der Junge sagte, der Anführer habe Haare, die dem Gefieder einer struppigen Krähe gleichen und nur so kurz seien wie sein Finger«, sagte Mojisola.
    »Der Zwilling des Königs ist nicht der einzige Heiler im Heer des Königs.«
    »Aber der Einzige, dem die Flucht deiner Schwester und dir eine doppelte persönliche Niederlage zufügte«, gab Mojisola zu bedenken. »Ich will nicht von deiner Schwester sprechen, aber Telarion Norandar hat auch mit dir eine Rechnung offen. Immerhin hast du sein Schwert bei dir.«
    Sinans Finger umklammerten das Heft des daikons , das er im Gürtel trug.
    »Es gehört ihm nicht. Noch fehlen die Runen des Windes, des Wassers und der Luft auf der Klinge. Noch gehört es mir.«
    Mojisola beobachtete mit gerunzelter Stirn die Schlacht. Der Verlauf des Kampfes war von hier oben aus nur schwer zu verfolgen. Elben vermochten sich schneller zu bewegen, als Menschen es konnten, doch aus dieser Entfernung war kaum zu unterscheiden, wer zu den Dorfbewohnern gehörte und wer nicht.
    Was man sehen konnte, war der Pferch, den drei der Elben im Westen des Dorfes wachsen ließen. Sinan nahm an, dass sie sich die Stelle ausgesucht hatten, an der die Priesterin des Abends die Heilige Hütte des Dunkelmonds angelegt hatte. Die Hütte war halb in die Erde hineingebaut; ein langer Streifen im Dach war nicht gedeckt, um des Nachts dem Lauf des Dunklen Mondes folgen zu können.
    Nun hatten die Elben einen Wall aus Pflanzen, wahrscheinlich Raqordornen, aus dem Boden entstehen lassen. Nach und nach wurden die Bewohner dort zusammengetrieben.
    Wieder blies eine kalte Bö, die die letzten Gefechte – wenn man den Kampf zwischen den ausgebildeten Kriegern des Heermeisters und seines Bruders mit den Nomaden dieses Steppendorfes so nennen konnte – ausgelöst hatten, Sinan Staubkörner ins Gesicht.
    Dann legte sich der kalte Wind und mit ihm der rote Staub, der ihn und Mojisola bedeckte, seit sie aus den südlichen Loranonbergen herabgestiegen waren. Sinan betrachtete seine Hände. Der feine Staub hatte die Haut ausgetrocknet und sich dann daran gesetzt, sodass selbst die Reinigung, die ihm die Dorfbewohner gestern in dem kleinen Tümpel zwischen den Bäumen gegönnt hatten, ihn nicht mehr aus den Myriaden kleinster Rissen hatte auswaschen können.
    Doch ihm machte das nichts aus. Er betrachtete es als eine Ehre, die ihm die Erde zukommen ließ, ähnlich den Nomaden, die in diesem Dorf lebten – das nun von den Reitern dort unten vernichtet wurde.
    Der Staub hatte sich gelegt. Sinan konnte aus dieser Entfernung nur schwer Elben und Menschen unterscheiden, doch nur nochwenige Punkte rührten sich außerhalb des Pferchs aus Raqordornen. Wäre die Landschaft nicht so trocken gewesen, dann hätte er sie

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