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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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vielleicht an den Haarfarben erkennen können, doch selbst die sonst so klaren, reinen Farben der Elben waren nunmehr von einem roten Schleier überzogen.
    Dann hörte er plötzlich einen Schrei. Es klang wie ein Befehl, und er kam vom Dorf. Nichts war vorher zu hören gewesen, nur dieser Ton, voll schrecklicher Wut, die kälter war als die Nächte in den Eisebenen von Kantis, von denen Sinans Vater an langen Abenden vor dem Kamin des Herrenhauses von Guzarat erzählt hatte.
    Sand wirbelte auf und bildete einen Tornado. Dann flogen Sinan plötzlich Körner ins Gesicht, so kalt wie Eis. Sie rissen ihm nicht nur die Haut auf. Die Kälte, die sie mitbrachten, drang tief in sein Blut und schien sogar die Strahlen beider Sonnen auszulöschen; sie verschwanden hinter Wolken aus aufgewirbeltem Staub und Sand, als wollten sie sich abwenden von dem, was im Dorf vor sich ging.
    Sinan schrie entsetzt auf und riss Mojisola mit sich hinter dem Fels zu Boden.
    Ein Blizzard fegte über sie hinweg, heulte, als sei er lebendig und jage alle, die dem Volk des Dunklen Mondes angehörten und auch nur ein wenig Feuerkraft oder Erdmagie in sich hatten.
    Es dauerte lange, bis der Sturm verebbt war und Sinan es wagte, wieder über den Felsen hinweg ins Tal zu schauen. Es war still im Dorf, während sich die wild wirbelnden Böen langsam legten. Dann blinkte etwas im Westen der Hütten   – dort, wo der Pferch gewesen war   – im Licht der Roten Sonne auf, so als sei etwas plötzlich in Glas eingeschlossen.
    Sinan ahnte, worum es sich handelte.
    Der Heermeister hatte die Hirten in Eis eingeschlossen. Er hatte sie alle erfrieren lassen.
    Mojisola schob sich schweigend neben ihn. Es war, als könnte auch er nicht in Worte fassen, was er sah.
    »Der Heermeister ist wahrlich der Zwilling dieses grausamen Königs«, sagte Sinan schließlich heiser. Kurz schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, ob seine Schwester wirklich die Kraft hatte haben könnten, sich gegen einen so machtvollen Magier der Luft durchzusetzen, wenn dieser etwas erreichen wollte.
    Vielleicht war es wirklich nicht ihre Schuld, dass sie nun grüne Magie in sich hatte.
    Winzige dunkle Punkte lösten sich schließlich aus dem Staub, der alles bedeckte. Sie verschwanden schnell nach Südwesten, in die Richtung, in der die Straße nach Sirakand lag und die deshalb die beste Verpflegung versprach. Es waren also ausschließlich die Reiter des Heermeisters. Sinan wusste, dass die Absicht, der Straße zu folgen, nicht nur reine Bequemlichkeit der Elben war. Wer das Wüstenland betrat und es nicht kannte, war darauf angewiesen, tagsüber Schutz und die Brunnen der Oasen zu finden. Das galt besonders für Elben, die Hitze, Trockenheit und Staub um einiges schlechter ertrugen als Menschen.
    Sinan wusste, dass der König und der Heermeister in ihm einen Spion des Zaranthen vermuteten. Kein Wunder also, dass man dachte, er sei direkt auf dem Weg dorthin.
    Weder er noch Sanara waren trotz der Feuermagie, die sie besaßen, Wüstenmenschen, das wusste der Fürst. Er durfte damit rechnen, Sinan und seiner Gefangenen auf der Straße zu begegnen, die von einer Oase zur anderen führte.
    Ein Teil von Sinan war erleichtert, als er sah, dass die Reiter sich aus dieser Richtung fortbewegten. Denn er und Mojisola würden den Verfolgern ein Schnippchen schlagen. Sie wollten direkt nach Süden gehen, weit abseits der Straße, am Vanion-See vorbei ins Kantar-Gebirge, und erst von dort zurück nach Nordwesten in die Hauptstadt Sirakand.
    Und doch hatte er ein schlechtes Gewissen. »Wir hätten nicht gehen dürfen«, murmelte er.
    Mojisola erhob sich. »Was hättest du tun wollen?«
    Sinan schwieg.
    »Was du fühlst, spricht für dich, Sinan Amadian«, sagte Mojisola. »Und du wirst noch mehr tun, um deinem Namen gerecht zu werden. Du hast selbst gehört, dass Saif von Jatamar, der Zaranth, Verstärkung aus Guzar und dem südlichen Entarat herbeigerufen hat. Er wird sich freuen, wenn Sinan Amadian ihm ein Schwert verspricht. Du wirst die Ehre deines Hauses wieder herstellen können.«
    »Ich habe den Fürst doppelt gedemütigt«, murmelte Sinan. »Ich nahm ihm die Gefangene, die den Krieg entscheiden sollte und sein Schwert. Doch er wird erst aufgeben, wenn ich ihn mit diesem Schwert getötet habe!«
    Mojisola nickte. »Ich weiß, dass du das schaffen wirst. Jetzt komm. In drei Tagen werden wir das letzte Wasserloch vor der Wüste erreichen. Lass uns in dessen Nähe bleiben, bis dort eine Karawane kommt,

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