Dunkle Beruehrung
fiel danach erschöpft ins Bett.
Das gefiel Sam nicht, doch sie verkniff es sich, Lucan offen auf die Lage anzusprechen. Was immer geschehen war: Er nahm es sehr persönlich.
Stattdessen verbrachte sie ihre Zeit fleißig an allen Tatorten und sammelte möglichst viele Informationen über Bradford Lawson. Bisher hatte sie ermittelt, dass mehrere seiner Ex-Freundinnen ihn wegen Körperverletzung angezeigt, die Anzeigen aber später zurückgezogen hatten; auch hatte Lawson einen Personal Trainer, von dem sich herausstellte, dass er ein Doping-Spezialist war, brutal angegriffen. Einige der Ex-Freundinnen hatte sie telefonisch erreicht, doch kaum hatte sie Lawsons Namen erwähnt, hatten die Frauen aufgelegt. Und der Personal Trainer war nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus abgetaucht. Drei von Lawsons früheren Opfern hatten die USA unvermutet verlassen und waren dann verschwunden, doch es gab keinen Hinweis auf Mord, und vermisst war auch niemand gemeldet. Scheinbar wollten die Opfer einfach nicht gefunden werden.
An diesem Abend nun hoffte Sam, dass Kendrick neue Informationen über Jessa Bellamy hatte, die Frau, der vorgeworfen wurde, Lawson einen Tag vor Beginn seines Amoklaufs ermordet zu haben.
Sie stieg zu Kendricks Büro im Erdgeschoss hinunter, wo der
Tresora
leise mit einem vom Personal redete. Die Männer unterbrachen das Gespräch unvermittelt, als sie sie sahen, und der
Tresora
forderte sie auf, einzutreten, während der andere Mann ging.
Sie warf einen Blick auf die dicke Akte auf Kendricks Schreibtisch. »Gibt es in dem Fall neue Entwicklungen?«
»Gerade wurde eine Leiche an der Autobahn gefunden.« Er zog eine Schublade auf, um die Akte wegzulegen. »Möglich, dass sie mit den anderen Bluttaten in Verbindung steht.«
Sie wies mit dem Kopf auf die Akte. »Sollte ich mir die nicht ansehen?«
Kendrick bekam eine besorgte Miene. »Das wäre keine so gute Idee, Mylady. Die Fotos vom Tatort sind sehr grausam.«
»Ich bin bei der Mordkommission, Ken«, rief sie ihm ins Gedächtnis. »Ich habe alles gesehen – mehr als alles.«
Er gab ihr die Akte noch immer nicht. »Das sollten Sie vorher besser mit Suzerän Lucan besprechen.«
»Er hat Sie also angewiesen, mir diese Unterlagen nicht zu zeigen?« Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern streckte die Hand aus. »Ich weiß, Sie sind immun gegen
l’attrait
, aber ich bin trotzdem viel stärker und schneller als Sie. Also geben Sie mir die Akte.«
»Sie sagen Ihrem Herrn aber bitte, dass ich das nicht gern getan habe«, bat er und reichte ihr die Unterlagen.
»Natürlich. Ich verpasse Ihnen sogar ein blaues Auge, wenn Sie wollen.« Sie öffnete die Akte, und ihr fiel als Erstes ein entsetzliches Foto menschlicher Körperteile ins Auge. Die nächsten Aufnahmen zeigten das Gleiche aus verschiedenen Perspektiven. Sie blickte auf. »Wo ist der Rest?«
»Mehr konnten unsere Leute nicht bergen, Mylady.«
Sie setzte sich und studierte die Fotos. »Wenn ein Toter lange genug draußen liegt, zieht er die üblichen Aasfresser an.« Samantha bemerkte einige schwarz gefiederte Haufen in der Nähe der Körperteile. »Sind das Bussarde?«
»Ja, Mylady.«
Sie sah sich das nächste Foto an, die Nahaufnahme eines Vogels. »Die sehen tot aus.«
»Das sind sie, Mylady. Die Polizei hat noch andere tote Tiere bei den Resten gefunden.«
»Selbst wenn das Opfer vergiftet worden sein sollte, würde es ein paar Stunden dauern, bis ein Tier, das davon gefressen hat, ebenfalls umkommt. Diese Vögel sehen aus, als wären sie tot umgekippt, kaum dass sie die Leiche berührten.« Sie blickte erneut auf. »War es so?«
»Das wissen wir noch nicht, Mylady.« Er sah elend aus. »Ein Polizist sah allerdings Ratten huschen, die tatsächlich nur Sekunden nach Berührung der Leichenteile starben.« Er schwieg kurz. »So wie ein Kriminaltechniker, der am Tatort arbeitete und dessen Handschuh dabei offenbar zerriss.«
Sam ließ die Fotos auf den Schoß sinken. »Diese Reste sind demnach so giftig, dass niemand sie berühren darf?«
»Sieht ganz danach aus, Mylady.« Er zog ein Taschentuch und tupfte sich den Schweiß von der Stirn.
Sie dachte an die Aufnahmen der anderen Opfer von Bradford Lawson. Einige hatte er zerlegt, aber nicht so schlimm wie dieses. »Wissen wir, wer der Tote ist?«
»Ein Landespolizist.« Kendrick stand auf. »Wir haben Gewebeproben nach England geschickt, damit Lady Alexandra sie analysiert. Überlassen Sie diese unangenehme Sache doch bitte
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