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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Hauptmann, der ein paar Schritte entfernt stehen geblieben war und sich ungeduldig nach Sinan umsah.
    Ronan warf Sinan noch einen langen Blick zu, bevor er in der Hütte verschwand, in der sich Berennis befand.
    »Komm jetzt!«, drängte der Hauptmann. »Ich bin sicher, mein Herr verzeiht die Verspätung, wenn ich ihm den Grund erkläre. Aber wir sollten seine Geduld nicht überstrapazieren.«
    Sinan horchte in sich hinein. Dort, wo er erwartete, tiefe Trauer um Berennis und brennenden Hass auf den Heermeister und dessen Hauptmann zu befinden, war nichts als Leere.
    Das kastron der Feste Bathkor thronte über den drei inneren Ringen der Stadt Bandothi, und so dauerte es einige Zeit, bis der Hauptmann es mit seinen drei Gefangenen erreichte.
    Eigentlich hätte Sinan Bewunderung für die Steinmetzarbeit seiner Vorfahren spüren müssen, doch heute fand er nichts dergleichen in sich. Die Mauern der uralten Festung waren, wie die übrige Stadt, aus dem grauen Granit der nördlichen Loranonberge erbaut. Nur der Palas der Festung selbst, halbrund um einen weiten Hof gebaut, bestand aus schwarz und gold geädertem, hellem Marmor. Es gab Erker, Türmchen, Arkaden und Fenster, die manchmal aus Glas, manchmal aus Maßwerk bestanden; auf ihnen waren Motive aus den Legenden der Elben und auch der Menschen festgehalten.
    Tarind Norandar und seine Königin bewohnten den zentralen Teil des großen Palas. Er bildete den Mittelpunkt des kastrons , das über der Stadt auf einem Felssporn hing und von den hohen Zinnen der Umgebungsmauer die Sicht über die Stadt und das weite Flusstal davor gewährte. Während der Blick nach Süden ging, lag der Palas im Norden am Berghang und war – da er in den Berg hineinragte   – der dunkelste Teil des Schlosses.
    Im vorderen Hof, über den der Hauptmann Sinan, Githalad und Aedan führte, befand sich der Mittelpunkt des alltäglichen Lebens. Ein Waffenboden stand in der Mitte, im Westen die Stallungen und unter dem östlichen Gebäudeflügel ein Teil der Unterkünfte für die Wachen, die sich auf den Zinnen abwechselten. Die Schmieden und anderen Werkstätten, die das Leben auf dem Schloss erleichtern sollten, lagen an der südlichen Wehrmauer. Der Eingang zur Küche war an der Südseite des Westflügels zu finden, sodass die Köche, Dienstmägde und Küchenhelfer nicht das Schloss selbst betreten mussten, wenn sie wie jeden Tag zum Arbeiten aus der Stadt kamen. Immer wieder huschten Dienerinnen und Küchenmägde von den Gärten, die hinter dem Ostflügel des Palas lagen, zur Küche an den arbeitenden Männern vorbei. Ihr Kichern erinnerte Sinan an Berennis’ Lachen.
    Sein Blick fiel auf den Waffenboden, auf dem Soldaten gerade Ringübungen durchführten. Die Elben bewegten sich schneller, als Sinan ihnen folgen konnte, aber da er selbst als Kind die Kampfkunst gelernt hatte, konnte er nicht umhin, die Eleganz und Geschmeidigkeit der Bewegungen zu bewundern. Der Waffenmeister seines Vaters hatte ihm einmal erzählt, dass Elben diese Geschmeidigkeit dem Mehr an Übung verdankten, das sie den Menschen schon aufgrund ihrer längeren Lebenserwartung voraushatten.
    Die Übungen wurden vom Gejohle der Gefährten begleitet, während die hauptsächlich menschlichen Handwerker – die Pferdeknechte, Sattler, Hufschmiede und Tuchmacher – ringsum in den halb offenen Werkstätten ihrer Arbeit nachgingen. Direkt unter der Wehrmauer, auf denen ebenfalls Elben der Schlosswache patrouillierten, befanden sich die Schmieden.
    Als Sinan daran vorbeikam, begutachtete er das Werkzeug unddie, die es handhabten, genau. Nur sehr wenige trugen das Zeichen des Akusu auf dem linken Arm. Das überraschte ihn. Er hatte erwartet, gerade hier am Hofe mehr Menschen anzutreffen, deren Magie von Akusu gesegnet war. Im Vergleich zu denen, die ihr Handwerk als gelernten Beruf ausübten, waren Dunkelmagier wie er in der Minderzahl, das wusste er wohl, doch er hatte geglaubt, der Elbenkönig würde mehr in seinen Diensten halten.
    Wenn das hier alle Schmiede waren, die für den König und den Heermeister arbeiteten, dachte Sinan, verwunderte es nicht, dass der Heermeister sich sein Schwert ausgerechnet von ihm wünschte.
    Für einen Augenblick fühlte Sinan sich geschmeichelt. Er würde dafür sorgen, dass dieses Schwert einen legendären Ruf erlangte. Doch mit einem Mal spürte er wieder die Kälte, die die goldenen Bänder an seinem Hals erzeugten. Der Stolz, der ihn gerade noch erfüllt hatte, löste sich in nichts auf, und

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