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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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es? Manche von den Frauen habe ich nur ein einziges Mal gesehen. Dann kümmerten sie sich um nichts mehr. Danach musste ich alles allein organisieren.«
    »War es eine von den Müttern, die mit hier sind?«
    Lindegren starrte Sara an, als sähe er sie zum ersten Mal. Nachdem er eine Weile wie verhext dagesessen hatte, sagte er: »Ja, tatsächlich. Ich frage mich, ob es nicht die arme unbedarfte Alma war.«
    »Alma Richardsson?«, sagte Gunnar Nyberg. »Die Sie angebaggert haben?«
    »Wie bitte?«, stieß Lindegren aus und wandte sich zu Nyberg um.
    »Nichts«, sagte Sara und warf Gunnar einen bösen Blick zu. »War sie hartnäckig?«
    »Was?«, sagte Lindegren, der inzwischen ehrlich verwirrt wirkt. Von seinem Ego war nicht mehr viel übrig.
    »War Alma Richardsson begeistert, als sie Saltbacken vorschlug. Sie haben eben gesagt, sie hätte gemeint, das sähe doch gut aus. Aber war sie hartnäckig?«
    Marcus Lindegren ließ seinen erstaunten Blick zum Wald hinüberschweifen. »Ja«, sagte er schließlich. »Das war sie tatsächlich.«
    Das Beste an diesem Job ist, dass man so unglaublich viele verschiedene Menschen trifft, dachte Sara Svenhagen. Die Verhaltensmöglichkeiten des Menschen waren wirklich unzählig. Sie konnte sich nicht verkneifen, ein paar Überlegungen über die menschliche Natur anzustellen, als sie Alma Richardsson gegenübersaß.
    Die Frau, die jetzt auf Marcus Lindegrens Platz saß, war ein seltsam nervöser Mensch. Als spürte sie jeden Augenblick ein bis zur Grenze der Überanstrengung unterdrücktes Bedürfnis, sich über die Schulter zu schauen.
    Zugleich sah sie wesentlich jünger aus als ihre Kolleginnen im sogenannten Klassenfahrtrat. Tatsache war, dass sie süß war. Sie verkörperte quasi die Definition des fragwürdigen Begriffs >süß<. Vermutlich hatte sie an einer Reihe schlechter Erfahrungen mit Männern zu tragen.
    Wie so viele Frauen, dachte Sara bitter und sagte: »Ich möchte eine Stelle aus einer Zeugenaussage vorlesen, ist das in Ordnung?«
    »Natürlich«, sagte Alma Richardsson mit nervöser Mädchenstimme. »Wenn wir nur bald von hier wegkommen. Ich halte es nicht mehr aus.«
    »Was?«
    »Alles. Marcus...«
    »Ich lese«, sagte Sara. »>Scheiß-Marcus, Scheiß-Plastiksoldat, der glaubt, er wäre der fucking King, und dann liegt er unter einem Busch an der Straße und bumst die Mutter von Tunten-Johnny, Pimmel-Alma, als Emily verschwunden ist und alles drauf ankommt, dass es schnell geht.<«
    »Aber Herrgott«, sagte Alma Richardsson bestürzt. »Bumst?«
    »Ist es das, worauf Sie reagieren?«, sagte Sara. »Nicht auf >Tunten-Johnny< ?«
    »Ich weiß, dass er von manchen so genannt wird... Ich habe versucht, mit der Klassenlehrerin darüber zu reden, aber ich glaube, sie will so etwas gar nicht hören. Sie will in ihrer schönen Welt von Literatur und Rosen leben.«
    »Herz der Finsternis ist wohl nicht gerade Rosen...«
    »Doch«, sagte Alma Richardsson bestimmt.
    Es blieb eine Weile still, als hätte man gemeinsam beschlossen, eine Pause einzulegen, dann fuhr Alma mit etwas tieferer Stimme fort: »Mein Sohn ist ein bisschen anders als die meisten. Und wenn man heutzutage eines nicht sein darf, dann anders. Sie wachsen in einer harten Welt auf. Manchmal glaube ich, dass er eigentlich gar nicht hätte auf die Welt kommen sollen, dass es ein Irrtum Gottes war. Er hat keinen Vater.«
    »Keinen Vater?«
    »Ich habe keinerlei Erinnerung daran, wie er entstanden ist. Es war eine chaotische Zeit in meinem Leben. Ich sehe nicht einmal ein Gesicht vor mir, das ich mit der Vaterschaft verknüpfen könnte. Nichts. Wie eine Jungfrauengeburt. Und das war es gewissermaßen wohl auch. Ich war jung und extrem unschuldig und ließ Männer Sachen mit mir machen, um gesehen zu werden und Bestätigung zu finden. Ich bin damit sicher nicht allein, aber so kam es mir vor. Als ob ich nur einsamer und einsamer würde mit jedem Mal. Jedem Mal, wenn ich... mich öffnete...«
    Sara Svenhagen warf einen Blick zu Lena Lindberg hinüber, die die Brauen hochzog. Keiner hatte eine Beichte erwartet, zumal sie auf etwas ganz anderes eine Antwort suchten. Sara wusste selbst nicht recht, warum sie sich auf dieses Gleis begeben hatte. Aber es hatte Früchte getragen, das Eis war gebrochen und was ihr sonst an Klischees noch alles einfiel.
    Sie fuhr fort: »Warum wird er denn Tunten-Johnny genannt?«
    »Weil alles, was in der Männerwelt anders ist, als schwul gilt. Johnny ist stark auf seine eigene Art und

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