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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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aufrichten zu wollen. Es war, als blicke diese Gestalt von den Bergen über den See hinweg. Zwei Gestalten, eine dunkelhaarige, deren olivfarbene Haut von Sommerflecken übersät war, und eine blonde mit heller Haut, knieten in respektvoller Entfernung vor ihr. Sie verneigten sich vor der in ein schlichtes, graues Gewand gehüllten Dari in einer Geste vollendeter Demut.
    Es waren die Zwillingskinder der Ys und des Syth. Der eine dunkel, mit fleckiger Hautfarbe wie Sanara selbst und einer Flut aus rötlich-schwarzem, zu feinen Zöpfen geflochtenen Haar, das zu einem Knoten verschlungen war und aussah, als stünde es in Flammen.
    Die andere Gestalt war das Gegenteil davon, goldblondes, offenes Haar, ein helles, reines Gesicht, so klar, dass es selbst in der Dämmerung, die im Saal herrschte, zu leuchten schien.
    Als Sanara wieder zu Harumad schaute, war ihr, als sei diese Szene ein Sinnbild für die wirkliche Welt. Der Silberne Mondstand über den Bergen und sandte seine Strahlen über den See hinweg zu ihr selbst, die sie die Kräfte des Dunklen und des Goldenen Mondes in sich trug.
    Harumad wandte sich schließlich um. »Weiß Ronan davon?«
    »Er weiß um meine Magie«, sagte Sanara nach einigem Zögern.
    »Nein.« Harumad schüttelte den Kopf. »Das meinte ich nicht. Ich meinte, ob Ronan weiß, dass Ys dir die Liebe zu einem Fürsten der Elben eingegeben hat.«
    Ihre Hände ballten sich unwillkürlich zu Fäusten. »Warum muss ich mir immer wieder anhören, dass ich einen Elben liebe?«, fuhr sie auf. »Ich habe nicht darum gebeten, mein Seelenfeuer mit kaltem Wind zu mischen!«
    Harumad hob die Augenbrauen. »Willst du mir sagen, du weißt nicht, was Ys’ Segen bedeutet?«
    Sanara starrte ihn verständnislos an.
    »Ich werde versuchen, es dir zu erklären«, sagte Harumad. »Mich erstaunt, dass Ronan das nicht schon längst erkannt und dir gesagt hat. Doch ich schätze, dass ihm seine Verliebtheit in dich den Blick verstellt. Und doch hat er recht – du bist diejenige, die in den Nebeln das Siegel finden kann. Nur du hast die Kraft dazu, und er hat recht, wenn er sagt, du musst zu den Weisen. Ys kann nichts allein schaffen. Sie hat auch das Siegel nicht allein machen können. Und so kannst auch du es nicht allein finden.«
    Harumad löste sich vom Fenster und ging zur östlichen Wand.
    Vor dem in feuchten Putz gemalten Wandbild blieb er stehen und wies auf einen Felsen, der dort gemalt war. Er war rötlich, und dahinter, ganz im Süden der Mauer, stand jemand und beobachtete die drei Wesen, die Verkörperungen der Monde darstellten.
    Ein Mann, kraftvoll und auf eine düstere Weise gutaussehend. Seine mehrfarbigen Haare waren zu Zöpfen geflochten, zu Knoten gewunden und mit Fäden umwickelt und geschmückt. Er trug prachtvolle Gewänder und die Rüstung eines Kriegers sowie eine hohe Glefe mit kunstvoll verziertem Blatt.
    Es war Syth, der Schöpfergeist der Veränderung und desChaos. Er betrachtete die drei anderen Figuren. Doch obwohl er von ihnen abgesondert war, schien er diesen Zustand und die drei anderen nicht zu hassen oder zu verachten. Im tanzenden Licht glaubte Sanara sogar, er mustere die schlanke Frauengestalt in ihrem von Silber durchwirkten Kleid mit einem überaus freundlichen, ja zärtlichen Blick. Dennoch spürte man die Bedrohung, die von ihm ausging: die ständige Zerstörung und das Chaos, das keinem Ding die Ruhe zum Gedeihen ließ.
    Wie der Geist, den sie in der Leere getroffen hatte und den ihr der Heermeister geschickt hatte.
    Trotzdem schien es, als sei die Welt nur mit ihm vollständig.
    Du kannst es nicht allein. Du brauchst Hilfe.
    »Das ist Syth«, fuhr Harumad fort. »Er kann sein Wesen nicht ändern, konnte es aber auch nicht ertragen, dass genau das der Ys Kummer bereitete. Sie schufen das Siegel, das ihn in die Leere bannte, gemeinsam. Er tat es, um ihr weiteren Kummer zu ersparen. Doch die geschaffene Welt kann nicht nur auf einer Säule stehen. Die Dunkle Magie, die Kräfte des Feuers, der Erde und der Nebel können nicht sein ohne die Magien des Lebens, des Wassers und der Luft. All dies stammt von Ys, aber sie konnte es nicht ohne den Syth erschaffen.
    Und so kann auch das Siegel nur von dir geborgen werden, denn du bist die Nachfahrin des ersten Menschen, den Akusu aus Feuer und Erde erschuf und dem er die Macht über den Tod verlieh. Du kannst es jedoch nur finden, wenn die goldenen Kräfte des Vanar dich begleiten. – Die zwei, die unterschiedlich sind und doch

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