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Dunkle Beruehrung

Dunkle Beruehrung

Titel: Dunkle Beruehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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seltsamen Häuser und Straßen. Die Landschaft wandelt sich im Laufe der Zeit nicht so rasch. Als ich den Höhenzug hinter mir sah, war mir klar, dass ich dort war, wo sich einst das Lager der Grenzpatrouille befunden hatte. Doch es war dahin. Alles, was ich gekannt hatte, war verschwunden.«
    Matthias berichtete ihr, wie er den Mund gehalten und die Hilfe derer angenommen hatte, die ihn aufnahmen, obwohl es sehr schwierig war, als der Arzt ihn untersuchen kam und er zum ersten Mal moderne medizinische Instrumente sah.
    »Die Wunden in meiner Brust, an Händen und Flanke waren verschwunden und hatten keine Narben hinterlassen, als wäre ich nie verletzt worden«, sagte er. »Ich war abgemagert, und meine Glieder waren schwach, aber nachdem ich eine Mahlzeit bekommen hatte, fühlte ich mich gekräftigt, lieh mir Kleidung und ein paar Seile und stieg wieder in die Berge. Dort fand ich im Schnee das Schwert des Verräters und was von meinem Beutel übrig war. Zurück im Dorf gab ich den jungen Leuten für ihre Freundlichkeit ein paar Münzen, zog weiter und folgte der Straße nach Süden, Richtung Rom.«
    Jessa erfuhr, dass er für diese Reise einige Wochen gebraucht und dabei genug modernes Italienisch aufgeschnappt hatte, um sich zu verständigen. Ein Antiquitätenhändler gab ihm für eine weitere seiner Münzen einiges von dem seltsamen Papiergeld, das alle benutzten, und dafür bekam er Essen, Unterkunft und bessere Kleidung.
    »Erst als ich in die Stadt kam, begriff ich, was mir widerfahren war«, sagte Matthias. »Das Rom, das ich kannte, gab es nicht mehr. Die Bauten, derer ich mich entsann, waren zu bröckelnden Ruinen geworden. Die antiken Statuen der Stadt glichen so manchem vornehmen Mann, den ich gekannt und dem ich gedient hatte. Die erste Zahl, die sich mir wirklich einprägte, war 1998: Ich hatte fast zweitausend Jahre im Eis des Gebirges geschlafen und von Regen geträumt.«
    »Warum denn von Regen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber nur daran erinnere ich mich.« Sein Blick glitt ins Unbestimmte. »An endlose Regenträume.«
    »Bestimmt hast du tief in dir gewusst, dass du lebendig begraben warst«, sagte Jessa. »Vielleicht wolltest du nur, dass der Schnee schmilzt, damit du endlich freikommst.« Sie stützte sich auf einen Ellbogen. »Du hast schon vor der Lawine zu den Kyndred gehört. Nur so konntest du die vielen Jahrhunderte im Schnee überleben.«
    »Als ich noch dem Kaiser diente, hatte ich keine Macht über das Wetter«, entgegnete Matthias kopfschüttelnd. »Ich war ein ganz gewöhnlicher Mensch. Ein Soldat. Meine Begabung entdeckte ich erst, als ich schon in dieser Zeit lebte und mich eines Tages jemand ausrauben wollte. Da schien es dann fast, als hätte die Begabung sich meiner bemächtigt. Hagel streckte den Dieb nieder, ohne dass ich von dem Schauer nur ein Körnchen abbekam. Und dann hat es stundenlang geregnet.«
    Jessa ging ein Licht auf. »Du musst der allererste Kyndred sein.«
    »Bisher bin ich jedenfalls niemandem aus meiner Epoche begegnet«, erwiderte Matthias. »Selbst die Alten, die dark Kyn, kamen erst Jahrhunderte nach meinem ersten Leben in diese Welt.« Er rollte sich auf den Rücken und blickte zur Decke. »Der Kurier, der mich auf dem Schlachtfeld töten wollte … er konnte an jenem Tag entkommen. Mit der Zeit habe ich in Geschichtsbüchern Schilderungen über ihn entdeckt. Nach einer steilen Militärkarriere wurde er in Rom Senator. Schließlich war er reich und mächtig, doch dann raffte ihn eine Seuche dahin. Seine Söhne aber trugen seinen verfluchten Namen weiter und überlieferten ihn über viele Generationen bis in unsere Zeit.«
    Jessa runzelte die Stirn, als sie ein sonderbares Stechen im Kopf verspürte, das böses Kopfweh anzukündigen schien. »Wie hieß er denn?«
    »Septus Janus Genarius«, antwortete Matthias. »Jonah Genaro ist sein letzter lebender Nachkomme.« Er warf ihr einen Seitenblick zu und setzte sich auf. »Jessa?«
    Sie drückte sich die Handballen an die Schläfen. »Etwas stimmt nicht. Ich spüre …« Sie verstummte, da sich ihr der Magen umdrehen wollte, und rang mit dem fremden Gefühl. »Es ist Lawson.«
    »Lawson ist tot.«
    »Nein. Er hat überlebt.« Sie sah ihn an. »Er kann mich ebenso spüren wie ich ihn. Er kommt hierher, Matthias. Er kommt, um uns zu töten.«
    Rowan stellte ihr Motorrad unter einem Baum an dem hübschen Springbrunnen im Price Park ab und musterte das Gelände ringsum. Am Rand der Grünfläche führten zwei

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