Dunkelmond
Blick zu, den Telarion nicht zu deuten vermochte. »Ich weiß, wer Ihr seid, Herr«, stieß sie hervor. »Ihr seid der Zwilling des Elben, der sich König nennt. Es heißt, Ihr seid der wahre Erbe des Vanar und seiner Magie,und so solltet Ihr nicht den Tod bringen, sondern Eurer Gabe gemäß das Volk und die Welt heilen! «
»Es ist nicht an dir, zu entscheiden, welche Pflichten ich zu erfüllen habe, Weib«, erwiderte Telarion scharf. »Und ich erfüllte diese Pflichten schlecht, wenn ich zuließe, dass das Chaos mir die Herrschaft aus der Hand reißt und dieses Reich in Schutt und Asche legt!«
Die junge Frau nickte, doch ihre Miene zeigte Verachtung. »Wer andere besiegt, hat zweifellos Kraft, Mendaron. Doch nur wer sich selbst besiegt, der besitzt wahre Stärke!«
Telarion schüttelte entschieden den Kopf. »Ich kenne die Sprüche der Weisen, Weib. Es ist klug, sie zu beachten, doch anwenden muss nicht nur ich sie, sondern das gilt ebenso für die Magier des Akusu! Denn es heißt bei den Weisen auch, dass man nicht zu den Waffen greifen soll, wenn Gefühle dazu verleiten.«
Die Wut im Gesicht der jungen Frau verschwand plötzlich und wich einer tiefen Verbitterung. »Das Schicksal hat Euch und Eurem Bruder die Macht gegeben, und es ist an Euch, sie nach Eurem Ermessen zu nutzen. Ich kann nur zu meinem Schöpfer beten, dass er Euch Erleuchtung schenkt.«
Sie ging erneut in die Knie und beugte sich über ihren sterbenden Mann. So gut sie konnte, bettete sie sein Haupt mit einer Hand in den Schoß. Mit der anderen versuchte sie, ihr weinendes Kind zu beruhigen. »Es bleibt mir nur, Euch um ein schnelles Ende zu bitten.«
Für einen Moment wurde es still. Nur das Kind im Arm der Frau weinte leise.
»Herr, hier drüben!«
Die Stimme Gomarans erklang aus einem Verschlag, der sich im Osten eines der Hütten dort befand. Man hatte versucht, die Spuren zu verwischen, doch es war deutlich, dass dort erst vor Kurzem ein Schmied gearbeitet hatte. Mit langen Schritten ging Telarion zu Gomaran hinüber.
»Seht, die Asche ist noch warm«, sagte Gomaran und zerrteeinen mageren Menschen hinter der Esse hervor. Der Mann war schwach und offenbar keiner, der Eisen und Metalle zu bearbeiten verstand. »Dieser hier sagte mir, dass zwei reisende Schmiede gestern Nacht Unterschlupf suchten. Von der Feuerhexe sagte er nichts. Sie erledigten ein paar Arbeiten für die Dorfleute um einer Mahlzeit willen und sind heute früh aufgebrochen.«
Telarion nickte grimmig und sah auf den Mann hinab, der vor Angst beinahe verging.
Dann wandte er sich um und schritt zu dem Pferch zurück.
»Sag uns, in welche Richtung die Feuermagierin davonging, die ich suche. Sie ist in Begleitung eines Musikanten und zweier Schmiede. Von diesen weiß ich, dass ihr sie beherbergtet!«, wandte sich Telarion an die Frau, die immer noch ihren halbtoten Mann auf dem Schoß hatte und ihr Kind hielt – ein Bild, das sein Herz rührte.
Telarion spürte die Blicke seiner Soldaten auf sich ruhen. Er wusste, dass sein Bruder darauf bestand, dass er konsequent war. Auch für die Moral seiner Soldaten wäre es besser gewesen, sich von den Bitten der Frau nicht rühren zu lassen. Doch andererseits hatte das Weib, wahrscheinlich die Priesterin des Akusu in diesem Dorf, ebenfalls recht. Nur wer Milde zeigte und im rechten Moment nachgeben konnte, bewies wahre Stärke.
»Ihr sollt nicht darunter leiden, dass sich Rebellen bei euch versteckten«, fügte er sanfter hinzu. »Wenn du mir verrätst, wohin sie geflohen sind, werde ich denen Heilung zukommen lassen, die noch in der Lage sind, sie zu empfangen.«
Doch in den dunklen Augen der Hirtin blitzte es nur zornig auf. »Eher werde ich meinem Kind einen schnellen Tod zukommen lassen, als dass die Kälte Eurer Magie es vergiftet!« Damit brach sie einen der handspannenlangen und giftigen Dornen eines Raqorbusches im Zaun ab und hielt ihn drohend über ihr Kind.
Telarion spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Diese Frau opferte lieber ihr Kind, als dass sie der Zerstörungswut des Syth abschwor? »Wie kannst du das nur tun, Weib!«, brach es aus ihm hervor. »Siehst du nicht, wie sehr der Geist der Zerstörung schon Besitz von dir ergriffen hat?«
»Und doch«, sagte die Frau, »wäre mir lieber, mein Kind stürbe, als dass es unter Eurer Tyrannei weiterleben muss und seinen Schöpfer Akusu und damit die wahre Ordnung der Dinge zu verleugnen lernt!«
Zorn über die fehlende Demut in ihren Worten legte sich wie ein
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