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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Liedes.
    Wer war das? Für einen Augenblick glaubte sie, den Geist zusehen, den der Heermeister ihr in ihr Gefängnis geschickt hatte. Entsetzt starrte sie den Plagegeist an, der sie in den Wochen ihrer Gefangenschaft beim König nicht in Frieden gelassen hatte.
    Wie hatte er sie finden können?
    Sie hatte Mühe, die Melodie des wortlosen Lied nicht abbrechen zu lassen.
    Doch dann spürte sie Kraft in sich.
    Zorn.
    Hitze wallte in ihr auf wie Feuer, verband sich mit dem dunklen Rauch und dem grünen Wind in ihr zu einem Feuersturm. Nun wusste sie, was zu tun war. Sie griff in die Flamme ihrer Magie und sah, wie sich ein Feuerball auf ihrer ausgestreckten Hand bildete. Sie sah an sich herab und erkannte, dass sie eine eigene Gestalt angenommen hatte.
    Eine Frau in Reisehose, Bluse, Lederwams und mit dem darstan , wie die Frauen von Solife und Guzar ihn trugen.
    Die wenigen Nebelschwaden, die noch da gewesen waren, wichen plötzlich zurück, als fürchteten sie sich vor dem lodernden Feuer, das sie in der Hand hielt.
    Einen Herzschlag später war Sanara mit dem Geist auf einer Ebene, die sich endlos nach allen Richtungen erstreckte, allein. Kein Berg war zu sehen. Kein Fels. Keine Bodenspalte, kein Himmel, nichts.
    Nur in der Ferne schienen ein violetter und ein silbriger Streifen Licht aufeinanderzustoßen und bildeten eine Art Horizont. Es war, als würden dort Blitze zucken.
    Plötzlich wusste Sanara, dass dies der Ort war, wo das Siegel zu finden sein würde.
    Doch im gleichen Moment wusste sie auch, dass ihre eigene Kraft niemals ausreichen würde, um dorthin zu gelangen und es zu bergen. Etwas war falsch.
    Etwas an den Magien in ihr und denen, die ihr halfen. Doch sie konnte nicht den Finger darauflegen, was es war.
    Der Geist trat ihr in den Weg und kam auf sie zu. Auch erstreckte die Hand aus, als wisse er, was Sanara dachte: Sie war zu schwach, um zu erreichen, wozu sie gekommen war. Die Hand des Nebelwesens war leer, und doch wollte Sanara um jeden Preis vermeiden, dass der Geist sie berührte.
    Sie hatte ihn durch ihre Flucht abgeschüttelt, und Syth sollte sie holen, wenn sie sich ihm jetzt auslieferte und er in ihren Gedanken las, wo in der geschaffenen Welt sie sich befand!
    Dann sah sie in die Augen des Geists. Keine Iris, keine Pupille war darin zu sehen. Nur violett.
    Er selbst hätte genauso gut ein Mann wie auch eine Frau sein können. Größer als sie, schlank, ein weites Gewand, die dunklen Haare, lang und glatt wie die eines Elben.
    Die Gestalt erinnerte bis auf die violetten Augenfunken an Ys.
    War es der Schöpfergeist des Chaos selbst, der da vor ihr stand?
    Ich habe dich gesucht, doch ich wusste, ich finde dich hier früher oder später, Seelenherrin. Sage mir, wo in der geschaffenen Welt bist du? Wer ist stark genug, dich zu halten? Doch warte, ich kann erraten, wo du in der diesseitigen Welt bist. Das Silber in dir sagt es mir. Du hast im Norden der Welt Zuflucht gesucht.
    Es klang zufrieden, und wieder langte die Hand aus Nebel nach ihrer Stirn.
    »Bleib mir vom Leib«, sagte Sanara, ohne das wortlose Lied zu unterbrechen. Sie fragte sich, wie man sprechen konnte, ohne im Gesang innezuhalten. Dann wusste sie auf einmal, dass ihr Körper das Lied sang, während ihr Geist – das, was hier in der endlosen Ebene stand – das Wort erhob.
    Auch deshalb war das Lied des Dunklen Mondes etwas Besonderes.
    Im gleichen Moment loderte die Flamme, die auf ihrer Hand brannte, erneut auf. »Du hast keine Macht mehr über mich!«
    Das Gespenst wich in sichere Entfernung zurück.
    Dann warf es den Kopf in den Nacken und lachte auf.
    Sieh dich nur an! Eine Feuermagierin, die mit der Macht eines Elben kämpft, dem sie hoffnungslos verfallen ist!
    M an kann dich wahrlich für die halten, die das Siegel finden wird! Doch sieh dich vor. Dir mangelt es an Erfahrung. Vielleicht dienst du damit nicht der Ordnung, sondern letztendlich dem Chaos.
    »Ich diene der Ys!«, schrie Sanara. »Du bist derjenige, der dem Syth dient, oder bist du es gar selbst?«
    Die Gestalt hob rasch die Hand und schlug ein Zeichen, so als wolle sie sich vor einem Fluch schützen.
    Ich wäre gern wie mein Herr. Er ändert Dinge. Er schafft Neues. Doch Ys steht still. Sie beruhigt alles und hat damit die gleiche Macht wie der Tod. Immer heißt es, der Schöpfergeist des Chaos sei der Tod. Doch das stimmt nicht. Ys ist es. Ihre Herrschaft muss gebrochen werden.
    »Niemals«, versicherte Sanara. »Ich diene dem Leben, nicht Tod und

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