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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Holm wackelte ein wenig mit dem Kopf wie ein altmodisches Seehund-Nickmännchen von der Sorte, die in ferner Vergangenheit hinter der Heckscheibe jedes zweiten schwedischen Autos stand. »Möglich ist es«, sagte sie zögernd. »Trotzdem gibt es da etwas, was zweifelhaft erscheint. Natürlich kann man, wenn man wirklich auf so einem Kreuzzug ist, genügend Material in Stockholm finden. Man braucht sich nicht die enorme Mühe zu machen, Leute in Norrland zu suchen.«
    Sie griff zum Telefon, und während sie eine Nummer wählte, sagte sie: »Ich frage Jorge, ob etwas Neues aufgetaucht ist. Würdet ihr dann bitte untersuchen, ob es zwischen euren verdächtigen Todesfällen mit schweren körperlichen Schäden irgendwelche pädophilen Verbindungen gibt?«
    »Zu Diensten, Madame«, sagte Arto Söderstedt höflich.
    »Mademoiselle«, sagte Kerstin Holm, um danach etwas lauter zu sagen: »Jorge, wie ist die Lage?«
    Jorge Chavez hatte sich inzwischen ein Headset besorgt, sodass er telefonieren und gleichzeitig am Computer arbeiten konnte. Es war zwar ziemlich mühsam, die Seiten zu finden, die Emily in der letzten Zeit besucht hatte; die Prozedur erforderte ausgerechnet das, was Chavez zu einem vollkommenen Polizisten fehlte, nämlich Geduld. Aber er blieb guter Stimmung und machte langsam, aber sicher eine Entdeckung nach der anderen.
    »Die Lage ist erträglich«, sprach er in das Headset. »Allmählich formt sich ein Bild, wer unsere kleine Emily ist.«
    »Und wer ist sie?«, sagte Kerstin Holm.
    »Sie ist eine vielseitige Vierzehnjährige, das muss man sagen. Sie lebt konsequent in einer Welt, die sowohl die eines Kindes als auch die eines Erwachsenen ist. Gleichzeitig. Pornoseiten wechseln mit Kuscheltierseiten auf eine Weise, die gar nicht so komisch ist, wenn man darüber nachdenkt. Es ist ja ein Über gangsalter - Neugier und Schrecken vor der Erwachsenenwelt, während man sich an die kindlichen Symbole der Sicherheit klammert. So hat unsere Pubertät wohl auch ausgesehen, nur dass wir kein Internet hatten.«
    »Mein Gott, wie philosophisch du in deiner Einsamkeit geworden bist.«
    »Ich bin einsam in Gesellschaft, und das, meine wunderschöne Maid, ist die schlimmste Form von Einsamkeit.«
    »Und trotzdem diese Tiefe, mein dunkelhäutiger Jüngling.«
    »Du sagst es. Stachle meine Männlichkeit nur weiter an, meine Prinzessin.«
    »Gibt es auch speziellere Funde?«
    »Ich wühle gerade in etwas herum, das um einiges interessanter zu sein scheint. Kennst du die Zeitung Ängermanland ? «
    »Nicht direkt. Arbeiterpresse?«
    »Offenbar. Es ist eine Morgenzeitung mit zwei Leitartikelseiten: Eine fußt auf liberalen Werten, die andere auf sozialdemokratischen.«
    »Wie geschickt«, sagte Kerstin Holm und fühlte sich ein wenig müde. »Und wohin führt dieser Gedankengang?«
    »Die Zeitung Ängermanland hat eine erstaunliche Verbreitung mit 86,2 Prozent in Härnösand, 85,5 Prozent in Sollefteä und 82,5 Prozent in Kramfors«, fuhr Chavez unverdrossen fort. »Außerdem stöbere ich in ihrem Archiv herum, wo auch Emily herumgestöbert hat. Und da sehe ich, dass sie weit in die Vergangenheit zurückgegangen ist, bis zum Wechsel von den 80er- zu den 90 er-Jahren.«
    »Und was hat sie da gelesen?«
    »Das sehe ich gerade durch. Sie hat gelesen... von einem Vergewaltigungsfall, der damals ziemliches Aufsehen erregt hat. Es handelte sich tatsächlich um...«
    »Vielleicht um eine doppelte Vergewaltigung von zwei Teenagern aus der Gegend von Saltbacken?«, entfuhr es Kerstin Holm.
    »Dämmert es jetzt?«, sagte Jorge Chavez.
    »Zum Teufel. Wird der Name des Täters genannt?«
    »Warte... Nein, zu dem Zeitpunkt, als diese Auflage in Druck ging, hatte er keinen Namen. Ich glaube mich zu erinnern, dass man damals viel vorsichtiger damit war, Namen in die Zeitung zu setzen. Der Angeklagte ist ein >Junge< aus dem Ort, dreiundzwanzig Jahre alt. Die Opfer nehmen nicht an der Verhandlung teil, aber es handelt sich tatsächlich um zwei Teenager aus der Gegend, von denen eine ernsthaft verletzt wurde. Ich glaube, sie musste sogar an den Respirator... Mal sehen... Nein, wo habe ich das gelesen...?«
    »Hat Emily noch mehr Seiten in dem Archiv besucht?« »Ja, ziemlich viele. Sie scheint den Fall genau verfolgt zu haben.«
    »Sieh am Ende nach«, sagte Kerstin Holm atemlos, »sieh nach, ob sein Name genannt wird.«
    »Das klingt, als wüsstest du schon, wer es ist?« »Sieh einfach nach.«
    Es war eine Weile still. Chavez verschwand im

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