Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
Vom Netzwerk:
hatte, sich nach Jahren der Zurückhaltung gegen die Ungerechtigkeiten der Elben zur Wehr zu setzen. Vielleicht hatte sie sich entschlossen, ihre Gabe nun doch einzusetzen. An keinem Ort der Welt gab es eine bessere Gelegenheit, sie zu sehen und sich mit ihr zu verständigen. Vielleicht konnten sie gemeinsam schaffen, zu was er allein nicht in der Lage gewesen war: die verfluchten Elbenzwillinge besiegen.
    Er musste zu ihr. Es musste eine Möglichkeit geben.
    Zum ersten Mal seit dem Fall von Kharisar keimte Hoffnung in Sinan. Eine Hoffnung, die auch die beiden Goldbänder um seinen Hals nicht zu dämpfen vermochten.
    »Nun?«, wiederholte Bertalan ungeduldig. »Wie lauten eure Namen?«
    Während Githalad und Aedan sich beeilten, ihre Namen zu nennen, wechselte Sinan das Thema. »Ich wusste nicht, dass der Fürst sich dazu herablässt, selbst die Gefangenen zu quälen«, sagte er, ohne sich umzudrehen. Er hoffte, dass seine Stimme beiläufig klang und nicht verriet, wie wichtig ihm eine Antwort war.
    Er hörte, dass Githalad scharf den Atem einsog und ihn zurechtweisen wollte, doch Bertalan, der dabei war, die Werkstatt zu verlassen, kam ihm zuvor.
    »Der Heermeister foltert niemanden«, sagte der Vogt. Obwohl er sich nicht umdrehte, konnte Sinan hören, dass er Unmut über den Einwurf empfand. »Er ist ein Herr des Lebens und respektiert es, wo er es antrifft.«
    Die Phrase ließ die Flamme von Sinans Widerspruchsgeist so hoch auflodern, dass selbst die beiden Sklavenbänder es nicht unterdrücken konnten. »Das habe ich schon oft gehört«, sagte er. »Doch dieser Herr des Lebens unterdrückt uns und nimmt uns die Kraft, wann immer er die Gelegenheit dazu hat.«
    Bertalan sah Aedan und Githalad an, doch die beiden befassten sich mit dem Werkzeug, das Sinan gehörte.
    »Ich kenne die Geschichten über dich«, sagte der Vogt schließlich. »Du bist Sinan, der Schmied. Der Fürst und der König haben mir erzählt, wie es auf dem Heerzug zuging und wie sie dich für deine Aufsässigkeit bestraften.«
    Er kam näher, warf einen Blick auf die beiden Goldbänder um Sinans Hals und packte sein linkes Handgelenk. »Du trägst dasZeichen des Akusu. Zu gleichen Teilen die Herrschaft über das Feuer und die Schätze der Erde. Ich sehe auch, dass du es im Kloster des Westens empfangen hast.«
    Sinan nickte langsam. Es war Zeit, dem Vogt Respekt zu erweisen, auch wenn er nur geheuchelt war. Um eine gefangene Rebellin im Verlies sehen zu können, brauchte er die Gunst des Vogts und nicht zuletzt des Heermeisters, der die Hausgewalt im kastron innehatte.
    »Ihr kennt Euch aus.«
    Bertalan betrachtete Sinan nachdenklich und schob den linken Ärmel seiner Tunika hoch. Rote Bahnen zogen sich entlang der Muskeln und Sehnen. Darauf waren stilisierte Tiergestalten in samtigem Schwarz zu sehen.
    Der Vogt verstand es also meisterlich, mit Tieren zu sprechen.
    »Du bist vom Dunklen Mond wahrlich gesegnet, und ohne dich je bei der Arbeit gesehen zu haben, bist du sicher der beste Schmied, den wir hier seit Langem hatten«, sagte er. »Das daikon , das du dem Fürsten von Norad machen sollst, wird sicher eine edle Klinge werden.«
    Aedan fuhr herum. Es war das erste Mal, dass er hörte, zu welchem Zweck Sinan – und damit auch er – hergebracht worden waren. Seine Augen weiteten sich. Fragend sah er Githalad an, der hinter ihn getreten war.
    Sinan wich Aedans Blick aus.
    »Ich fürchte, die Waffe wird eher durchschnittlich, auch wenn mein Stolz mir gebietet, meine ganze Kunst in diese Aufgabe zu stecken«, sagte er dann. Selbst in seinen Ohren klang seine Stimme bitter. »Denn ich kann meine Magie derzeit nicht anwenden.«
    Der Vogt nickte. »Der Fürst wird dir zumindest eines der Bänder heute noch abnehmen. Doch das andere wird vorerst bleiben. Er misstraut dir – was dich sicher nicht überraschen wird.« Bertalan wandte sich Githalad und Aedan zu. »Euch und den anderen Schmieden wurde auferlegt, ihn nicht aus den Augen zu lassen. Bewegt euch wie die anderen frei an diesem Hof und in der Oberstadt. Doch sollten er oder ihr zu fliehen versuchen – nun, für den Fall befahl der Heermeister, euch nicht in seine Hände zu geben. Und mag er selbst auch nie eines der Folterinstrumente in den Verliesen anrühren, andere in diesem kastron haben solche Skrupel nicht.«
    Sinan erwiderte nichts. Mit so viel Freiheit hatte er nicht gerechnet.
    Bertalan schien auch keine Antwort zu erwarten. Er nickte noch einmal und ging.
    »Lass uns eine Liste

Weitere Kostenlose Bücher