Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
Vom Netzwerk:
Vernichtung!«
    Ah. Du dienst also dem Leben. Der Geist schien zu lachen. Natürlich. Ist das dein eigener Gedanke, oder ließ der Zwilling des Königs ihn in dir zurück, wie er auch den Wind in dir zurückließ, der dein Feuer schürt?
    Wieder hätte Sanara sich beinahe in der Kadenz geirrt und das Falsche gesungen, als der Geist sie auf Telarion Norandar ansprach. Sie spuckte aus. »Wie könnte ich die Arroganz und Grausamkeit dieses Elben lieben!«
    Wen willst du täuschen? Wieder lachte der Geist. Es klang boshaft. Sieh die Flamme an, die du auf der Hand hast und die du aus deinem Inneren formtest. Sie ist grün!
    Die Magie Telarion Norandars ist in dir, und sie wird stärker! Eigentlich ist es ein Wunder, dass du noch die Kraft hast, dir hier in der Leere eine Form zu geben. Diese Kraft schwächt dich. Wie die meisten Geschöpfe bist du nicht in der Lage, die Magie des jeweils anderen Schöpfermondes zu meistern, wenn du sie in dir hast. Ich glaube, nur meinem Meister Syth ist es zu verdanken, dass dein Seelenbild Bestand hat.
    Sanara schnaubte. »Du machst mir nicht weis, dass ich in Wahrheit auf der Seite von Chaos und Vernichtung stehe.«
    D ie Schöpfergeister sind eins, denn sie schufen die Welt gemeinsam aus allen Stoffen. Du bist diejenige, die die Kraft besitzt, das Siegel zu finden. Doch du weißt nicht einmal genau, wonach du suchst! Der grüne Wind in dir hindert dich daran. Das Siegel kann die Trennung, die Ys vornahm, wieder aufheben. Doch es könnte sie auch für alle Zeiten manifestieren. Du brauchst Hilfe. Sag mir, wo in der geschaffenen Welt du bist. Bist du auf dem Weg in die Zendarberge, wo sich die Weisen befinden?
    »Vielleicht ging ich doch nach Süden. Und woher willst du überhaupt wissen, dass ich floh?«, fragte Sanara statt einer Antwort.
    Dachtest du, deine Flucht wäre dem Heermeister oder dem König verborgen geblieben? Telarion Norandar spürte es noch in der Stunde deines Verschwindens. Er selbst nahm deine Verfolgung auf und ließ sich nicht davon abbringen. Der Geist lachte wieder, als amüsiere ihn der Gedanke. Er konnte wohl nicht ertragen, dass du von ihm fortgingst. Und so folgte er dem Feuer, das er seit deiner Heilung in sich spürt, in dessen Heimat. Den Süden. Denn er hatte nur den Wunsch im Herzen, dich zu finden. Wie du, ist er nicht in der Lage, die Kraft des anderen Mondes in sich zu beherrschen.
    Die Flamme auf Sanaras Hand loderte bei diesen Worten jäh auf. »Geh weg!«, schrie sie und ließ dem Feuersturm freien Lauf.
    Der Geist löste sich auf, wurde unsichtbar. Doch sein Lachen verfolgte Sanara weiter, hallte in ihrer Seele wider, wurde lauter und lauter.
    Mein Herr war mir wohlgesonnen. Denn die Flammen in dir werden vom kalten Wind geschwächt. Und auch der Heiler des Königs trägt schwer am Feuer in sich. Zusammen mit der Hitze und dem Feuer der Wüste, die meinem Herrn gehört, wird es sein Eis und den Sturm in ihm ersticken. Der Geliebte deiner Seele wird ster…
    Sanara schrie auf.
    Sanara zuckte zusammen. Plötzlich hörte sie nur noch ihr eigenes Keuchen in der einer Stille, die mehr Substanz hatte als der Äther auf den Jenseitigen Ebenen. Doch ihr eigener Schrei dort hallte noch in ihr nach.
    Erst nach einer Weile fand sie sich wieder zurecht.
    Sie war im westlichsten Gemach des Grünen Turms, dem Heiligtum des Akusu, und wusste nicht, wer sie aus den Nebeln in die geschaffene Welt zurückgerissen hatte.
    Oder hatte dieser Geist sie gestoßen?
    Ein Luftzug wehte über ihr schweißnasses Gesicht. Er kam von Norden, wo die Mauer, wie im Westen, durchbrochen war und die Mondstrahlen einließ. Dort konnte man bei Tag und klarem Wetter über den Mondsee hinweg die Ausläufer des Zendar-Gebirges sehen. Doch nun war es Nacht. Der See und der Wald am Ufer waren nur unterschiedlich dunkle Silhouetten.
    Flackernde Schatten tanzten an der östlichen Wand, die mit Fresken geschmückt war. Sie kamen von einem großen Schwarzsteinbecken, das auf einer mannshohen Säule im Westen des Gemachs stand und aus braunem Schiefer gemacht war.
    Die elfenbeinfarbenen Äderungen des Steins schienen auf einmal zu flackernden Blitzen zu werden. Erschöpft schloss Sanara die Augen und merkte nicht, wie sie vornüber sank.
    Dann war jemand über ihr, so plötzlich, dass sie erschrak.
    Doch die Hände, die nach ihr griffen, waren fest und warm, genau wie der Körper, an den sie gezogen wurde, und hielten sie fest. Der Leib bot Halt und roch angenehm nach der erdigen Wärme eines

Weitere Kostenlose Bücher