Dunkelziffer
geht es allerdings um etwas anderes.«
»Und das wäre...?«, sagte Lindblad entgegenkommend und legte die Visitenkarte vor sich auf den Schreibtisch.
Paul Hjelm fixierte ihn. Eine Reihe von Gedanken schoss ihm durch den Kopf. Er dachte - in ziemlich unstrukturierter Form - an das Europa des 18. Jahrhunderts, an Leopold Chamelle, an den Herrensitz des Herzog Gravemonte in Südfrankreich, an Rigmondo, an Andreas Clöfwenhielm und Fac ut vivas.
Er sagte: »Herr Lindblad, Sie geben auf der Mitarbeiterseite von Theta International Communications Mitgliedschaft in folgenden Organisationen an: Djurgärden IF, Danderyds Golfclub, Rotary, Fac ut vivas und David Bowie Official Fan Club.«
»Geht es hier also um mich?«, sagte Lindblad mit einem überraschten Lächeln. »Was könnte ich verbrochen haben?«
»Nicht das Geringste«, sagte Hjelm und hatte das Gefühl, Lindblads Lächeln zu imitieren. »Aber ich interessiere mich für Ihre Mitgliedschaft in Fac ut vivas. Was ist das?«
»Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung«, sagte Lindblad mit unverändertem Lächeln. »Diese Homepage wird ständig aktualisiert, und keiner scheint etwas richtig machen zu können. Was für ein IT-Unternehmen ein wenig peinlich ist.«
»Es stimmt also nicht?«
»Ich gehöre zu den Kapitalisten, die noch nie einen Golfschläger in der Hand gehalten haben, beispielsweise. Bei Rotary bin ich, weil dort manchmal gute Schriftsteller Lesungen halten. Und David Bowie habe ich seit Space Oddity nicht aus den Augen gelassen. Ein paar richtig, ein paar falsch.«
»Aber Sie haben schon einmal von Fac ut vivas gehört?«
»Ich fürchte, nein«, lächelte Lindblad. »Diese Homepage ist ein schrecklicher Mischmasch. Zum Glück sehen die Kunden dort nicht nach. Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen. Worum handelt es sich denn?«
»Ich interessiere mich für einen Orden mit Namen Fac ut vivas«, sagte Paul Hjelm und machte Anstalten aufzustehen.
Olof Lindblad kam ihm zuvor, stand auf und streckte die Hand aus. »Es gibt viele und alle möglichen Orden auf dieser Welt«, sagte er und schüttelte Hjelm die Hand. »Es handelt sich also um eine offizielle Ermittlung?«
»So offiziell ist sie noch nicht«, sagte Hjelm und schüttelte die Hand.
»Sie ermitteln also auf eigene Faust?«, lächelte Lindblad und ließ Hjelms Hand los.
»Vorläufig ja«, sagte Hjelm und ging.
Während er in der Norrtullsgata mit seinem Dienstvolvo eine ganz und gar vorschriftswidrige Kehrtwendung machte und am Odenplan herauskam, dachte er über Olof Lindblad nach. War etwas an ihm nicht echt gewesen? Gab es den geringsten Anlass, seinen Angaben über das allgemeine Chaos auf der Homepage zu misstrauen?
Als ihm tatsächlich der Gedanke kam, dass irgendetwas falsch geklungen hatte, musste er kurz vor dem Einbiegen nach links in die Dalagata wegen einiger Gymnasiasten von Vasa Real eine Vollbremsung machen. Der Gedanke verflüchtigte sich, und nach einem trotz allem ziemlich gutmütigen Faustschütteln in Richtung der verwirrten Siebzehnjährigen fuhr er die Dalagata zum Vasapark hinauf und dachte an die feine Trennungslinie zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
Er wendete bei der Adolf-Fredriks-Musikschule und gelangte zum Tegnerlund. Er hüpfte förmlich aus dem Wagen wie ein aufspringender Ball, nachdem es ihm gelungen war, nicht nur einen perfekt gelegenen Parkplatz zu finden, sondern den Wagen auch präzise einzuparken, und begab sich zur angegebenen Adresse. Dort tippte er den Türcode ein und enterte die zwei Treppen mit geschmeidigen Schritten. Als er die Tür mit dem Namen Clöfwenhielm erreichte, fühlte er sich so lebendig wie lange nicht mehr. Nicht einmal ein zunehmend aufdringlicher Gedanke vermochte ihn zu stören, als er an der Tür klingelte.
Der Gedanke lautete: Warum wollte Olof Lindblad wissen, ob es sich um eine offizielle Ermittlung handelte?
Die Frau, die ihm öffnete, trug eine stark verschmierte Schürze, und ihre Hände waren aus Lehm. So sah es jedenfalls aus. Nicht ein Quadratmillimeter Haut war an den Händen zu sehen. Aber ansonsten war sie mit ihrem zerzausten blonden Haar eine ansprechende Erscheinung.
»Entschuldige«, sagte Christine Clöfwenhielm. »Ich wusste ja, dass du kommst, aber ich konnte nicht an mich halten. Ich habe gerade eine intensive Schaffensperiode. Komm mit in die Küche, ich wasche mir eben die Hände.«
Es störte Paul Hjelm nicht im Geringsten, dass er nicht zu Wort kam. Umstandslos folgte er dem Sog der Energie, die
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