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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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einer eurer Totenherren sie zurückholen könnten.« Er machte eine Pause und sagte dann: »Es ist sinnlos, ihren Körper zu pflegen. Das ist kein Leben. Für dich nicht und nicht für sie.«
    Sinan starrte auf sie hinab. Die Goldbänder, die er trug, unterdrückten nicht nur seine Magie, sondern auch tiefere Gefühle. In Sinans Herz regte sich Hass, der aber noch im Moment des Entstehens zu Trauer wurde.
    »Ich werde nicht gehen, ohne sie mitzunehmen«, sagte er schließlich. Ich kann sie nicht im Stich lassen.
    »Das hat mein Herr nicht gestattet«, erwiderte Gomaran steif. »Nur du, der Schmied Githalad und sein Gehilfe wurden an den Hof des Königs und in den Dienst seines Bruders gerufen.« Etwas milder fügte er hinzu: »Du könntest ihr ohnehin nicht mehr helfen. Niemand könnte das. Du bist ein Mensch, du solltest besser wissen als ich, dass ihre Seele keinen Frieden finden kann, wenn du sie mit dem winzigen Funken Leben in ihrem Körper daran bindest. Es ist eine Qual, gebunden zu sein, ohne zurückkehren zu können. Lass sie gehen und den Weg zu ihrem Schöpfer suchen.«
    »Ich werde sie nicht aufgeben, nur um dem Herrn zu dienen, der sie getötet hat«, wiederholte Sinan hartnäckig und strich Berennis eine rotbraune Locke aus dem Gesicht. »Ihr sagt mir immer wieder, ich sei ein Sklave, doch mein Schöpfer hat mir einen freien Willen gegeben.«
    »Sie hat dir viel bedeutet. Willst du sie quälen, nur um deinen Ungehorsam meinem Herrn gegenüber zu demonstrieren?«
    Sinan wusste nicht, was er antworten sollte. Er vermied es, Gomaran anzusehen.
    Schneller, als er reagieren konnte, hatte der Hauptmann ein kurzes wakun aus dem Schwertgehänge gezogen, das er um die Hüften trug. Mit schneller Hand zog Gomaran die scharfe Klinge über Berennis’ Kehle. Ein leises Gurgeln war zu hören, dann breitete sich auf der Filzdecke, mit der Sinan sie sorgsam zugedeckt hatte, ein Blutfleck aus. Es dauerte nur ein paar Herzschläge, bis Berennis’ Körper den letzten Atemzug tat.
    Sinan kam es vor, als würde sie erleichtert aufseufzen.
    Dann war sie still. Und zum ersten Mal seit dem Unfall sah sie für Sinan wirklich tot aus.
    Gomaran schlug vor seiner Brust das Zeichen der Ys. »Ich wünsche ihrer Seele Frieden«, sagte er. »Doch du solltest jetzt mitkommen.«
    Sinan war von der Reaktion des Hauptmanns überrascht und schwieg. Er sah auf Berennis hinab und erwartete, dass Tränen in seine Augen stiegen, doch sie blieben trocken.
    »Ich wünschte, du würdest auch mich töten«, murmelte er.
    »Das werde ich nicht tun, denn mein Herr gab mir nur den Auftrag, dich und die anderen Schmiede zu ihm zu bringen«, erwiderte Gomaran. Seine Stimme klang nicht unfreundlich, aber so gleichgültig, dass Sinan gleichwohl ein Schauder über den Rücken lief. »Auch wenn du es nicht willst, ich werde seinem Befehl immer gehorchen. Es wäre also besser, du kämest freiwillig mit.«
    Sinan hob nicht einmal den Kopf.
    Gomaran, der schon fast wieder aus der Hütte hinausgegangen war, sah sich am Eingang noch einmal um. »Meine Männer werden gestatten, dass deine Leute die Totenriten, die ihr für angemessen haltet, durchführen«, sagte er.
    Sinan wandte sich um, stand aber noch nicht auf. »Warum tut Ihr das?«
    Gomaran richtete sich auf. »Mein Fürst hat dir schon einmal auseinandergesetzt, dass er als Herr des Lebens Respekt auch vor den Menschen hat. Ich folge ihm darin, wie in allem. Er hat jedoch keinen Respekt vor Dingen wie Ehrlosigkeit, unnötiger Grausamkeit oder Rücksichtslosigkeit… Eigenschaften, die er bei deinem Volk immer wieder findet. Und jetzt komm. Wir haben keine Zeit mehr.« Er wandte sich um und ging.
    Sinan stand langsam auf. Als er vor die Hütte trat, lehnte Ronan am Pfosten des Eingangs.
    »Ich werde dafür sorgen, dass ihr jede Ehre zukommt, die sie verdient hat«, sagte der Musikant leise. »Glaub mir, ihre Seele wird die Feuer des Dunkelmonds finden.«
    Sinan sah ihn an. Wie wollte Ronan das anstellen, ohne dass er Macht über die Seelen besaß? Doch in den dunklen Augen des Mannes war keine Falschheit zu sehen.
    »Danke«, murmelte Sinan.
    Ronan hob seine pathi vom Boden auf. »Ich war lange nicht mehr in dieser Stadt. Ich glaube, wenn wir Berennis ihrem Element, der Erde, übergeben haben, werde ich eine Zeitlang in den Tavernen der Oberstadt zubringen. Vielleicht finde ich jemanden, der bereit ist, sich die großen Legenden von einst vortragen zu lassen«, sagte er mit einer Verbeugung vor dem

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