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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Wagen sitzen und betrachteten den umgerüsteten alten Bauernhof, der dort am Waldrand lag und in dem das Sonnenlicht immer noch wie verzaubert glänzte. Ein gefundenes Fressen für jedes schwedische Fremdenverkehrsbüro.
    Das Idyll wurde möglicherweise durch eine ziemlich große Anzahl mürrischer Teenager leicht beeinträchtigt. Aus einer anderen Perspektive hätte man hingegen durch diese jugendliche Blüte das Idyll als vollendet betrachten können.
    »Macchiato«, sagte Gunnar Nyberg.
    »Was?«, sagte Sara Svenhagen.
    »Befleckt«, sagte Nyberg. »Ich frage mich, wie viele in der Stadt lebende Schweden gewohnheitsmäßig ihren Macchiato bestellen und nicht wissen, dass der Name dieses wunderschönen Kaffeegebräus >befleckt< bedeutet. Wie dieses Bild.«
    »Wen fragen wir was?«, sagte Lena Lindberg mit gnadenloser Gleichgültigkeit gegenüber diesem Meinungsaustausch.
    Sara betrachtete Gunnar. Gunnar betrachtete Sara. Dann sagten sie, gleichzeitig wie auf Kommando: »Marcus.«
    Sie saßen im Garten. Es war, als strömte Leben aus dem Wald, dessen eigentümliche Versuche, sich mitzuteilen, immer deutlicher wurden. Zumindest empfand Lena Lindberg es so, die, getreu ihrer Gewohnheit, ein wenig abseits gelandet war. Immer wieder zog es ihren Blick hinaus zum dunklen Grün der Nadelbäume, und ein Schaudern überkam sie.
    Marcus Lindegren schien dagegen von derartigen Anfechtungen unbehelligt zu sein. Er war ein eleganter Mann an die fünfzig, mit - in Sara Svenhagens Augen - einem Gesichtsausdruck, der auf schwere Störungen sowohl im Verhältnis zu seinem eigenen Ich als auch zur ihn umgebenden Wirklichkeit schließen ließ. Die Proportionen waren unverhältnismäßig. Die Außenwelt schien mehr eine Störung in dem allumfassenden Ich darzustellen als das Ich einen Teil der Außenwelt. Egozentrik war ihr schon früher begegnet, und nicht zu knapp, doch dies hier hatte eine ganz eigene Dimension.
    »Was heißt: >Wie es ablief?<«, fragte Lindegren mit großer Skepsis.
    »Das war keine Fangfrage«, sagte Gunnar Nyberg. »Es war eine direkte, ganz einfache Frage: Wie lief es ab, als Sie beschlossen, die Klassenfahrt nach Salt backen in Ängerman land zu machen?«
    »Es war selbstverständlich meine Idee«, sagte Marcus Lindegren unbeirrt. »Man kann nicht behaupten, dass die anderen in diesem sogenannten Klassenfahrtrat besonders aktiv waren.«
    »Und wer gehörte diesem Rat an?«
    Lindegren vollführte eine ausholende Handbewegung zu dem umliegenden Garten. »Die hier. Die Kasper.«
    Sara Svenhagen las eine Liste vor: »Also: Lisa Lunden, Nils Anderberg, Alma Richardsson, Sven-Olof Törnblad und Reine Gustafsson?«
    »Und deren Eltern. In diesem Fall. Dass es in anderen Fällen nicht vorkommt, ist wahrlich kein Mysterium.«
    »Und wie lief es ab?«, fuhr Sara fort. »Sie hatten also in Dagens Nybeter eine Annonce gefunden? Und darüber wurde bei einer Sitzung des Klassenfahrtrats diskutiert?«
    Marcus Lindegren setzte eine Leidensmiene auf. Es handelte sich augenscheinlich um das Leiden der Selbstaufopferung. »Das ist so lange her«, stöhnte er. »Ich kann mich nicht mehr genau erinnern.«
    »Wann war es?«
    »Kann es im März gewesen ein? Mitte März? Wir waren zu Hause bei Anderbergs am Ringvägen... Die Zeitung lag gefaltet auf dem Tisch, die Annoncenseite nach oben...«
    »Hatten die Eltern Anderberg sie da hingelegt? Lag sie da, als Sie kamen?«
    »Aber das weiß ich nicht mehr«, stieß Lindegren beinahe schreiend hervor. »Wie soll ich mich an so etwas erinnern können? Und warum zum Teufel sollte das von Bedeutung sein?«
    Gunnar Nyberg beugte sich über den wackeligen Gartentisch, der bedrohlich schaukelte.
    »Warum haben Sie dann behauptet, es sei Ihre Idee gewesen hierherzufahren.«
    »Ich habe die Entscheidung vorangetrieben. Es schien eine gute Wahl zu sein.«
    »Die Zeitung lag also auf dem Tisch«, sagte Sara geduldig. »Wie ist sie dorthin gekommen?«
    Marcus Lindegren stöhnte erneut und sagte nach einer Weile mit einer Klarheit, die nicht zuletzt ihn selbst überraschte: »Jemand hat sie da hingelegt. Jemand hat sie da hingelegt und gesagt, das hier sieht doch ganz gut aus. Die Annonce war mit Kugelschreiber mehrmals eingekreist.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Sara. »Und versuchen Sie jetzt, darauf zu kommen, wer das war. Mann oder Frau zum Beispiel.«
    Lindegren prustete und stiefelte weiter durch den offenbar sehr selten besuchten Sumpf der Erinnerung. »Frau«, sagte er. »Aber wer zum Teufel war

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